Leitsatz (amtlich)

Ob Erfüllung i.S.d. § 103 Abs. 1 InsO eingetreten ist, ist am Erfüllungsbegriff des § 362 Abs. 1 BGB zu messen. Es kommt daher auf den Eintritt des Leistungserfolges, nicht aber auf die Vornahme von Leistungshandlungen an (Kübler/Prütting-Tintelnot, InsO, § 103 Rz. 32; RGZ 85, 402 [404]; BGH v. 25.3.1983 – V ZR 168/81, BGHZ 87, 156 [162] = MDR 1983, 654). Grundsätzlich muss der Gläubiger den Leistungsgegenstand zur freien Verfügung erhalten (BGH v. 23.1.1996 – XI ZR 75/95, NJW 1996, 1207 = MDR 1996, 1112; v. 28.10.1998 – VIII ZR 157/97, MDR 1999, 242 = ZIP 1998, 2090 [2091]). Gesetzliche Erfüllungssurrogate, etwa die Hinterlegung nach § 378 BGB, stehen der Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB gleich. Bei der Einzahlung des Kaufpreises auf ein Notaranderkonto handelt es sich indes nicht um eine Hinterlegung i.S.d. § 378 BGB.

Erfüllung kann ferner durch Leistung an einen Dritten eintreten, wenn der Schuldner den Gläubiger ermächtigt hat, die Leistung an den Dritten zu bewirken und der Dritte befugt ist, diese in Empfang zu nehmen (§§ 362 Abs. 2, 185 BGB). Die Ermächtigung muss sich dann aber auf eine Leistung an den Dritten zum Zwecke der Erfüllung beziehen. Die Zahlung des Kaufpreises auf ein Notaranderkonto führt daher grundsätzlich nicht zur Erfüllung, denn sie soll nur Sicherungszwecken dienen (BGH v. 25.3.1983 – V ZR 168/81, BGHZ 87, 156 [162 ff.] = MDR 1983, 654; v. 19.3.1998 – IX ZR 242/97, MDR 1998, 682 = NJW 1998, 2134 [2135]). Die „Hinterlegung” des Kaufpreises beim Notar hat daher nur dann Erfüllungswirkung, wenn die Parteien dies ausnahmsweise vereinbarten (BGH v. 25.3.1983 – V ZR 168/81, BGHZ 87, 156 [162] = MDR 1983, 654; v. 19.3.1998 – IX ZR 242/97, MDR 1998, 682 = NJW 1998, 2134 [2135]; v. 17.2.1994 – IX ZR 158/93, MDR 1994, 770 = NJW 1994, 1403 [1404]).

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Aktenzeichen 4 O 1366/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 4.10.2001 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Magdeburg wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 289.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Parteien dürfen die Sicherheitsleistung auch durch unbefristete, unbedingte und unwiderrufliche Bürgschaften einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 266.395,34 Euro.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Durchführung des zwischen der „S.” Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH in W. (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin) und der Beklagten geschlossenen Kaufvertrages vom 28.4.1999 (UR.-Nr. 176/1999 des Notars M. H. in B.) über im Grundbuch von W., Blatt 513 und 767 eingetragene Grundstücke.

Die seit dem 15.2.1999 als Eigentümerin des fraglichen Grundstückes in das Grundbuch eingetragene Beklagte verkaufte die Flächen zunächst am 26.9.1998 zu einem Preis von 560.000 DM an die T. GmbH (UR.-Nr. 250/1998 des Notars H. in B.). Die Kaufvertragsparteien vereinbarten die Hinterlegung des Kaufpreises auf einem Notaranderkonto, wobei der Notar angewiesen wurde, diesen an die Beklagte auszuzahlen, wenn die ranggerechte Eintragung der Vormerkung zu Gunsten der Erwerberin beantragt und gewährleistet ist und die erforderlichen behördlichen und sonstigen Genehmigungen vorliegen. Etwaige Hinterlegungszinsen sollten der Beklagten zustehen. Dem Abschluss des Kaufvertrages zwischen der Beklagten und der T. GmbH war eine Versteigerung vorangegangen. Auf den Inhalt des mit dem Versteigerungsprotokoll verbundenen notariellen Kaufvertrages vom 26.9.1998 wird Bezug genommen (Bl. 52 ff. d. A.). Der Kaufpreis i.H.v. 560.000 DM wurde durch die das Vorhaben finanzierende X. Bank e.G. mit Sitz in F. auf ein Notaranderkonto des Notars H. in B. gezahlt.

Mit notariellem Vertrag vom 28.4.1999 (UR.-Nr. 176/1999 des Notars H. in B.) vereinbarten die Beklagte und die T. GmbH die Aufhebung des Vertrags vom 26.9.1998, während die Beklagte und die Insolvenzschuldnerin einen neuen Kaufvertrag schlossen, der inhaltlich dem Vertrag vom 26.9.1998 entspricht und die Auflassung erklärten. Der sodann auf das Notaranderkonto gezahlte Kaufpreis sollte jetzt als von der Insolvenzschuldnerin hinterlegt gelten und in Abweichung von der am 26.9.1998 getroffenen Regelung sofort an die Beklagte auszuzahlen sein, „sobald die Genehmigungserklärungen vorliegen–. Auf den näheren Inhalt der notariellen Urkunde vom 28.4.1999 wird Bezug genommen (Bl. 8 ff. d. A.).

Die Beklagte, die sowohl am 26.9.1998 als auch am 28.4.1999 von vollmachtlosen Vertretern vertreten worden war, erklärte am 21.6.2000 die Genehmigung der in der Urkunde vom 28.4.1999 abgegebenen Erklärungen. Auf den Inhalt der Genehmigungserklärung wird Bezug genommen (Bl. 13 d.A.). Die Grundstücksverkehrsgenehmigung wurde am 12.7.1999 erteilt.

Die Beklagte übergab das fragliche Grundstück an die Insolvenzschu...

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