Leitsatz (amtlich)
1. Erfolgt die Vermietung von Räumen zum Zwecke der Weitervermietung (hier durch einen e. V. zwecks Unterbringung von Personen gemäß § 1 Aufnahmegesetz (AufnG LSA), so handelt es sich - entsprechend dieser maßgeblichen vertraglichen Zweckbestimmung - um sonstige Raummiete und nicht um Wohnraummiete. Das gilt auch dann, wenn die Weitervermietung einen Wohnraummietvertrag zum Gegenstand hat.
2. Zieht der Mieter vor Beendigung des Mietverhältnisses aus, kommt im Bereich des Gewerberaummietrechts eine Ausnahme (gestützt auf § 242 BGB in Verbindung mit dem Rechtsgedanken aus § 537 Abs. 1 S. 2 BGB) von dem Grundsatz, wonach vertraglich vereinbarte Nebenkostenvorauszahlungen weiterhin geschuldet sind, regelmäßig nicht in Betracht.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 20.12.2016; Aktenzeichen 4 O 387/16) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 20.12.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Halle (4 O 387/16) wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das angefochtene Urteil und dieses Berufungsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 39.081,60 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Beklagte verpflichtete sich gegenüber dem Landkreis M. gemäß einer Leistungsvereinbarung vom 16.11.2015 (Bl. 90 ff.) zur Unterbringung und Betreuung von Personen gemäß § 1 Aufnahmegesetz (AufNG) LSA (vom 21.1.1998). In Durchführung dieser Vereinbarung schloss der Beklagte mit der Klägerin einen Mietvertrag über ein Objekt S. Weg in E. . Mietbeginn war der 1.12.2015 bei einer Festlaufzeit von 5 Jahren
(§§ 3 Nr. 1, 20 Nr. 2 Mietvertrag - Bl. 3/6 -). Als Mietzins wurde zunächst vereinbart:
- Netto-Kaltmiete: 7.858,80 Euro,
- Betriebskostenvorschuss 2.250, - Euro,
- Betriebskostenpauschale 2.340, - Euro.
In der Folgezeit kam es zu einer Änderung des Vertrages (teilweise wie Bl. 19) vom 26.2.2016, mit der der Mietzins wie folgt geändert wurde:
- Miete (ab 1.12.2015) 6.726, - Euro
- NK-Voraus. neu ab 1.3.2016 3.150,60 Euro
- (+ Heizko.-Voraus) 3.150,60 Euro
Gesamt 3.027,20 Euro
Zu den Nebenkosten heißt es in § 3 Nr. 2 des Mietvertrages:
Die Abrechnung mit dem Mieter erfolgt jährlich.
In erster Instanz haben die Parteien darüber gestritten, ob die Änderungsvereinbarung der Form des § 550 S. 1 BGB entspricht, oder der Vertrag nunmehr als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt. Weiter haben die Parteien darüber gestritten, ob es sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum handelt (unter Hinweis auf § 575 Abs. 1 S. 2 BGB).
Mit Schreiben vom 3.6.2016 (Bl. 20) kündigte der Beklagte den Vertrag zum 31.8.2016, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin.
Die Klägerin trat der Kündigung entgegen. Sie macht mit der vorliegenden Klage den Gesamtmietzins (3 × 13.027,20 Euro) für die Monate September bis November 2016
(= 39.081,60 Euro) geltend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien und der in erster Instanz gestellten Anträge wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt:
(1) Die Kündigung des Beklagten habe das Mietverhältnis nicht vor dem streitgegenständlichen Zeitraum beenden können:
(a) Bei dem Mietvertrag handele es sich nicht um ein Mietverhältnis über Wohnraum, weil der Vertragszweck von Anfang an darauf gerichtet gewesen sei, dass der Beklagte die Mieträume an dritte Personen habe überlassen wollen. Dieser Sachverhalt sei auch dann nicht unter § 575 Abs. 1 S. 2 BGB zu fassen, wenn diese dritten Personen die Räumlichkeiten zu Wohnzwecken nutzen wollten.
(b) Ob die Schriftform aus § 550 S. 1 BGB eingehalten worden sei, könne im Hinblick auf § 550 S. 2 BGB dahinstehen, weil auch dann eine Kündigung vor Ablauf des streitgegenständlichen Zeitraums nicht möglich gewesen sei.
(2) Die Klägerin könne auch die Nebenkostenvorauszahlungen verlangen, weil diese - jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung - nicht abschließend abzurechen gewesen seien.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung:
Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei doch von einem Mietverhältnis über Wohnraum auszugehen, sodass der Vertrag gemäß § 575 Abs. 1 S. 2 BGB als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gegolten habe. Bei Zugrundelegung der Ansicht des Landgerichts werde der Mieterschutz völlig unterlaufen. Der Vertrag habe daher fristgemäß zum 31.8.2016 gekündigt werden können.
Die Klägerin habe jedenfalls keinen Anspruch auf die Vorauszahlungen auf die Nebenkosten, weil die Wohnungen weitgehend leer gestanden hätten (unter Hinweis auf die Ablesung der Stromzähler zum 31.8.2016), sodass bereits heute feststehe, dass sich bei einer Abrechnung ein beträchtliches Guthaben zugunsten d...