Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufung gegen ein antragsabweisendes Ehescheidungsurteil bei Anhängigkeit von Folgesachen

 

Leitsatz (amtlich)

Wird Berufung gegen den Antrag auf das die Ehescheidung abweisend erstinstanzliche Urteil eingelegt und stehen zudem Folgesachen zur Entscheidung an, so ist § 629b Abs. 1 S. 1 ZPO zu beachten. Das Berufungsgericht kann die Berufung zurückweisen, weil dem Ehescheidungsantrag nicht stattgegeben werden kann. Entscheidend ist der Zeitpunkt der Berufungsverhandlung.

Ist dem Scheidungsantrag hiernach stattzugeben, ist das erstinstanzliche - abweisende - Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das FamG zurückzuverweisen, denn Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur die Scheidung, nicht aber die - vom FamG konsequent - nicht entschiedene Folgesache.

 

Normenkette

BGB § 1565; ZPO § 629b Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Halle-Saalkreis (Urteil vom 09.03.2006; Aktenzeichen 28 F 1398/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Urteil des AG - FamG - Halle-Saalkreis vom 9.3.2006 - 28 F 1398/05, aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das AG zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind deutsche Staatsangehörige und haben am 7.7.2000 vor dem Standesbeamten des Standesamtes in B. unter der Heiratsregisternummer 37/2000 die Ehe geschlossen.

Aus ihrer Ehe ist das Kind M. Sch., geb. am 5.12.2005, hervorgegangen.

Seit dem 24.4.2005 leben die Ehegatten voneinander getrennt.

Am 15.3.2004 schlossen sie in einem notariell beurkundeten Ehevertrag den Versorgungsausgleich aus. Insoweit wird auf Bl. 16 d.A. Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat vor dem FamG mit Schriftsatz vom 30.6.2005 angekündigt, einen Ehescheidungsantrag zu stellen. Sie hat die Ansicht vertreten, eine Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres sei zulässig, da die Fortsetzung der Ehe eine unzumutbare Härte für sie bedeute. Hierzu hat sie vorgetragen, dass sie am 16.4.2005 ihrem Ehemann mitgeteilt habe, dass sie ein Kind von ihm erwarte. Daraufhin habe er sich von ihr getrennt. Für sie sei die jetzige Situation nicht zumutbar. Der Antragsgegner habe sie trotz Schwangerschaft und der Tatsache, dass die Parteien sich mitten in der Bauphase eines Hauses befänden, verlassen. Hinzu käme, dass die Antragstellerin durch das Verhalten des Antragsgegners auch wirtschaftliche Ängste erleide. Zudem habe der Antragsgegner nach kürzester Zeit eine neue Beziehung aufgenommen. Er nehme seine neue Freundin regelmäßig mit zu Veranstaltungen im gemeinsamen Freundeskreis.

Die Antragstellerin begehrt die Übertragung der elterlichen Sorge für das Kind M. Sch., geboren am 5.12.2005, auf sich. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Übertragung der elterlichen Sorge auf sie dem Wohl des Kindes am Besten entspreche, da die Eltern zur Zeit nicht fähig seien, sich über die Angelegenheiten des Kindes zu verständigen, weil es bereits an einer ausreichenden Kommunikationsbasis zwischen ihnen fehle. Der Antragsgegner habe auch kein Interesse an dem Kind gezeigt.

Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 24.2.2006 den angekündigten Antrag auf Scheidung der Ehe nicht gestellt.

Sie hat beantragt, für den Fall der rechtskräftigen Scheidung das Sorgerecht für M., geboren am 5.12.2005, auf die Antragstellerin zu übertragen.

Der Antragsgegner hat beantragt, die vor dem Standesbeamten in B. am 7.7.2000 unter der Registernummer 37/2000 geschlossene Ehe der Parteien zu scheiden.

Ferner hat er beantragt, den Antrag auf Übertragung der Alleinsorge zurückzuweisen.

Der Antragsgegner hat vorgetragen, dass er Zweifel habe, dass das Kind M. von ihm abstamme. Er vertritt die Ansicht, dass in dem Fall, wenn er nicht der Vater sei, die Fortsetzung der Ehe für ihn eine unzumutbare Härte darstellen würde. Infolge des Vorbringens der Antragstellerin gehe er seinerseits davon aus, dass ihm ein "Weiter-Miteinander-Verheiratetsein" nicht zugemutet werden könne, da die Art und Weise des Vortrags der Antragstellerin subjektiv von ihm als schlechterdings unerträgliche Zumutung empfunden werde.

Die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und deren Übertragung auf die Antragstellerin entspreche dem Wohl des Kindes nicht am Besten. Auf Grund des Alters des Kindes sei die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge praktisch kaum möglich gewesen. Trotz der bestehenden Differenzen sei es durchaus möglich, dass die Parteien die elterliche Sorge gemeinschaftlich ausüben würden. Entscheidend sei zu klären, ob das Kind von ihm abstamme.

Durch Urteil vom 9.3.2005 hat das AG Halle-Saalkreis den Antrag des Antragsgegners, die Ehe der Parteien zu scheiden, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Scheidungsantrag zurückzuweisen sei, da er unbegründet sei. Gemäß § 1565 Abs. 1 BGB könne eine Ehe geschieden werden, wenn sie gescheitert sei. Gemäß § 1565 Abs. 2 BGB sei für den Fall, dass die Ehegatten noch kein Jahr getrennt lebten, eine Scheidung nur dann vorgesehen, wenn die Fortsetzung der Ehe für d...

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