Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für die Anwendung der Härtefallklausel des § 1587c BGB

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Entscheidung über den Versorgungsausgleich sind die grundlegenden Entscheidungen des BVerfG und des BGH zu beachten (BVerfG v. 28.2.1980 - 1 BvL 17/77, 1 BvL 7/78, 1 BvL 9/78, 1 BvL 14/78, 1 BvL 15/78, 1 BvL 16/78, 1 BvL 37/78, 1 BvL 64/78, 1 BvL 74/78, 1 BvL 78/78, 1 BvL 100/78, 1 BvL 5/79, 1 BvL 16/79, 1 BvR 807/78, BVerfGE 53, 257 = MDR 1980, 469; v. 4.4.1984 - 1 BvR 1323/82, BVerfGE 66, 324 = MDR 1984, 729; v. 20.5.2003 - 1 BvR 237/97, FamRZ 2003, 1173; BGH, Beschl. v. 5.9.2001 - XII ZB 56/98, BGHReport 2001, 963 = FUR 2002, 86, m.w.N.).

Auch eine "innere Abwendung" eines Ehegatten ist im Rahmen des Versorgungsausgleichs unerheblich, da dieser nicht als Belohnung für eheliche Treue dienen soll, sondern die Abwicklung und Aufteilung einer Vermögensgemeinschaft bewirken soll.

 

Normenkette

BGB §§ 1587, 1587c

 

Verfahrensgang

AG Merseburg (Beschluss vom 27.07.2005; Aktenzeichen 19 F 5/03)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Ehemannes wird der Beschluss des AG Merseburg vom 27.7.2005 abgeändert:

Vom Versicherungskonto Nr. ... der Antragsgegnerin bei der LVA Sachsen-Anhalt werden Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 106,38 EUR monatlich, bezogen auf den 31.1.2003, auf das Versicherungskonto Nr. ... des Antragstellers bei der LVA Sachsen-Anhalt übertragen.

Der genannte Monatsbetrag ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Wert: 1.000 EUR.

 

Gründe

Durch Urt. v. 27.10.2004 wurde die Ehe der Parteien geschieden, der Versorgungsausgleich abgetrennt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das FamG den Versorgungsausgleich ausgeschlossen mit der Begründung, die Durchführung sei unbillig.

Eine grobe Unbilligkeit kann nach dem ermittelten Sachverhalt nicht festgestellt werden.

Die für die Beurteilung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen insb. der gemeinsamen Berechtigung der Eheleute auch nach Trennung und Scheidung am in der Ehe erworbenen Vermögen (BVerfG v. 28.2.1980 - 1 BvL 17/77, 1 BvL 7/78, 1 BvL 9/78, 1 BvL 14/78, 1 BvL 15/78, 1 BvL 16/78, 1 BvL 37/78, 1 BvL 64/78, 1 BvL 74/78, 1 BvL 78/78, 1 BvL 100/78, 1 BvL 5/79, 1 BvL 16/79, 1 BvR 807/78, BVerfGE 53, 257 [293 ff.] = MDR 1980, 469) wie auch der Anwendung der Härtefallklausel des § 1587c BGB zur Vermeidung verfassungswidriger Ergebnisse des Versorgungsausgleichs (BVerfG v. 4.4.1984 - 1 BvR 1323/82, BVerfGE 66, 324 [330] = MDR 1984, 729) hat das BVerfG bereits entschieden.

Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 GG schützt die Ehe als eine Lebensgemeinschaft gleichberechtigter Partner (BVerfGE 10, 59 [66 f.]; BVerfGE 35, 382 [408]). Die Ehegatten können ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung in gemeinsamer Verantwortung bestimmen und dabei insb. selbstverantwortlich darüber entscheiden, wie sie untereinander die Familien- und Erwerbsarbeit aufteilen wollen (BVerfG v. 14.7.1981 - 1 BvL 28/77, 1 BvL 48/79, 1 BvR 154/79, 1 BvR 170/80, BVerfGE 57, 361 [390] = MDR 1981, 988; v. 3.11.1982 - 1 BvR 620/78, 1 BvR 1335/78, 1 BvR 1104/79, 1 BvR 363/80, BVerfGE 61, 319 [347] = MDR 1983, 107; v. 10.1.1984 - 1 BvL 5/83, BVerfGE 66, 84 [94] = MDR 1984, 465; v. 14.11.1984 - 1 BvR 14/82, 1 BvR 1642/82, BVerfGE 68, 256 [268]). Dabei sind die jeweiligen Leistungen, die die Ehegatten im Rahmen ihrer innerfamiliären Arbeitsteilung erbringen, als grundsätzlich gleichwertig anzusehen. Haushaltsführung und Kinderbetreuung haben für das gemeinsame Leben der Ehepartner keinen geringeren Wert als das Erwerbseinkommen des berufstätigen Ehegatten (BVerfG v. 4.4.1984 - 1 BvR 1323/82, BVerfGE 66, 324 [330] = MDR 1984, 729; Beschl. v. 5.2.2002 - 1 BvR 105/95 u.a., amtlicher Umdruck, S. 18). Aus Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 GG folgt in diesem Zusammenhang, dass beide Eheleute gleichermaßen an dem in der Ehe erworbenen Vermögen berechtigt sind (BVerfG v. 28.2.1980 - 1 BvL 17/77, 1 BvL 7/78, 1 BvL 9/78, 1 BvL 14/78, 1 BvL 15/78, 1 BvL 16/78, 1 BvL 37/78, 1 BvL 64/78, 1 BvL 74/78, 1 BvL 78/78, 1 BvL 100/78, 1 BvL 5/79, 1 BvL 16/79, 1 BvR 807/78, BVerfGE 53, 257 [296] = MDR 1980, 469). Deshalb dürfen die während der Ehe nach Maßgabe der von den Ehegatten vereinbarten Arbeitsteilung erwirtschafteten Versorgungsanrechte nach der Scheidung gleichmäßig auf beide Partner verteilt werden (BVerfG v. 28.2.1980 - 1 BvL 17/77, 1 BvL 7/78, 1 BvL 9/78, 1 BvL 14/78, 1 BvL 15/78, 1 BvL 16/78, 1 BvL 37/78, 1 BvL 64/78, 1 BvL 74/78, 1 BvL 78/78, 1 BvL 100/78, 1 BvL 5/79, 1 BvL 16/79, 1 BvR 807/78, BVerfGE 53, 257 [296] = MDR 1980, 469). Der Versorgungsausgleich dient ebenso wie der Zugewinnausgleich der Aufteilung von gemeinsam erwirtschafteten Vermögen der Eheleute, welches nur wegen der in der Ehe gewählten Aufgabenverteilung einem der Ehegatten rechtlich zugeordnet war (BGH NJW 1990, 2746). Dabei korrespondiert mit der Rechtfertigung des Eingriffs in die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechts...

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