Leitsatz (amtlich)

1. Wird der privat Krankenversicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, lässt sich eine Pflicht des bisherigen Versicherers zur Annahme des versäumten Antrags auf private Zusatzversicherung zur gesetzlichen Krankenversicherung ohne erneute Risikoprüfung nicht auf § 204 I Nr. 1 VVG stützen. Der Herkunftstarif in der substitutiven Krankenversicherung und der Zieltarif in der gesetzlichen Krankenversicherung mit Ergänzungsschutz in der privaten Krankenversicherung bieten keinen gleichartigen Versicherungsschutz.

2. Hat der Versicherungsnehmer mit der Kündigung der privaten Krankenversicherung eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung begründet, ergibt sich daraus nichts anderes.

3. Tritt mit Wissen und Wollen des Versicherungsnehmers für ihn ein Versicherungsmakler mit dem Versicherer in Kontakt und bittet im Zusammenhang mit dem Eintritt der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht um das Angebot für eine Anwartschaftsversicherung, besteht nach dem dann maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont des Versicherers kein Anlass für die weitergehende Beratung in Richtung einer Zusatzversicherung.

 

Verfahrensgang

LG Stendal (Urteil vom 11.03.2016; Aktenzeichen 21 O 178/15)

 

Tenor

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 6.000,-- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstellung eines Angebots für eine Zusatzversicherung ohne erneute Risikoprüfung.

Der Kläger und seine minderjährige Tochter C. L. waren von Juli 2007 bis zum Eintritt der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht des Klägers (1. September 2013) bei der Beklagten privat krankenversichert.

In den zugrunde liegenden MB-KK 2009 finden sich in § 13 u. a. folgende Regelungen:

Abs. 1 Nr. 3

Wird eine versicherte Person kraft Gesetzes in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, so kann der Versicherungsnehmer binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht eine Krankheitskostenversicherung oder eine dafür bestehende Anwartschaftsversicherung rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen ...

Nr. 11

Soweit die Krankenversicherung nach Art der Lebensversicherung betrieben wird, haben der Versicherungsnehmer und die versicherte Person das Recht, einen gekündigten Vertrag in Form einer Anwartschaftsversicherung fortzusetzen.

Abs. 2 Nr. 7

Bei Kündigung nach § 13 Nr. 3 MB/KK 2009 verpflichtet sich der Versicherer zur Annahme eines Antrags auf Zusatzversicherung ohne erneute Risikoprüfung und ohne erneute Wartezeiten, soweit Zusatzversicherung und gesetzlicher Versicherungsschutz zusammen den bisherigen Leistungsumfang nicht übersteigen. Die Zusatzversicherung muss dabei in unmittelbarem Anschluss an die gekündigten Tarife beginnen und der Antrag zugleich mit der Kündigung gestellt werden.

Am 13. November 2013 wandte sich der unter F. firmierende Versicherungsmakler M. S. zunächst telefonisch und anschließend per E-Mail-Schreiben (Bl. 74, 75 d. A.) an die Beklagte, wies darauf hin, dass der Kläger seit Anfang September 2013 wieder pflichtversichert sei und bat für diesen und seine mitversicherte Tochter um die Erstellung eines Änderungsangebots für eine große und eine kleine Anwartschaftsversicherung.

Die Beklagte übersandte daraufhin an den Kläger persönlich Antragsformulare für die Umwandlung in eine große und kleine Anwartschaftsversicherung sowie die entsprechenden Versicherungsbedingungen (Anlage K 1, Bl. 6 - 23 d. A.). Der Kläger beantragte anschließend die Umwandlung der Krankenversicherung für sich und seine Tochter in eine große Anwartschaftsversicherung, worüber die Beklagte am 11. Dezember 2013 einen entsprechenden Versicherungsschein (Bl. 27, 28 d. A.) erstellte und ihm zukommen ließ.

Mit Schreiben vom 20. Februar 2015 (Bl. 36 d. A.) wandte sich der Kläger an die Beklagte und bat um ein Angebot über die Umwandlung der großen Anwartschaftsversicherung in eine, seine gesetzliche Krankenversicherung ergänzende Zusatzversicherung. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 26. Februar 2015 (Bl. 37 d. A.) sowie in ihren weiteren Schreiben vom 15. April 2015 und 13. Juli 2015 (Bl. 81 - 83 d. A.) ab.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihn bei Abschluss seiner Anwartschaftsversicherung pflichtwidrig nicht auf die bestehende Möglichkeit hingewiesen, außerdem eine Zusatzversicherung zur gesetzlichen Krankenversicherung ohne erneute Risikoprüfung nach § 13 Abs. 2 Nr. 7 MB/KK abschließen zu können. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, ein entsprechendes Angebot zu erstellen, um ihm den Abschluss einer entsprechenden Zusatzversicherung zu ermöglichen.

Hierzu hat er weiter behauptet, vor Abschluss der Anwartschaftsversicherung persönlich mit der Beklagten korrespondiert zu haben. Der Makler M. S. habe sich hingegen aus reiner Gefälligkeit an die Beklagte gewandt, ohne ihn - den Kläger - jedoch tatsächlich über den Versicherungswechsel beraten zu haben.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ...

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