Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 12.06.2008; Aktenzeichen 12 O 49/04)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 25.01.2010; Aktenzeichen II ZR 258/08)

 

Tenor

Auf die Berufungen der Beklagten wird das am 12.6.2008 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Halle teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 45.327,24 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.5.2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Den Beklagten wird vorbehalten, nach Erstattung des Verurteilungsbetrages an die Masse ihre Gegenansprüche, die sich nach Rang und Höhe mit den Beträgen decken, welche die durch die verbotswidrigen Zahlungen begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Kläger als Insolvenzverwalter zu verfolgen.

Die weitergehenden Berufungen werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger ¼, die Beklagten als Gesamtschuldner ¾.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert der Berufung beträgt 60.138,95 EUR.

 

Gründe

I. Zum Sach- und Streitstand in erster Instanz wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 114 bis 124 Bd. II d.A.) Bezug genommen.

Klarzustellen bzw. zu ergänzen ist:

Die Schuldnerin wurde am 4.5.1992 von der W. Immobilienkontor GmbH und der W. Beteiligungskontor GmbH gegründet. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 50.000 DM. Die W. Immobilienkontor GmbH übernahm eine Stammeinlage i.H.v. 24.500 DM, die W. Beteiligungskontor GmbH eine solche i.H.v. 25.500 DM. Die Gesellschaft wurde am 26.5.1992 in das Handelsregister eingetragen. Der Beklagte zu 1) wurde am 14.7.1992, der Beklagte zu 2) am 15.2.1995 zum Geschäftsführer bestellt. Ebenfalls am 14.7.1992 trat die W. Beteiligungskontor GmbH ihren Geschäftsanteil an die Gemeinde W. ab. Mit Beschluss vom 13.8.2001 wurde der Beklagte zu 1) zum 31.8.2001 als Geschäftsführer abberufen.

Am 9.1.1999 trat die W. Immobilienkontor GmbH ihren Geschäftsanteil an die W. Verwaltungs- und Bauregie GmbH ab. Ausweislich des Kaufvertrages gingen die Vertragsparteien davon aus, dass der Verkehrswert des Geschäftsanteils 10 v.H. des Nominalwertes betrug. Die endgültige Feststellung sollte durch einen Sachverständigen erfolgen.

Mit Schreiben vom 28.4.1999 wies der Steuerberater der Gesellschaft die Beklagten darauf hin, dass die Gesellschaft möglicherweise überschuldet sei. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag betrage, selbst wenn die W. Holding GmbH auf ihre Forderung verzichte, mehr als 183.000 DM.

Im Rahmen der Gewährung des Kontokorrentkredites vom 4.10.2000 trat die Schuldnerin ihre Kaufpreisforderungen global an die Sparkasse M. ab. Von den zukünftigen Kaufpreiserlösen sollten 80 v.H. für die Tilgung des bereits zuvor von der Sparkasse M. gewährten Darlehens verwendet werden. Die übrigen 20 v.H. sollten auf das Geschäftskonto fließen. Am 12.12.2001 beschloss der Gemeinderat der Gemeinde W. eine außerplanmäßige Ausgabe i.H.v. 52.000 DM als zinslose rückzahlbare Zuweisung vom Landkreis M. für die Schuldnerin als Umstrukturierungshilfe.

Der Kläger hat im Insolvenzverfahren bisher lediglich Forderungen der Sparkasse M. i.H.v. insgesamt 677.742,90 EUR für den Ausfall festgestellt. Weitere berechtigte Insolvenzforderungen gibt es nicht.

Mit Schreiben vom 28.5.2004 forderte der Kläger die Beklagten zur Erstattung der von der Schuldnerin ab dem 30.6.1999 geleisteten Zahlungen auf.

Wegen der einzelnen streitgegenständlichen Zahlungen der Schuldnerin an ihre Gläubiger wird auf die Aufstellungen in der Klageschrift (Bl. 81 bis 82 Bd. I d.A.) und im Schriftsatz vom 13.9.2007 (Bl. 24 Bd. II d.A.) verwiesen.

Das LG hat die Beklagten antragsgemäß als Gesamtschuldner zur Zahlung von 60.138,95 EUR verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagten hätten die nach Eintritt der Überschuldung an Dritte geleisteten Zahlungen zu erstatten. Es sei vom Eintritt der Überschuldung spätestens im Juni 1999 auszugehen. Für die Prüfung sei von Liquidationswerten auszugehen. Die Beklagten hätten weder hinreichend vorgetragen noch nachgewiesen, dass ein aussagefähiger Ertrags- und Finanzplan erstellt worden sei, der den Schluss auf eine mittelfristige Überlebensfähigkeit der Schuldnerin zugelassen hätte. Auf Grund der in den Handelsbilanzen ab dem Jahr 1996 ausgewiesenen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbeträge von 1,5 Mio. DM bis zu 2,8 Mio. DM im Jahr 1999 könne eine rechnerische Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts nur ausgeschlossen werden, wenn stille Reserven oder sonstige aus den Handelsbilanzen nicht ersichtliche Veräußerungswerte in Höhe der ausgewiesenen Fehlbeträge vorhanden seien. Es spreche einiges dafür, dass das mit einem Buchwe...

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