Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 07.01.1994; Aktenzeichen 5 O 2126/93)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 07. Januar 1994 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg (Az.: 5 O 2126/93) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,– DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer übersteigt für den Beklagten 60.000,– DM.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit einer Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren notariellen Kaufvertragsurkunde.

Der Beklagte ist im Grundbuch von … auf Blatt 791 als Eigentümer des Grundstücks Flur 17/Flurstück 11/3 eingetragen. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 04.09.1992 (UR-Nr. 2425/92 des Notars … in …) hat er diesen Grundbesitz mit einer Größe von 24.909 m² für 622.725,– DM an die Klägerin veräußert. Das als Ackerland genutzte Grundstück stammt aus der Bodenreform und war dem am 15.09.1979 verstorbenen Vater des Beklagten aufgrund der Verordnung über die Bodenreform in der Provinz Sachsen zugewiesen worden. Der Beklagte, der die ehemalige DDR 1960 verlassen hat und in die Bundesrepublik gezogen ist, hat seinen Vater beerbt. Ihm wurde am 03.07.1990 ein entsprechender Erbschein vom Staatlichen Notariat … erteilt. Aufgrund dieses Erbscheins erfolgte am 05.11.1990 seine Eintragung als Eigentümer des eingangs bezeichneten Grundstücks im Grundbuch. Eine Eigentumsumschreibung auf die Klägerin ist bisher nicht erfolgt.

Wegen der Kaufpreisforderung unterwarf sich die Klägerin der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde. Eine vollstreckbare Ausfertigung des Kaufvertrages wurde ihr am 10.09.1993 mit dem Hinweis zugestellt, daß die Zwangsvollstreckung nach Ablauf von vier Wochen eingeleitet werde.

Am 22.09.1993 erhielt das Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung Magdeburg von dem Grundbuchamt … gemäß Art. 233 § 13 Abs. 1 EGBGB eine Mitteilung über die Veräußerung des streitgegenständlichen Grundstücks. Mit Schreiben vom 24.09.1993, beim Grundbuchamt … am 29.09.1993 eingegangen, hat das vorbezeichnete Amt als Vertreterin des Landes Sachsen-Anhalt der Durchführung des Kaufvertrages vom 04.09.1992 widersprochen und zugleich die Eintragung einer Vormerkung zugunsten des Landes Sachsen-Anhalt beantragt. Die beantragte Vormerkung wurde am 08.10.1993 im Rang vor einer Eigentumsübertragungsvormerkung für die Klägerin zugunsten des Landes Sachsen-Anhalt im Grundbuch eingetragen. Das Land Sachsen-Anhalt verlangt von dem Beklagten gemäß Art. 233 § 11 Abs. 3 EGBGB die unentgeltliche Übertragung des Eigentums an dem an die Klägerin veräußerten Grundstück. Da sich der Beklagte geweigert hat, dem Verlangen des Landes Sachsen-Anhalt nachzukommen, hat es ihn vor dem Landgericht Magdeburg auf unentgeltliche Auflassung des streitbefangenen Grundstücks und Bewilligung der Eintragung verklagt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dem Beklagten sei die Erfüllung des Kaufvertrages vom 04.09.1992 unmöglich, weil er verpflichtet sei, das Eigentum an dem an sie veräußerten Grundstück auf das Land Sachsen-Anhalt zu übertragen.

Sie hat beantragt,

die Zwangsvollstreckung aus dem vor dem Notar … mit der Urkundenrolle Nr. 2425/92 am 04.09.1992 geschlossenen Kaufvertrag für unzulässig zu erklären.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, er erfülle die Voraussetzungen für eine Zuteilung des Grundstücks gemäß Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 b EGBGB, weil er vor seinem Wegzug aus der ehemaligen DDR in der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft tätig gewesen sei. Nach Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB werde nicht verlangt, daß der Berechtigte am 15.03.1990 noch im Beitrittsgebiet in der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft tätig gewesen sei. Diese Norm sei vielmehr so auszulegen, daß auch eine Tätigkeit in dem genannten Wirtschaftsbereich in der Vergangenheit als Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals Zuteilungsfähigkeit ausreiche. Da er materiell-berechtigter Eigentümer des an die Klägerin veräußerten Grundstücks sei, habe das Land Sachsen-Anhalt gegen ihn keinen Anspruch aus Art. 233 § 11 Abs. 3 EGBGB auf Eigentumsübertragung. Er sei deshalb rechtlich und tatsächlich in der Lage, der Klägerin das Eigentum an dem streitgegenständlichen Grundstück zu verschaffen.

Das Landgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil vom 07. Januar 1994 stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen folgendes ausgeführt: Die zulässige Klage sei gemäß §§ 794 Abs. 1 Nr. 4, 795, 767 ZPO begründet. Die Klägerin habe eine Einwendung erhoben, die den in der notariellen Urkunde titulierten Anspruch des Beklagten auf Zahlung des Kaufpreises selbst betreffe. Der Beklagte habe den Anspruch auf die Gegenl...

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