Leitsatz (amtlich)

Der Nebenkläger kann die im Berufungsurteil ergangene Kosten- und Auslagenentscheidung auch dann in zulässiger Weise anfechten, wenn er das Urteil selbst gemäß § 400 Abs. 1 StPO nicht anfechten kann (Aufgabe Senat, Beschluss vom 02. 03. 1995 - 1 Ws 31/95 -).

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Nebeklägerin wird die Kostenentscheidung im Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 5. Juli 2001 ergänzt.

Der Angeklagte trägt auch die im Berufungsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenklägerin.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die darin entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenklägerin trägt der Angeklagte.

 

Gründe

Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Haldensleben vom 27. 11. 2000 wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 50, 00 DM und zu einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt worden.

Die Nebenklägerin war zur Nebenklage zugelassen worden.

Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte fristgerecht Berufung ein. Nach Anberaumung der Berufungshauptverhandlung auf den 05. 07. 2001 beschränkte der Angeklagte mit Schreiben vom 20. 06. 2001 seine Berufung auf die Rechtsfolgen. Diese Beschränkung wurde der Nebenklägerin nicht mitgeteilt. In der Hauptverhandlung am 05. Juli 2001, an der die Nebenklägerin mit ihrem Vertreter teilnahm, wurde das in erster Instanz gegen den Angeklagten ausgesprochene Fahrverbot aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens und die darin entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten wurden der Staatskasse auferlegt. Eine Kostenentscheidung bezüglich der Nebenklägerin erging nicht.

Gegen die unterlassene Kostenentscheidung richtet sich die Beschwerde der Nebenklägerin vom 12. 07. 2001, mit der sie erreichen will, dass der Angeklagte auch ihre notwendigen Auslagen in der Berufungsinstanz zu tragen hat.

Das als sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung angesehene Rechtsmittel ist zulässig, der Senat gibt seine bisherige Rechtsprechung (Beschluss vom 02. März 1995 - 1 Ws 31/95) auf.

Die Frage, ob ein Nebenkläger gegen eine ihm ungünstige Kostenentscheidung Beschwerde einlegen kann, wenn er das Urteil selbst nicht anfechten kann, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Die Zulässigkeit eines solchen Rechtsmittels wird bejaht vom Bayrischen Obersten Landesgericht (MDR 1988, 603), vom OLG Hamm (JMBl. 1990, 95), vom OLG Düsseldorf (VRS 96, 222), von Krehl (Heidelberger Kommentar zur StPO, 3. Aufl. , Rdn. 16 zu § 464), von Hilger (LR, 25. Aufl. , Rdn. 55 zu § 464). Die Befürworter der Zulässigkeit einer Kostenbeschwerde stellen darauf ab, dass dem Nebenkläger grundsätzlich gegen ein Berufungsurteil ein Rechtsmittel - Revision - zusteht, das ihm aber gemäß § 400 Abs. 1 StPO dann versagt ist, wenn er mit seinem Rechtsmittel lediglich eine andere Rechtsfolge der Tat erreichen will. In einem solchen Fall wird das statthafte Rechtsmittel mangels konkreter Beschwer unzulässig.

Das OLG Düsseldorf (aaO) weist zur Begründung dieser Ansicht auf die amtliche Begründung zum Regierungsentwurf der Neufassung des § 464 Abs. 3 StPO (BT-Dr. 10, 1313, S. 40) hin. Dort heißt es:

"Durch die Anknüpfung der Unanfechtbarkeit der Kostenentscheidung an den Begriff der "Statthaftigkeit" bezieht sich die Regelung nicht auf diejenigen Fälle, in denen gegen die Hauptentscheidung zwar an sich ein Rechtsmittel statthaft ist, deren Anfechtbarkeit also nicht ausdrücklich und nach dem systematischen Gesamtzusammenhang schlechthin ausgeschlossen ist, das Rechtsmittel jedoch mangels Beschwer einem bestimmten Prozessbeteiligten nicht zusteht. In Betracht kommen namentlich die Fälle der §§ 206 a und 206 b sowie die Kostenbeschwerde des Privatbeklagten bei einer Einstellung nach § 383 Abs. 2, in denen der Beschuldigte (Privatbeklagte) durch die Hauptentscheidung nicht beschwert ist.

Hier beruht die Unanfechtbarkeit der Hauptentscheidung für einen bestimmten Beschwerdeführer allein darauf, dass ihn diese Entscheidung nicht benachteiligt und ihn folglich für die Anfechtung das Rechtschutzinteresse fehlt. Das muss bei der mit der Hauptentscheidung verbundenen Kostenentscheidung nicht der Fall sein; diese kann für den Betroffenen eine selbständige Beschwer enthalten. Es wäre unbillig, dem Betroffenen für diesen Fall die Anfechtungsmöglichkeit vorzuenthalten. "

Für den Nebenkläger ist die Revision grundsätzlich statthaft, das Rechtsmittel ist ihm gesetzlich zur Verfügung gestellt. Unstatthaft ist ein Rechtsmittel dann, wenn es schon nach der Art der Entscheidung schlechthin nicht zulässig ist oder weil die betroffene Person grundsätzlich - unabhängig von der Frage der Beschwer im Einzelfall - nicht zur Einlegung des Rechtsmittels befugt ist.

Gegen eine Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde stellen sich das OLG Stuttgart (NStZ 1989, 548), das OLG Frankfurt (NStZ-RR 1996, 128) und das Kammergericht (Beschluss vom 24. 09. 1999 4 Ws 217/99 - zitiert bei JURIS) sowie in der Literatur Kleinknecht/Meyer-Goßner (StPO, 45. Aufl....

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