Leitsatz (amtlich)

Die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG gilt auch für formularmäßige Abfindungsvereinbarungen, die zwischen einen ehemaligen LPG-Mitglied und der LPG bzw. ihrem Rechtsnachfolger im Hinblick auf Ansprüche gem. §§ 44 Abs. 1 und 28 Abs. 2 LwAnpG getroffen werden.

 

Verfahrensgang

AG Dessau (Aktenzeichen 2 W 19/99)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den am 4.10.2000 verkündeten Beschluss des AG – Landwirtschaftsgericht – Dessau wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und hat die außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegnerin zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin macht Ansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG) geltend.

Zusammen mit ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann W. D. trat die Antragstellerin am 1.1.1966 in die LPG „F.” To./Th. ein. Ihr Ehemann brachte 14,2362 ha landwirtschaftliche Nutzfläche in die LPG ein und leistete einen Pflichtinventarbeitrag. 1974 beteiligte sich die LPG „F.” To./Th. an der KAP R., aus der 1977 die LPG (P) R. hervorging. Diese wurde wiederum 1990 aufgespalten. Die Bereiche Th., To. und Re. wurden von der LPG (T) übernommen, aus der die Antragsgegnerin 1991 im Wege der Umwandlung hervorgegangen ist.

Sowohl die Antragstellerin als auch ihr Ehemann sind im Rahmen der Umwandlung nicht aus der LPG ausgeschieden, sondern wurden Mitglieder der Antragsgegnerin. Mit Schreiben vom 29.4.1994 kündigten sie ihre Mitgliedschaft in der eingetragenen Genossenschaft und forderten den eingebrachten Inventarbeitrag zurück. Daraufhin hat der Ehemann der Antragstellerin am 18.11.1994 und am 21.3.1995 Teilzahlungen von insgesamt 4.105 DM erhalten.

Am 17.7.1995 unterzeichneten beide Eheleute jeweils eine von der Antragsgegnerin vorformulierte, als „Kündigung” bezeichnete Erklärung, die folgenden Inhalt hatte:

„Hiermit kündige ich meine Mitgliedschaft in der Landhof Th. e.G. zum 30.6.1995.

Ich erkläre ausdrücklich, dass ich nach erfolgter Auszahlung meiner Inventarbeiträge und Genossenschaftsanteile künftig keinerlei Ansprüche gegen die Landhof Th. e.G. mehr erheben kann.

Meine Ansprüche, die sich aus der Vermögensauseinandersetzung entsprechend § 44 des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes ergeben, sind somit voll abgefunden.”

Bei Unterzeichnung der Erklärungen erhielten die Antragstellerin und ihr Ehemann von der Antragsgegnerin einen Scheck über 4.420 DM, den sie am 19.7.1995 einlösten. Damit war der eingebrachte Inventarbeitrag vollständig zurückgezahlt.

Der Ehemann der Antragstellerin, W.D., verstarb am 7.8.1996. Er ist auf Grund des gemeinschaftlichen notariellen Testaments vom 15.1.1951 von der Antragstellerin allein beerbt worden.

Die Antragstellerin hat Ansprüche gem. § 44 Abs. 1 Nr. 2 LwAnpG geltend gemacht und für die Dauer der Nutzung des von ihrem Ehemann eingebrachten Bodens durch die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin eine Bodennutzungsvergütung von 29.877,09 DM verlangt. Sie hat gemeint, in dieser Höhe sei die Antragsgegnerin verpflichtet, ihr ein Barabfindungsangebot zu unterbreiten, was im Rahmen der Umwandlung der LPG unterblieben sei. Sie hat ferner die Auffassung vertreten, die Erklärungen vom 17.7.1995 könnten dieser Forderung nicht entgegengehalten werden, weil ein Verzicht auf einen Barabfindungsanspruch nicht möglich sei und es sich außerdem um eine Erklärung handele, die nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam sei.

Die Antragstellerin hat beantragt, festzustellen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, der Antragstellerin den Erwerb ihrer Mitgliedsrechte an der Antragsgegnerin gegen ein Barabfindungsangebot von 29.877,09 DM anzubieten.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

Sie hat sich auf die Erklärungen der Antragstellerin und ihres Ehemanns vom 17.7.1995 berufen und die Ansicht vertreten, ein Anspruch auf Abfindung oder bare Zuzahlung sei hierdurch wirksam ausgeschlossen.

Das Landwirtschaftsgericht hat sich dieser Rechtsansicht angeschlossen und den Antrag der Antragstellerin mit der Begründung zurückgewiesen, es liege ein wirksamer Verzicht vor, der alle Nachforderungen ausschließe.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, die einen Anspruch aus § 44 LwAnpG in zweiter Instanz nicht weiter verfolgt, sondern eine Barabfindung bzw. bare Zuzahlung verlangt. Sie ist aber nach wie vor der Auffassung, der in den Erklärungen vom 17.7.1995 enthaltene Verzicht sei unwirksam. Zum einen ergebe sich dies schon daraus, dass auf einen Anspruch vor dessen Entstehung verzichtet worden sei, was rechtlich nicht zulässig sei. Außerdem habe sie, die Antragstellerin, bei der Kündigung nichts von einem Barabfindungsanspruch gewusst, sodass sie hierauf auch nicht wirksam habe verzichten können. Die Antragstellerin hält die Kündigungen vom 17.7.1995 als solche für unwirksam, da bereits eine wirksame Kündigung vorausgegangen sei. Hieraus, so meint sie, sei der Schluss zu ziehen, dass die Erklärung insgesamt gegenstandslos sei. Sie wendet ferner ein, die streitigen...

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