Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzansprüche wegen abgasbeeinflussender Software

 

Normenkette

BGB §§ 31, 823 Abs. 2, § 826; StGB § 263; WpHG § 15

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Urteil vom 08.11.2019; Aktenzeichen 71 O 2126/18)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 08.11.2019, Az. 71 O 2126/18, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ingolstadt sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Gegenstand der am 13.12.2018 eingereichten Klage sind Ansprüche, die der Kläger gegen die Beklagte als Herstellerin eines Fahrzeugs geltend macht, in dessen Motor der Kennung EA 189 eine abgasbeeinflussende Software verbaut worden ist.

Der Kläger erwarb am 19.04.2016 von der Firma Autohaus L. in D. einen gebrauchten PKW Audi A4 Avant 2.0 TDI zum Preis von 15.700,00 Euro, Anlage K 1.

In dem Fahrzeug war eine Motorgerätesoftware verbaut, durch welche im Prüfstandlauf (NEFZ) bessere Stickoxidwerte (NOx) erzielt werden als im realen Fahrbetrieb. Das vom Kraftfahrtbundesamt genehmigte Software-Update wurde am 11.01.2017 aufgespielt.

Nach Bekanntwerden des "Abgasskandals" schaltete die Beklagte im Herbst 2015 eine Internetwebseite, auf der sich Kunden mit Hilfe der Fahrzeug-Identifkationsnummer darüber informieren können, ob ihr Fahrzeug von der Manipulation betroffen ist. Dies wurde in den Medien auch bekannt gemacht.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei ihm zum Schadensersatz verpflichtet. Durch das Inverkehrbringen von Dieselmotoren unter Verschweigen der gesetzwidrigen Softwareprogrammierung habe sie den Kläger geschädigt. Die Beklagte habe sittenwidrig gehandelt. Der Kläger macht schriftsätzlich geltend, er hätte das Fahrzeug nicht gekauft, wenn er von dem Mangel Kenntnis gehabt hätte. Er habe einen wirtschaftlich nachteiligen Vertrag abgeschlossen. Das Softwareupdate sei nicht geeignet, den Schaden zu beseitigen. Es seien konkrete negative Auswirkungen des Updates (erhöhte Kraftstoffverbrauchswerte, verringerte Motorleistung und Drehmoment sowie höhere Geräuschemissionen und erhöhter Verschleiß) zu befürchten. Die Grenzwerte würden weiterhin nicht eingehalten. Es bestehe ein Schadensersatzanspruch nach §§ 826, 31 BGB sowie nach §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. § 263 StGB.

Die Beklagte ist der Auffassung, sie habe den Kläger nicht über Eigenschaften des Motors getäuscht. Die Beklagte habe den Motor nicht hergestellt. Es fehle an einer Täuschung und zudem jedenfalls an einer kausalen Erregung eines Irrtums bei dem Kläger, da dieser das Fahrzeug erst nach Bekanntwerden des Abgasskandals erworben habe. Er habe Kenntnis vom Abgasskandal und auch von der Betroffenheit des Fahrzeugs gehabt. Es werde bestritten, dass die Betroffenheit des Fahrzeugs vom Abgasskandal für die Kaufentscheidung des Klägers relevant gewesen sei. Der Kläger habe auch keinen Schaden erlitten. Das Software-Update habe keinerlei negative Auswirkungen auf das Fahrzeug.

Wegen der festgestellten Tatsachen und weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, § 540 ZPO.

Das Landgericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 15.10.2019 angehört. Auf das Protokoll (Bl. 159 ff d.A.) wird verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 08.11.2019 abgewiesen mit der Begründung, der Kläger sei nicht getäuscht worden, da er das Fahrzeug etwa sieben Monate nach Bekanntwerden des Dieselskandals kaufte. Das Gericht halte es für ausgeschlossen, dass der Kläger nichts von der Betroffenheit des Fahrzeugs gewusst habe. Der Abgasskandal habe ab Herbst 2015 ein enormes Medienecho verursacht. Letztlich habe der Kläger bei seiner Anhörung auch selbst erklärt, dass er von der Dieselthematik Kenntnis gehabt habe. Er habe hierüber mit dem Verkäufer gesprochen, dieser habe ihm geantwortet, dass "nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird". Spätestens mit dieser Erklärung habe der Kläger sichere Gewissheit von der Betroffenheit des Wagens gehabt. Auch die weiteren Darlegungen des Klägers würden bestätigen, dass ihn die (bekannte) Betroffenheit nicht weiter gestört habe. Es fehle zudem am Vorsatz der Beklagten, da sie zum Zeitpunkt des Kaufs bereits auf ihrer Webseite die Möglichkeit eingerichtet habe, sich durch Eingabe der Fahrgestellnummer über die Betroffenheit des Fahrzeugs zu informieren.

Dagegen richtet sich die von dem Kläger eingelegte Berufung, mit der er seinen erstinstanzlich gestellten Antrag vollumfänglich weiter verfolgt. Der Kläger habe erst mit dem Update von der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom Dieselskandal erfahren. Auch eine grob fahrlässige Unkenntnis liege nicht vor. Seine Äußerungen bei der Anhörung würden nicht den Schluss zulassen, dass er positive Kenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeugs gehabt habe. Dabei stützt sich der Kläger auf Hi...

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