Leitsatz (amtlich)

1. Auch eine Garantie für die Erfüllung der Verbindlichkeit eines Dritten ist als so genannte Zahlungsgarantie möglich und muss nicht in jedem Fall als Bürgschaft angesehen werden.

2. Das wesentliche Abgrenzungskriterium der Garantie im Verhältnis zur Bürgschaft ist der Verzicht des Garanten auf eine Akzessorietät zur Hauptschuld.

3. Ergibt sich aus Sinn und Zweck des Vertrages unter Berücksichtigung der Interessen der Vertragsparteien, dass der als „Garant” bezeichnete Vertragspartner nur eine von dem Bestand der Hauptschuld dauernd abhängige Haftung übernommen hat, kann ein Bürgschaftsvertrags selbst dann vorliegen, wenn seine Erklärung ausdrücklich als „Garantie” bezeichnet worden ist.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Aktenzeichen 10 O 1379/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 17.09.2002; Aktenzeichen XI ZR 306/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.12.2000 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen die frühere Beklagte zu 1) die Hälfte der Gerichtskosten, 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin sowie ihre eigenen Auslagen voll. Die übrigen Kosten der ersten Instanz trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 20.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000 DM.

Abgrenzung Garantie-Bürgschaft

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche aus einer sog. Garantieerklärung.

Die Mutter der Beklagten war bis zum Jahre 1989 Betriebsleiterin der Rechtsvorgängerin der H. (im Folgenden Hauptschuldnerin). Nachdem die Hauptschuldnerin zunächst durch andere Firmengruppen geleitet worden war, beabsichtigte die Mutter der Beklagten im Jahre 1996 das Unternehmen zu erwerben. Im Rahmen der Gespräche über den Erwerb des Unternehmens vereinbarten die Beklagte und die beteiligten Kreditinstitute, dass die Mutter der Beklagten als Komplementärin und die Beklagte als Kommanditistin der Gesellschaft auftreten sollten.

Mitte 1996 nahm die Beklagte Kontakt zur M. (im Folgenden: M.) auf, die als gemeinnütziges Unternehmen zur Stärkung der mittelstän-dischen Wirtschaft unter anderem Garantien für Kredite übernimmt. In diesem Zusammenhang sandte die Beklagte der M. unter dem Datum des 13.6.1996 ein Schreiben, in dem sie von einem Kapitalbedarf für den Erwerb von Kommanditanteilen von 500.000 DM spricht (vgl. Bd. I, Bl 73 d.A.). Als Ergebnis der Verhandlung schloss die Gemeinschuldnerin mit der M. am 10.12.1996 einen Gesellschafts- und Beteiligungsvertrag. Darin verpflichtete sich die M., eine stille Einlage von 810.000 DM zu leisten. Als Zweck der Einlage ist die teilweise Finanzierung des Erwerbs der bisherigen Kommanditbeteiligung i.H.v. 1.620.000 DM vereinbart. Im Gegenzug hatte die Gemeinschuldnerin nach § 4 des Vertrages ein Beteiligungsentgelt i.H.v. 7,75 % jährlich sowie ein gewinnabhängiges Entgelt zu entrichten. Außerdem war eine direkt an die Klägerin zu entrichtende Garantieprovision i.H.v. 0,8 % des Beteiligungsbetrages vorgesehen. Die Beteiligung erfolgte unter der Auflage, dass die Beklagte und ihre Mutter auf Tantiemezahlungen und Gewinnausschüttungen verzichteten, bis das wirtschaftliche Eigenkapital einen Anteil von mindestens 10 % der Bilanzsumme erreicht habe. Weiter hatte die M. nach § 2 ein Kündigungsrecht, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinschuldnerin gefährdet erschienen. § 6 des Vertrages lautet wörtlich:

„Frau M.D. und Frau J.Sch. garantieren der M. durch Mitunterzeichnung dieses Vertrages, dass die Einlage, rückständiges Beteiligungsentgelt sowie das Agio nach Auflösen der stillen Gesellschaft von der Firma an die M. bezahlt werden.

Die B. bank garantiert der M. gem. besonderem Garantievertrag und gem. ihren Garantiebestimmungen sowie einer ihrer Erklärung vom 13.10.1993 die Rückzahlung der Einlage bis zum Betrag von 648.000 DM (80 %) sowie des Beteiligungsentgeltes bis zur Höhe von 80 % im Rahmen der Höchstbetragsgarantie.

Im Verhältnis zwischen Garantin B. bank GmbH und Frau M.D. und Frau J. Sch. sind Frau M.D. und Frau J. Sch. allein verpflichtet, Garantieleistungen zu erbringen. Soweit die B. bank auf Grund ihrer Garantiezahlungen an die M. leistet, kann sie Frau M.D. und Frau J. Sch. als Gesamtschuldner auf vollen Ersatz ihrer Garantieleistung in Anspruch nehmen.”

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vertrages wird auf B. I, Bl. 12–16 d.A. Bezug genommen.

Bereits am 26.11.1996 hatten die Beklagte und ihre Mutter im Beisein der Mitarbeiterin der M.B. (verheiratete R.) einen „Zusatz zum Vertrag”. Dort heißt es wörtlich:

„Garantieerklärung

Der Garant/die Garanten wurde(n) auf seine/ihre Garantieverpflichtung gem. § 6 Abs. 1 dieses Vertrages und seine/ihre Verpflichtung gem. § 6 Abs. 3 im Verhältnis zu der Garantin B. bank GmbH, Garantieleistun...

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