Leitsatz (amtlich)

Für ein Aufgebotsverfahren nach § 1170 BGB zum Ausschluss unbekannter Erben einer natürlichen Person als Gläubiger einer Buchgrundschuld besteht ein Rechtsschutzinteresse nur in den Fällen, in denen eine andere, die Gläubigerrechte weniger beeinträchtigende Möglichkeit der Grundbuchbereinigung nicht existiert.

Die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft, um mit dem Nachlasspfleger eine Einigung über die Löschung der Buchgrundschuld herbeizuführen, ist gegenüber einem solchen Aufgebotsverfahren vorrangig.

 

Verfahrensgang

AG Halle (Saale) (Beschluss vom 02.02.2011; Aktenzeichen 90 II 32/10)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Halle (Saale) vom 2.2.2011 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.556,46 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Antragsteller ist Eigentümer der beiden im Grundbuch von N., Blatt 1284, eingetragenen und in der Gemarkung N., Flur 2, Flurstücke 405/0 und 406/0, belegenen Grundstücke zu einer Fläche von insgesamt 935 m2 (Anschrift: L. Straße 16). Für diese Grundstücke sind in Abteilung III unter lfd. Nr. 1 und 2 zwei brieflose Grundschulden zugunsten eines Meisters H. H. aus N. eingetragen, und zwar eine Grundschuld i.H.v. 7.000 Goldmark (jetzt: 1.789,52 EUR) nebst Zinsen hieraus seit dem 1.5.1930 und eine Grundschuld i.H.v. 3.000 Reichsmark (jetzt: 766,94 EUR) nebst Zinsen hieraus seit dem 1.4.1944. Die jeweils letzten hierauf bezogenen Eintragungen im Grundbuch, an denen der Eigentümer der Grundstücke mitgewirkt hat, datieren von 1943 bzw. 1944.

Der Antragsteller erwarb das Eigentum an beiden Grundstücken mit notariellem Kaufvertrag mit Auflassung zu UR Nr. 054/94 des Notars O. B. in M. vom 17.1.1994 von dem damals in den USA wohnhaften Hz. H. (geboren am 19.7.1922). Der Verkäufer war Sohn des damals im Grundbuch als Grundstückseigentümer eingetragenen Bahnarbeiters R. H. und - vermittelt über die Erbschaft der Ehefrau des R. H., F. H., - auch dessen alleiniger (Nach-) Erbe. Der Verkäufer gab in dem notariellen Kaufvertrag an, dass der Gläubiger der beiden vorgenannten Buchgrundschulden H. H. dessen Bruder gewesen sei. H. H. verstarb am 14.10.1944. Nach Angaben des Verkäufers ist er unverheiratet und kinderlos gewesen und von seinen Eltern R. und F. H. beerbt worden. Der Verkäufer, der s. E. nach durch die Erbfolge nach seinen Eltern auch Inhaber der Rechte aus den o.a. Grundschulden geworden ist, bewilligte und beantragte im notariellen Kaufvertrag mit Auflassung zugleich die Löschung der beiden Grundschulden im Grundbuch (vgl. § 2 Abs. 6 des Vertrags). Eine Löschung der Buchgrundschulden scheiterte wegen Fehlens der Erbnachweise nach H. H..

Der Antragsteller bemühte sich spätestens ab März 2005 durch Korrespondenz mit dem Verkäufer um Beibringung dieser Erbnachweise, jedoch letztlich vergeblich. Im Jahre 2007 brach der Kontakt zum Verkäufer ab. Das vom Antragsteller eingeleitete Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins für den Nachlass des H. H. zugunsten des Verkäufers konnte nicht erfolgreich abgeschlossen werden.

Mit Schriftsatz vom 15.7.2010 hat der Antragsteller beim AG Halle hinsichtlich der Rechte aus den beiden o.g. brieflosen Grundschulden die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens beantragt und diesen Antrag im Wesentlichen damit begründet, dass es dem als

Gläubiger auftretenden Hz. H. nicht gelungen sei, seine Berechtigung nachzuweisen, und dass dies einem Unbekanntsein des Gläubigers i.S.v. § 449 FamFG gleichstehe.

Mit Verfügung vom 25.11.2010 hat das AG Halle den Antragsteller darauf hingewiesen, dass es - unter Aufgabe seiner zuvor geäußerten Rechtsansicht - ebenfalls davon ausgehe, dass der Gläubiger unbekannt sei. Jedoch bestehe für die Durchführung des Aufgebotsverfahrens kein Rechtsschutzbedürfnis, weil zur Löschung eines Buchrechts vorrangig die Bestellung eines Nachlasspflegers und die Leistung an diesen oder aber auch eine Hinterlegung des Ablösungsbetrages in Betracht komme. Hierzu hat sich der Antragsteller mit Schriftsatz vom 10.1.2011, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, erklärt.

Das AG hat mit Beschluss 2.2.2011 den Antrag auf Erlass eines Aufgebots des Gläubigers der beiden Grundschulden zurückgewiesen. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird Bezug genommen.

Gegen diese ihm am 7.2.2011 zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller mit einem am 7.3.2011 vorab per Fax beim AG Halle eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und das Rechtsmittel begründet. Er meint insbesondere, dass die ihm eröffnete Möglichkeit, für den unbekannten Gläubiger einen Nachlasspfleger zu bestellen und die Leistung diesem gegenüber zu erbringen, das Rechtsschutzbedürfnis für seinen Antrag auf Erlass eines Aufgebots nicht entfallen ließe.

B.I. Die Beschwerde ist nach § 58 Abs. 1 FamFG zulässig, insbesondere ist die nach § 61 Abs. 1 FamFG notwendige Mindestbeschwer überschritten. Die Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 Fa...

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