Leitsatz (amtlich)

Eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG setzt jedenfalls Vortrag voraus, dass der Prozessbevollmächtigte nach Erhalt der gegnerischen Beschwerdeschrift geprüft hat, ob für seine Mandantschaft etwas zu veranlassen ist.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Beschluss vom 12.12.2019; Aktenzeichen 6 O 377/17)

 

Tenor

Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Halle vom 12. Dezember 2019 wird aufgehoben.

Der Antrag der Beklagten zu 2) auf Festsetzung der Kosten für das Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht (7 W 36/19) betreffend das Befangenheitsgesuch wird zurückgewiesen.

Die Beklagte zu 2) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 558,11 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg hatte im Beschwerdeverfahren zu dem Geschäftszeichen 7 W 36/19 über die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den ihr Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluss des Landgerichts Halle vom 30. August 2019 zu entscheiden. Mit Beschluss vom 17. Oktober 2019 wies der 7. Zivilsenat die sofortige Beschwerde zurück und legte der Klägerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf.

Daraufhin setzte auf Antrag der Beklagten zu 2) vom 13. November 2019 (0,5 Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG zzgl. Umsatzsteuer) die Kostenbeamtin des Landgerichts Halle die von der Klägerin an die Beklagte zu 2) aufgrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Naumburg vom 17. Oktober 2019 zu erstattenden Kosten für das Beschwerdeverfahren auf 558,11 EUR nebst Zinsen fest. Der Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 17. Dezember 2019 zugestellt.

Am gleichen Tage legte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss sofortige Beschwerde ein und begründete das Rechtsmittel dahin, dass nicht erkennbar sei, womit die festgesetzte Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG verdient sei. Die Beklagte zu 2) habe sich im Beschwerdeverfahren zu keinem Zeitpunkt schriftsätzlich geäußert. Allein die Entgegennahme eines gegnerischen Rechtsmittels erfülle den Gebührentatbestand nicht. Mit Beschluss vom 20. Januar 2020 hat die Kostenbeamtin des Landgerichts Halle der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die gemäß § 104 Absatz 3 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist auch begründet.

Der angefochtene Beschluss war deshalb aufzuheben und der Antrag der Beklagten zu 2) auf Festsetzung der Kosten für das Beschwerdeverfahren zurückzuweisen. Eine 0,5-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3500 VV RVG ist vorliegend nicht verdient.

Prüft ein Prozessbevollmächtigter der Partei, gegen die sich ein Rechtsmittel richtet, nach Erhalt der Beschwerdeschrift, ob etwas für seine Mandantschaft zu veranlassen ist, fällt die vorgenannte Gebühr zwar an. Die Beklagte zu 2) hat indes nicht vorgetragen, dass ihre Prozessbevollmächtigten eine derartige Prüfung vorgenommen haben. Der Festsetzungsantrag schweigt hierzu. In der Erwiderung auf die sofortige Beschwerde haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2) lediglich beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen, und allgemein behauptet, der Gebührentatbestand werde bereits durch das Entgegennehmen einer Beschwerdeschrift ausgelöst. Diese Ansicht teilt der Senat nicht. Eine Darlegung der tatsächlichen Tätigkeiten der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2) zur Begründung des Gebührentatbestandes ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Eine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Prüfung des entgegengenommenen Rechtsmittels darf auch nicht ohne Weiteres unterstellt werden. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, insoweit Vermutungen anzustellen (z. B. OLG Jena, Beschluss vom 14. August, 1 W 355/15, zitiert nach beckonline).

Da die sofortige Beschwerde Erfolg hat, trägt die Beklagte zu 2) die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beruht auf der sich aus dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss für die Klägerin ergebenden Beschwer.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14275022

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