Verfahrensgang
1. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 16.12.2016) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt vom 16.12.2016 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt, hat der Antragsgegner zu tragen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 108.815,61 Euro festgesetzt.
Gründe
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Antragsgegner, ein Abwasserzweckverband, am 28.4.2016 mit der Beigeladenen, einem Verbandsmitglied, ohne vorheriges förmliches Vergabeverfahren einen Vertrag über die technische Betriebsführung der Abwasserbeseitigungsanlagen des Antragsgegners abschließen durfte. Die Antragstellerin begehrt insofern nach § 101b Abs. 1 GWB a.F. die Feststellung der Unwirksamkeit des zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenen de facto zustande gekommenen "Kooperationsvertrages" über die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft, in dem die Beigeladene die Aufgabe der technischen Betriebsführung der im Eigentum des Antragsgegners stehenden Anlagenteile und technischen Einrichtungen übernommen hatte.
Der Antragsgegner ist ein Zweckverband, der für seine Mitglieder die Aufgabe der Abwasserbeseitigung für deren Hoheitsgebiet übernommen hat. Zu den Verbandsmitgliedern gehört unter anderem die Beigeladene für ihre Ortsteile P. und S..
In der Vergangenheit hatte der Antragsgegner die Antragstellerin mit der technischen Betriebsleitung der Abwasserbeseitigungsanlagen auf der Grundlage eines Betriebsführungsvertrages gegen ein Entgelt betraut. Den Betriebsführungsvertrag mit der Antragstellerin vom 01.6.2005 kündigte der Antragsgegner jedoch mit Schreiben vom 10.11.2014 fristgemäß zum 31.5.2016 und prüfte im Folgenden die Möglichkeit einer langfristigen interkommunalen Kooperation im Sinne des Gesetzes über die kommunale Zusammenarbeit (GKG-LSA) mit dem Ziel einer effizienteren Aufgabenerledigung. In diesem Zusammenhang holte er Angebote der Beigeladenen und des WAZV J. über die technische Betriebsführung ein. Die Beigeladene unterbreitete dem Antragsgegner auf der Grundlage der übersandten Unterlagen ihr Angebot zur technischen Betriebsführung unter dem 28.8.2015 (Blatt 312, 1 VK LSA 25/16). Die Antragstellerin signalisierte gegenüber dem Antragsgegner hingegen wiederholt, an einer Fortsetzung des Betriebsführungsvertrages interessiert zu sein und auch nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist für ihn die technische Betriebsleitung erbringen zu wollen. Mit Schreiben vom 10.12.2015 meldete sie Bedenken hinsichtlich der vergaberechtlichen Zulässigkeit der von Antragsgegnerseite erwogenen interkommunalen Zusammenarbeit an und schlug zugleich vor, die ordentliche Kündigung zurückzunehmen und den Betriebsführungsvertrag mit ihr unverändert fortzusetzen. Mit Schreiben vom 09.3.2016 bot sie erneut die Rücknahme der Kündigung und die Fortsetzung der technischen Betriebsführung bis zum 31.12.2018 an, worauf der Antragsgegner jedoch nicht einging.
Die Verbandsversammlung des Antragsgegners beschloss in ihrer Sitzung vom 18.3.2016 eine "Absichtserklärung zum Abschluss einer Zweckvereinbarung/eines ARGE-Gründungsvertrages mit dem Entwässerungsbetrieb der W. (ELW) zur technischen Betriebsführung der schmutzwassertechnischen Anlagen des Verbandes ab 1.6.2016". Die Antragstellerin beanstandete das beabsichtigte Vorhaben mit Schreiben vom 24.3.2016 gegenüber dem Antragsgegner und wies diesen darauf hin, dass eine entgeltliche Beauftragung des Entwässerungsbetriebes der W. ohne ein vorheriges Ausschreibungsverfahren gegen vergaberechtliche Vorschriften verstoße und daher rechtlich nicht zulässig sei, da die Voraussetzungen einer vergaberechtsfreien interkommunalen Zusammenarbeit gemäß § 108 Abs. 6 GWB n.F. nicht vorliegen würden. Der Antragsgegner teilte der Antragstellerin daraufhin mit Schreiben vom 29.3.2016 mit, dass es sich bei dem Beschluss der Verbandsversammlung lediglich um eine Absichtserklärung gehandelt habe und konkrete Gespräche zur Regelung von Detailfragen von den Beteiligten erst noch aufgenommen werden müssten. Sie beabsichtige allerdings weiterhin, die zulässigen Formen interkommunaler Zusammenarbeit gemäß § 2 GKG-LSA mit den Bereichsausnahmen zum Vergaberecht zu nutzen. Zudem übersandte sie der Antragstellerin die Beschlussvorlage zur Kenntnisnahme. Mit weiterem Schreiben vom 07.4.2016 verwies die Antragstellerin erneut auf ihre Bedenken aus dem Rügeschreiben vom 24.3.2016 und behielt sich die Durchführung eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens vor.
Am 28.4.2016 fand eine weitere Verbandsversammlung des Antragsgegners statt, in deren Verlauf der Abschluss eines Vertrages über die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft mit dem Verbandmitglied W. beschlossen wurde. Der Antragsgegner und die Beigeladene unterzeichneten daraufhin den zunächst bis zum 31.12.2016 befristeten Vertrag. In der Präambel des Vertrages nahme...