Entscheidungsstichwort (Thema)

100-Prozent-Kürzung der Leistung bei Katzenjagd mit Feuerwerkskörpern

 

Normenkette

VVG § 81 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Dessau-Roßlau (Beschluss vom 31.01.2011; Aktenzeichen 4 O 547/10)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den ihm Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des LG Dessau-Roßlau vom 31.1.2011 - 4 O 547/10, wird zurückgewiesen.

2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die gemäß den §§ 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 16.2.2011 (Bl. 66 - 68 d.A.) gegen den ihm Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des LG Dessau-Roßlau vom 31.1.2011 (Bl. 61 - 63 d.A.) hat aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung und des landgerichtlichen Nichtabhilfe-Beschlusses vom 16.3.2011 (Bl. 80 d.A.), auf die zwecks Meidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen wird, in der Sache keinen Erfolg.

Der Senat teilt die Auffassung des LG, dass der Antragsteller den Versicherungsfall grob fahrlässig i.S.v. § 81 Abs. 2 VVG neuer Fassung, der nach § 1 Abs. 1 und 2 EGVVG auch bei sog. Altverträgen für Versicherungsfälle ab dem 1.1.2009 Anwendung findet, herbeigeführt hat (1) und deshalb eine vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers gerechtfertigt ist (2).

1. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gröblich oder in hohem Grade außer acht lässt und nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten musste (vgl.: BGHZ 10, 14; BGH, NJW 1988, 506, NJW 1989, 141, zitiert nach juris). Nach diesen Grundsätzen ist der Gebäudebrand vom 2.4.2009 auf ein grob fahrlässiges Verhalten des Antragstellers zurückzuführen.

Es leuchtet jedem ein, dass in einem Wohnhaus wegen der damit verbundenen Brand- und sonstigen Verletzungsgefahr keine Feuerwerkskörper gezündet werden dürfen. Erst recht stellt es sich als schlechthin unentschuldbar dar, dass der Antragsteller vom Erdgeschossflur seines Hauses aus einen oder zwei Feuerwerkskörper zündete und sie zum Vertreiben einer Katze in den Kellerraum warf, obwohl er wusste, dass im Bereich der Kellertreppe und des Holzschranks leicht brennbare Kleidungsstücke lagerten. Dort befand sich nach den Feststellungen im Zwischenbericht des Ingenieurs für Brandsachen K. vom 6.5.2009 (Ermittlungsakte 395 Js 11053/09 StA Dessau-Roßlau) die spätere Brandausbruchstelle. Aber auch das Verhalten des Antragstellers nach dem Werfen der Blitzknaller ist in hohem Maße unverantwortlich und daher grob fahrlässig, weil er sich nicht persönlich und sofort darüber vergewisserte, dass durch die gezündeten Feuerwerkskörper im Keller kein Brand oder Schwelbrand entstanden ist, sondern dies erst fünf bis zehn Minuten später nachholte, als bereits einige Kleidungsstücke brannten und Löschversuche keinen Erfolg mehr hatten. Dass der Antragsteller beim Zünden der Feuerwerkskörper und deren Herabwerfen in den Keller nicht an die dort gelagerten Kleidungsstücke gedacht haben will, entlastet ihn nicht, weil er auf jeden Fall erkennen musste oder unschwer hätte erkennen müssen, dass sein Verhalten geeignet war, gegebenenfalls einen folgenschweren Brand auszulösen.

Ein Augenblicksversagen, das sein Verhalten in einem milderen Licht erscheinen lassen könnte, liegt schon nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers nicht vor. Denn er hat die Blitzknaller nicht etwa unbedacht, einem augenblicklichen Impuls folgend, zur Hand genommen, als er die Anwesenheit der Katze im Hauskeller bemerkte. Vielmehr hatte er die Feuerwerkskörper bereits geraume Zeit vorher dort zurechtgelegt, um sie bei einem erneuten Erscheinen der Katze plangemäß im Keller einsetzen zu können. Unabhängig davon würde die Annahme eines Augenblickversagens den Antragsteller auch nicht ohne weiteres vom Vorwurf einer groben Fahrlässigkeit exkulpieren. Erforderlich dafür wäre auch noch der weitere Umstand gewesen, dass das Fehlverhalten gerade einer spontanen, unvermittelten Reaktion wegen die Schadensgefahr nicht ungewöhnlich gesteigert hat (vgl. J. Prölls, in: Prölls/Martin, VVG, 28. Aufl., Rz. 18 zu § 81 VVG m.w.N.). Allein davon kann, wie die vorstehenden Ausführungen zur Genüge verdeutlichen, hier keine Rede sein.

2. Auch die weitere Annahme des LG, dass die grobe Fahrlässigkeit des Antragstellers im vorliegenden Fall zu einer völligen Leistungsfreiheit der Versicherung führt und nicht nur zu einer quotalen Leistungskürzung, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Dabei ist sich der Senat durchaus dessen bewusst, dass der Gesetzgeber, gerade um existenziell bedrohliche Auswirkungen für den Versicherungsnehmer im Schadensfall zu vermeiden, das zuvor unter der Geltung des alten § 61 VVG herrschende Alles-oder-nichts-Prinzip im Falle grober Fahrlässigkeit in § 81 Abs. 2 VVG neuer Fassung ersetzt hat durch eine differenzierte, die Leistungsfreiheit des Versicherers von der jeweiligen Schwere...

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