Leitsatz (amtlich)

1. Gegen die Zurückweisung eines Antrages auf Bewilligung einer Schriftsatzfrist nach § 283 ZPO ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nicht statthaft.

2. Ob das ablehnende Gericht seiner materiellen Prozessleitungspflicht gerecht geworden ist oder durch die Nichtberücksichtigung von Vorbringen einer Partei in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat, ist nicht in einem separaten Beschwerdeverfahren, sondern allenfalls im Zusammenhang mit der Hauptsache in einem Berufungsverfahren zu prüfen.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Beschluss vom 29.03.2011; Aktenzeichen 4 O 1351/10)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Halle vom 29.3.2011 wird verworfen.

Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen; außergerichtliche Auslagen der Beteiligten werden nicht erstattet.

 

Gründe

A. Die Klägerin betreibt in D. eine bzw. mehrere Photovoltaikanlagen und speist den dort erzeugten Strom in das Elektrizitätsnetz der Beklagten ein. Die Parteien streiten um die Höhe der Vergütung der Stromeinspeisung nach den Vorschriften des EEG 2009.

Nach schriftlichem Vorverfahren hat das LG am 3.3.2011 mündlich in der Sache verhandelt. Im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage hat die Klägerin einen Antrag auf Einräumung einer Schriftsatzfrist im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 22.2.2011 gestellt, dann zu diesem Schriftsatz in der Sache Stellung genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 3.3.2011 Bezug genommen. Am Schluss der Sitzung hat das LG einen Termin zur Verkündung der Entscheidung für den 7.4.2011 festgesetzt, der inzwischen auf den 12.5.2011 verlegt worden ist.

Die Klägerin hat am Folgetag ihren Antrag auf Schriftsatznachlass wiederholt. Sodann hat sie mit Schriftsatz vom 15.3.2011 weiter vorgetragen. Mit gesondertem Beschluss vom 29.3.2011 hat das LG den Antrag der Klägerin auf Schriftsatznachlass zurückgewiesen. Auf die Gründe der Entscheidung wird Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 1.4.2011 Beschwerde eingelegt, der das LG nicht abgeholfen hat. Es hat die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

B.I. Das Rechtsmittel der Klägerin ist schon unzulässig.

Nach § 567 Abs. 1 ZPO ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegen die im ersten Rechtszuge ergangenen Entscheidungen des LG nur statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (Nr. 1) oder wenn ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen wird, für dessen Entscheidung eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist (Nr. 2). Beide Alternativen sind nicht erfüllt.

1. Die Frage, ob einer Prozesspartei eine Schriftsatzfrist für Erklärungen zum Vorbringen des Prozessgegners einzuräumen ist, ist in § 283 ZPO geregelt. Eine Beschwerdemöglichkeit ist in dieser Vorschrift nicht bestimmt.

2. Durch den angefochtenen Beschluss wurde auch nicht ein Gesuch der Klägerin i.S.v. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zurückgewiesen.

a) In der Literatur wird - soweit ersichtlich - einhellig vertreten, dass eine Beschwerdemöglichkeit schon deshalb ausscheide, weil die Entscheidung stets eine mündliche Verhandlung voraussetzt und regelmäßig auch in mündlicher Verhandlung ergeht (vgl. Prütting in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl. 2008, § 283 Rz. 24; Foerste in: Musielak, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 283 Rz. 16; Leipold in: Stein-Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2008, § 283 Rz. 27 und Saenger in: HK-ZPO, 4. Aufl. 2011, § 283 Rz. 9; i. E. ebenso, jedoch ohne nähere Begründung Greger in Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 283 Rz. 4b). Dem schließt sich der erkennende Senat an.

Zwar ist hier das (zweite) Gesuch erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt worden, so dass tatsächlich eine mündliche Verhandlung über dieses Gesuch nicht stattgefunden hat. Für die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde kommt es jedoch auf die nach dem Gesetz grundsätzlich bestehende Erforderlichkeit einer vorherigen mündlichen Verhandlung an (vgl. nur Heßler in Zöller, a.a.O., § 567 Rz. 30; Lipp in MünchKomm/ZPO, a.a.O., § 567 Rz. 7). Diese Voraussetzung ist hier schon nach dem Wortlaut von § 283 ZPO gegeben, weil dem Gesuch die Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit einer sofortigen Erklärung der Partei im Termin der mündlichen Verhandlung vorausgehen muss.

b) Das Recht einer Partei, eine Schriftsatzfrist zu beantragen, stellt auch kein das Verfahren betreffendes Gesuch dar, sondern ist Bestandteil der materiellen Prozessleitungspflicht des Gerichts. Im materiellen Kern geht es um die Frage der Gewährleistung des Anspruchs der Partei auf rechtliches Gehör. Die mit der Beschwerde von der Klägerin geltend gemachte Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Gericht ist allenfalls im Zusammenhang mit der Hauptsache in einem Berufungsverfahren zu überprüfen, nicht aber in einem separaten Beschwerdeverfahren (vgl. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 10.11.2003 - 4 W 99/03, OLGR 2004, 198; ebenso Heßler, a.a.O., § ...

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