Entscheidungsstichwort (Thema)

"Rettungsdienst III"

 

Leitsatz (amtlich)

Zurückweisung des Antrags auf Anordnung der Verlängerung des prozessualen Zuschlagverbots nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB, weil auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats keine Erfolgsaussicht des Rechtsmittels besteht (d.h. kein Zugang zum Nachprüfungsverfahren für die Vergabe von Rettungsdienstleistungen) und selbst im Falle einer künftigen Änderung der Rechtsprechung (im Hinblick auf eine erfolgte Divergenzvorlage eines anderen OLG an den BGH) ausnahmsweise das Interesse der Allgemeinheit am raschen Abschluss des Vergabeverfahrens das Interesse des Antragstellers am effektiven Rechtsschutz überwiegt.

 

Verfahrensgang

Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 18.06.2008; Aktenzeichen 1 VK LVwA 06/08)

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner sofortigen Beschwerde vom 30.6.2008 (Eingang 1.7.2008) gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Halle vom 18.6.2008, Az.: 1 VK LVwA 6/08, bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern, wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Antragstellers auf Einsicht in die Akten der Vergabestelle und die Angebote der Bieter wird zurückgewiesen.

Die Bietergemeinschaft bestehend aus dem B. und der S. gGmbH, P. 5, K., wird beigeladen.

Die Kosten des Verfahrens nach § 118 GWB hat der Antragsteller zu tragen, einschließlich der notwendigen Auslagen des Antragsgegners.

 

Gründe

A. Gegenstand des Vergabeverfahrens sind Rettungsdienstleistungen (Notfallrettung und qualifizierter Krankentransport). Die bisherigen Verträge, die von den Rechtsvorgängern des Antragsgegner mit mehreren Dienstleistern geschlossen wurden, laufen zum 31.12.2008 aus. Der Antragsgegner, der im Rahmen einer Kreisgebietsreform 2007 aus einer Fusion mehrerer Landkreise hervorgegangen ist, beabsichtigt, gem. § 11 i.V.m. § 3 Abs. 2 Rettungsdienstgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (RettDG-LSA) für den Zeitraum vom 1.1.2009 bis 31.12.2014 neue Genehmigungen für die Erbringung der bodengebundenen Rettungsdienstleistungen in dem Landkreis A. zu erteilen.

Zu diesem Zweck wurde der Auftrag im Wege des offenen Verfahrens auf Grundlage der VOL/A am 17.11.2007 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ausgeschrieben.

Mit Schreiben vom 5.12.2007 rügte der Antragsteller den Inhalt der Vergabeunterlagen. Er hielt die fehlende Aufteilung des Auftrags in Lose für vergaberechtswidrig, rügte die vorgesehene Bewertung der Kriterien der Leistungserbringung und die Bedingungen für den Fall der Änderung des Einsatzgeschehens, und bemängelte die Angaben zum Betriebsübergang. Außerdem hielt er den Ausschluss einer sog. "Opt-out-Regelung" für unzulässig und die Angaben über die Beschaffenheit der zu übernehmenden Fahrzeuge für unzureichend.

Zum Abgabetermin am 16.1.2008 lagen dem Antragsgegner vier Angebote vor, von denen er drei, darunter auch das Angebot des Antragstellers, wegen formaler Mängel bereits in der ersten Wertungsstufe ausschloss. Mit Schreiben vom 28.3.2008 informierte der Antragsgegner die unterlegenen Bieter gem. § 13 VgV über die Gründe ihres Ausschlusses und teilte mit, dass er beabsichtige, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Den Antragsteller wies die Antragsgegner darauf hin, dass ihr Angebot wegen fehlender Listen über die wesentlichen Leistungen der letzten drei Jahre gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A ausgeschlossen worden sei.

Nach einer weiteren erfolglosen Rüge vom 3.4.2008 leitete der Antragsteller das vorliegende Nachprüfungsverfahren ein. Zur grundsätzlichen Zulässigkeit desselben trägt er vor, der Antragsgegner habe sich mit der EU-weiten Ausschreibung und der Einhaltung der Regeln der VOL/A der Kontrolle nach §§ 97 ff. GWB unterworfen. Hieran müsse er sich nun auch festhalten lassen. Selbst wenn es sich bei Rettungsdienstleistungen um hoheitliche Aufgaben handele, ändere dies nichts daran, dass der Antragsgegner bei der Vergabe privatrechtlich gehandelt habe und es sich hier um Verwaltungsprivatrecht handele. Der öffentlich-rechtliche Charakter der gem. § 11 Abs. 2 RettDG-LSA erforderlichen Genehmigung stehe dem nicht entgegen. Unabhängig davon komme es nach der Rechtsprechung des EuGH außerdem nicht darauf an, ob die Vergabe der Leistungen öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Art sei.

Der Antragsteller hat beantragt, die Vergabeentscheidung vom 28.3.2008 dahingehend zu korrigieren, dass der Antragsteller am Vergabeverfahren weiter teilnehme und es dem Antragsgegner untersagt werde, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen.

Hilfsweise hat er verlangt, das Nachprüfungsverfahren bis zu einer Entscheidung der Oberen Kommunalaufsicht über die Wirksamkeit der Beschlussfassung des Kreistages auszusetzen.

Mit Beschluss vom 18.6.2008 hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag als unzulässig verworfen. Die Übertragung der Durchführung des Rettungsdienstes stelle in Sachsen-Anhalt auch nach der Neufassung des RettDG-LSA zum ...

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