Leitsatz (amtlich)

1. Im vereinfachten Verfahren auf Kindesunterhaltsfestsetzung ist die ordnungsgemäße Vertretung von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung.

2. Ein nach Datum befristeter Unterhaltstitel kann im vereinfachten Verfahren der Kindergeldanrechnung nicht zu einem zeitlich unbefristeten Titel umgewandelt werden.

 

Normenkette

KindUG Art. 4, 2; ZPO §§ 655-656; BGB §§ 1612b, 1612c

 

Verfahrensgang

AG Eisleben (Aktenzeichen F 68/00)

 

Tenor

Der Beschluss des AG Eisleben vom 16.5.2001 wird mit dem zu Grunde liegenden Verfahren aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das AG zurückverwiesen.

 

Gründe

Am 29.12.2000 ging beim AG Eisleben ein Antrag auf Abänderung eines Unterhaltstitels ein, mit dem für den Zeitraum ab 1.1.2001 gem. Art. 4 § 2 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts eine Änderung der Anrechnung der kindbezogenen Leistungen gem. § 1612b BGB begehrt wurde. In dem abzuändernden Titel, einer Urkunde über die Abänderung einer Unterhaltsleistung vom 15.12.1999, hatte sich der Unterhaltsschuldner und jetzige Antragsgegner verpflichtet, an seinen Sohn für die Zeit vom 1.12.1999 bis zum 31.5.2009 Unterhalt i.H.v. 105,7 % des jeweiligen Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe zu zahlen.

Der hierauf vom AG am 16.5.2001 erlassene Unterhaltsfestsetzungsbeschluss leidet an so wesentlichen Mängeln, dass der Beschluss mit dem zu Grunde liegenden Verfahren aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das AG zurückverwiesen werden musste. Der Antrag vom 29.12.2000 ist gestellt worden vom Jugendamt des Landkreises Mansfelder Land als Beistand für das Kind R. B. Dem Antrag nicht beigefügt war die entsprechende Urkunde, mit der die Beistandschaft ggü. dem AG hätte nachgewiesen werden müssen. Es steht somit nicht fest, ob überhaupt eine ordnungsgemäße Vertretung gegeben ist. Diese von Amts wegen zu beachtende Verfahrensvoraussetzung ist vom AG nicht beachtet worden.

Darüber hinaus bestehen auch Bedenken bezüglich der inhaltlichen Richtigkeit des vom AG erlassenen Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses. In dem abzuändernden Unterhaltstitel bestand die Verpflichtung, für den Unterhaltsschuldner bis zum 31.5.2009 Unterhalt zu zahlen. Diese zeitliche Befristung hat das AG nicht in den von ihm erlassenen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss mit übernommen. Deshalb liegt eine inhaltliche Änderung des ursprünglichen Titels vor, die in dem hier vorliegenden Verfahren gem. § 655 ZPO nicht erfolgen darf. Auch die Tenorierung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses ist nicht korrekt. Dort ist durch die Formulierung „auf den Unterhalt ist das hälftige staatliche Kindergeld für ein erstes Kind anzurechnen, soweit dieses zusammen mit dem Unterhalt 135 % des Regelbetrages übersteigt” eine abstrakte Kindergeldanrechnung vorgenommen worden, die unzulässig ist. Hier hätte der konkrete, derzeitige anrechenbare Kindergeldanteil genannt werden müssen. Allein die Wiederholung des Gesetzeswortlautes hat lediglich zur Folge, dass der Titel wegen Unbestimmtheit nicht vollstreckungsfähig ist.

Der Beschwerdeführer sei darauf hingewiesen, dass er mit seinem Einwand der Leistungsunfähigkeit, bzw. der beschränkten Leistungsfähigkeit, im Verfahren gem. § 655 ZPO weder in der ersten Instanz noch in der Beschwerdeinstanz gehört werden kann. Die im vorliegenden Verfahren zulässigen Einwendungen ergeben sich aus § 655 Abs. 3 ZPO. Danach können nur Einwendungen gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens, gegen den Zeitpunkt der Abänderung oder gegen die Berechnung des Betrages der nach den §§ 1612b, 1612c BGB anzurechnenden Leistungen erhoben werden. Der Einwand der beschränkten Leistungsfähigkeit ist dort nicht genannt, er kann somit im Verfahren gem. § 655 ZPO nicht erhoben werden. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Unterhaltsschuldner keine inhaltliche Überprüfung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses erreichen kann, wenn er meint, den durch die Änderung der Kindergeldanrechnung entstandenen Nettozahlbetrag nicht zahlen zu können. Hierzu ist allerdings nicht das Beschwerdeverfahren vorgesehen, sondern gem. § 656 ZPO die Klage gegen den Abänderungsbeschluss.

gez. Dr. Friederici gez. Bisping gez. Wiedenlübbert

 

Fundstellen

Haufe-Index 1108705

EzFamR aktuell 2002, 57

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