Leitsatz (amtlich)

Eine grob fahrlässige Verletzung mietvertraglicher Obhutspflichten als Grundlage für einen auf den Gebäudeversicherer übergegangenen Schadensersatzanspruch kann ausscheiden, wenn der Mieter einer sanierten Altbauwohnung nicht zuvor vom Vermieter darauf hingewiesen worden war, dass zur Verhinderung des Einfrierens von Leitungen im Bereich eines Drempels ein Beheizen auf Stufe 2 erforderlich sein kann.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 08.10.2015; Aktenzeichen 9 O 218/13)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 8.10.2015 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Magdeburg wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 31.075,12 Euro.

 

Gründe

I. Die Klägerin, ein Gebäudeversicherer, nimmt nach Regulierung eines frostbedingten Leitungswasserschadens den Beklagten als verantwortlichen Wohnungsmieter aus übergegangenem Recht in Anspruch.

Der Vermieter R. H. unterhielt für sein in der G. Straße 14a in B. gelegenes Mehrfamilienhaus bei der Beklagten eine Gebäudeversicherung.

Am 14.2.2012 wurde in der dort vom Beklagten angemieteten Dachwohnung ein frostbedingter Wasserschaden festgestellt. Der Beklagte hatte seine Wohnung bereits Ende Januar 2012 verlassen, um als Berufssoldat an einem längeren Auslandseinsatz der Bundeswehr teilzunehmen. Durch den im Februar herrschenden strengen Frost waren Leitungswasser- und Heizungsrohre eingefroren, geplatzt und hatten neben der Dachgeschosswohnung auch darunter liegende Wohnungen durch austretendes Wasser in Mitleidenschaft gezogen.

Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige Dr. R. veranschlagte in seinem Schadensgutachten vom 31.5.2012 den Gesamtschaden mit 28.076,05 EUR Neuwert sowie auf Zeitwertbasis mit 24.287,58 EUR und gelangte zu einer Mietminderung in Höhe von 1.747,50 EUR. Als unmittelbare Schadensursache machte er eine Frosteinwirkung auf die im verkleideten Drempel der Dachgeschosswohnung verlaufenden Leitungen verantwortlich.

Die Klägerin regulierte den Schaden gegenüber ihrem Versicherungsnehmer R. H. mit mehreren Zahlungen, und zwar am 7.5.2012: 5.874,72 EUR, am 18.5.2012: 3.189,03 EUR, am 7.6.2012: 15.442,34 EUR, am 25.7.2012 Mietausfallkosten von 2.849,15 EUR und am 3.9.2012: 1.760,32 EUR. Außerdem zahlte sie an den Sachverständigen Dr. R. 1.959,51 EUR für das erstattete Gutachten.

Mit Schreiben vom 4.9.2012 verlangte die Klägerin von dem Beklagten den Ausgleich eines Betrages von 24.116,74 EUR, der sich aus einem Nettozeitwert von 20.409,73 EUR, einer Mietminderung von 1.747,50 EUR und Sachverständigenkosten in Höhe von 1.959,51 EUR zusammensetzte. Mit Schreiben vom 20.9.2012 lehnte der Beklagte Zahlungen ab.

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe die entstandenen Schäden dadurch verursacht, dass er seine Wohnung nicht ordnungsgemäß während seiner Abwesenheit beheizte. So habe er es verabsäumt, die Heizung in seiner Wohnung regelmäßig, zumindest mehrfach pro Woche, zu kontrollieren. Demgegenüber lägen keine Baumängel, etwa eine unzureichende Isolierung der Heizungsrohre oder eine fehlende Verkleidung des Drempels in der Dachgeschosswohnung vor, die sich auf den entstandenen Schaden ausgewirkt haben könnten.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Erstattung sämtlicher im Zusammenhang mit dem Wasserschaden von ihr geleisteten Zahlungen, die sie mit 31.075,12 EUR beziffert, aus übergegangenem Recht von dem Beklagten verlangt.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 31.075,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.10.2012 sowie weitere 1.085,04 EUR an vorgerichtlichen Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2.3.2013 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, seine Mutter L. He. habe während seiner Abwesenheit auftragsgemäß die Wohnung mindestens zweimal pro Woche, teilweise sogar öfter, aufgesucht und hierbei auch die Heizungskörper, die ständig auf der Frostwächterstellung eingeschaltet gewesen seien, durch Handauflegen kontrolliert, was auch noch 2 Tage vor dem Schadensfall so geschehen sei. Als Ursache der Frostschäden seien deshalb unzureichend isolierte Leitungen verantwortlich, was jedoch nicht ihm als Mieter angelastet werden könne. Darüber hinaus hat der Beklagte die Höhe des von der Klägerin regulierten Schadens in Abrede gestellt.

Das LG hat Beweis durch Vernehmung der Zeugen L. He., St. Sch. (Bl. 106 - 108, Bd. I d.A.) sowie des Zeugen Dr. R. (Bl. 118 - 120, Bd. I d.A.) erhoben und daneben ein Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing. M. F. vom 9.3.2015 (Bd. I 158 - 178, Bd. I d.A.) eingeholt. Mit Urteil vom 8.1...

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