Leitsatz (amtlich)

Die Auflassung entfaltet bereits dann materiell-rechtliche Wirkung und ist für das Grundbuchamt vollziehbar, wenn das von beiden Seiten gemeinte Grundstück zweifelsfrei identifizierbar aus der Erklärung hervorgeht, wozu die Straße und die Hausnummer einer Gemeinde genügen, wenn das zum Anwesen gehörende Grundstück hinreichend eindeutig abgegrenzt ist. Einer mit dem Grundbuch übereinstimmenden oder auf das Grundbuchblatt hinweisenden Bezeichnung bedarf es nicht. § 28 GBO ist lediglich Verfahrensrecht und hat für die sachlich-rechtliche Wirkung der Auflassung keine Bedeutung. Die Eintragungsbewilligung lässt sich in diesem Fall unter Wahrung des § 28 GBO von demjenigen, dessen Recht betroffen wird, einseitig nachholen.

Lässt sich der Gegenstand der Auflassung allerdings nicht einmal durch Auslegung klären, bedarf es für die Grundbucheintragung des Eigentumsübergangs zumindest der Identitätserklärung beider Vertragsteile in der § 29 GBO entsprechenden Form.

 

Verfahrensgang

AG Wittenberg (Beschluss vom 21.06.2012)

 

Tenor

Auf die Grundbuchbeschwerde der Beteiligten zu 1) vom 29.5.2013 wird der Beschluss des AG - Grundbuchamt - Wittenberg vom 21.6.2012 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, das Eintragungsersuchen der Notarin C. U. vom 29.3.2012 hinsichtlich des ½ Miteigentumsanteils des Beteiligten zu 2) an dem Grundstück "K. Dorf 29" Flur ..., Flurstück .../12 der Gemarkung B., verzeichnet im Grundbuch von B. Blatt ... zu vollziehen.

Ferner wird das Grundbuchamt angewiesen, die zugunsten des Beteiligten zu 2) im Grundbuch von B. Blatt ... in Abteilung II Nr. 4) eingetragene Auflassungsvormerkung zu löschen.

Die weiter gehende Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zur Hälfte zu tragen.

 

Gründe

I. Im Grundbuch von B. Blatt ... sind als Eigentümer der im Beschlussrubrum näher bezeichneten, verfahrensgegenständlichen Grundstücke die Beteiligten zu 1) und zu 2) zu je ½ eingetragen.

Am 7.6.2011 schlossen sie in einem vor dem 1. Senat für Familiensachen des OLG geführten Verfahren zu Protokoll der mündlichen Verhandlung einen Vergleich, dessen Ziff. 1) wie folgt lautet:

"Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass das in ihrem Miteigentum stehende Hausgrundstück in W. Ortsteil K. Dorf Nr. 29 zu Alleineigentum auf die Antragsgegnerin (Beteiligte zu 1) mit den bisherigen Lasten übergeht."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vergleichstextes wird auf die zur Akte gereichte Abschrift der Sitzungsniederschrift (Bl. 65 d.A.) Bezug genommen.

In Vollziehung dieses Vergleichs ließ der Beteiligte zu 2) mit einer vor der Notarin C. U. am 20.3.2012 zur Urkundenrollen-Nr. 411/2012 beurkundeten Erklärung den auf seinen Namen eingetragenen ½ Miteigentumsanteil an den Grundstücken belegen in der Gemarkung B. Flur ..., Flurstück .../6 in Größe von 9,11a und Flur ... Flurstück .../12 in Größe von 8,51a, eingetragen im Grundbuch von B. Blatt ... - Bestandsverzeichnis Nr. 5 und 6 - an die Beteiligte zu 1) auf und bewilligte und beantragte die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch. Zugleich bewilligte und beantragte er die Löschung der im Grundbuch von B. Blatt ... in Abteilung II Nr. 4 zu seinen Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkung.

Die Urkundsnotarin hat darauf mit Schriftsatz vom 29.3.2012 unter Vorlage einer Ausfertigung der Urkunde vom 20.3.2012, einer vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs vom 7.6.2011 und der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes die Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 1) gem. § 15 GBO beantragt.

Mit Beschluss vom 21.6.2012 hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Vergleich vom 7.6.2011 die Eintragungsbewilligung zwar grundsätzlich ersetzen könne, die darin enthaltene Bezeichnung des übertragenen Grundstücks würde allerdings nicht den Erfordernissen des § 28 GBO entsprechen. Die durch den Beteiligten zu 2) mit notarieller Urkunde vom 20.3.2012 erklärte Auflassung bezüglich der beiden darin bezeichneten Grundstücke genüge ebenfalls nicht, zumal der Gegenstand der Einigungserklärung im gerichtlichen Vergleich nicht mit dem der Auflassungserklärung nebst Eintragungsbewilligung vom 20.3.2012 identisch sei.

Mit ihrer hiergegen gerichteten - unmittelbar beim OLG eingelegten - Beschwerde vom 29.5.2013 vertritt die Beteiligte zu 1) die Ansicht, dass das Grundbuchamt ihr Eintragungsersuchen zu Unrecht zurückgewiesen habe. Soweit in dem gerichtlichen Vergleich vom 7.6.2011 der zu übereignende Grundbesitz nicht übereinstimmend mit dem Grundbuch bezeichnet worden sei, sei dieser Mangel durch den Inhalt der notarieller Urkunde der Notarin C. U. vom 20.3.2012 geheilt und die Bezeichnung der Grundstücke in der darin enthaltenen Eintragungsbewilligung und dem Eintragungsantrag nachgeholt worden.

II. Der Senat hat davon abgesehen, das unmittelbar bei ihm als Beschwerdegericht eingelegte Rechtsmittel dem Grundbuchamt vorab zur Durchführung d...

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