Leitsatz (amtlich)

Bei der Gesamtwürdigung der das Schmerzensgeld beeinflussenden Umstände ist ein zögerliches Regulierungsverhalten der Haftpflichtversicherung und die Art und Weise der Prozessführung (hier: Vorwurf der Schwarzarbeit) in erheblichem Umfang zu Gunsten des Geschädigten zu berücksichtigen.

 

Verfahrensgang

LG Dessau (Urteil vom 11.07.2003; Aktenzeichen 4 O 635/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 11.7.2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Dessau wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000 Euro nicht.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Im Berufungsrechtszug streiten die Parteien noch um die Höhe des Schmerzensgeldes, das der Kläger von den Beklagten beanspruchen kann.

Der damals 34 Jahre alte Kläger befuhr am 4.5.1999 mit seinem Motorrad die L 131 von D. in Richtung O.. Auch der Beklagte, der nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war, fuhr mit dem Pkw Mazda, der seit dem 14.1.1999 stillgelegt war und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert war, die L 131 in Richtung D. Ausgehend von einer Geschwindigkeit von 90 km/h entschloss sich der Beklagte zu 1), eine vor ihm fahrende Kolonne von 5 Pkw zu überholen. Dabei beachtete er nicht, dass sich der Kläger mit seinem Motorrad ebenfalls zum Überholen entschlossen hatte und schon in Höhe des auf der Fahrerseite befindlichen Außenspiegels neben dem Pkw des Beklagten zu 1) war. Das Motorrad des Klägers und der Pkw des Beklagten zu 1) kollidierten. Der Kläger wurde in der Folge in den Straßengraben geschleudert.

Der Kläger erlitt durch den Unfall ein schweres Schädel-Hirntrauma (Zellriss mit Doppelbildsehen), eine erstgradige offene Unterschenkeltrümmerfraktur links, eine Hüftgelenksluxation links verbunden mit einem hinteren Pfannenrandausriss, diverse Verletzungen der Muskel- und Nervenbahnen des linken Beins, beidseitige Knieverletzungen und eine Kontusion des Mittelgesichtsbereichs.

Er befand sich nach der operativen Erstversorgung vom 4.5. bis 5.6.1999 in stationärer Behandlung. Wegen auftretender Komplikationen und der Notwendigkeit von mehrfachen Revisionsoperationen befand er sich vom 1.7.1999 bis zum 5.8.1999 erneut in stationärer Behandlung. Weitere stationäre Behandlungen erfolgten vom 20. bis zum 23.8., 25.11. bis 8.12.1999 und 19.10.2000 bis 1.11.2000.

Diesbezüglich wird auf die ärztlichen Berichte des Städtischen Klinikums D. vom 5.8.1999, des Chirurgen Dr. S. vom 26.3.2001, des Arztes für Neurologie B. vom 18.3.2001 und des Kreiskrankenhauses K. vom 16.10.2001 Bezug genommen.

Am 13.8.1999 wandte sich der Kläger, vertreten durch seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten, erstmals an die Beklagte zu 2). Diese lehnte jedoch eine Einstandspflicht ab und berief sich darauf, Versicherungsschutz habe für das Fahrzeug des Beklagten zu 1) zur Unfallzeit nicht mehr bestanden. Daraufhin wandte sich der Kläger an den Verein V. e.V., der Geschädigten eines Verkehrsunfalls u.a. Hilfe gewährt, wenn der Unfallgegner an einem Unfall mit einem nicht haftpflichtversicherten Fahrzeug beteiligt ist. Dieser beauftragte die P. - Versicherung mit der erforderlichen Schadensbearbeitung, was diese unter dem 10.12.1999 bestätigte. Diese teilte dem Kläger mit Schreiben vom 17.11.2000 mit, dass die Beklagte zu 2) nunmehr ihre Einstandspflicht für das Unfallereignis anerkenne. Unter dem 19.2.2001 forderte die Beklagte zu 2) von dem Kläger weitere Auskünfte zu seinem Gesundheitszustand. Der Kläger reagierte mit anwaltlichem Schreiben vom 26.2.2001. Am 16.5.2001 zahlte die Beklagte zu 2) als Schadensausgleich 20.000 DM an den Kläger.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 3.1.2002 forderte der Kläger die Beklagte zu 2) auf, ein weiteres Schmerzensgeld von 50.000 DM bis zum 18.1.2002 zu zahlen.

Die Beklagte zu 2) beauftragte ein Detektivbüro mit der Überwachung des Klägers. Wegen des Berichts vom 20.11.2002 wird auf Bd. I Bl. 138 ff. d.A. Bezug genommen.

Der Kläger hat die Auffassung, unter Berücksichtigung seiner Verletzungen, den Verletzungsfolgen und dem Regulierungsverhalten der Beklagten zu 2) sei ein Schmerzensgeld von insgesamt mindestens 70.000 DM angemessen.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn unter Berücksichtigung einer bereits erfolgten Zahlung i.H.v. 20.000 DM ein angemessenes Schmerzensgeld i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. §§ 288 Abs. 1, 247 Abs. 1 BGB seit dem 1.5.2000 zu zahlen, an ihn 40.693,87 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen, festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihm sämtliche materiellen und immateriellen Schäden - letztere soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen - aus dem Unfallereignis vom 4.5.1999 auf der Landstraße 131 in Richtung O...

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