Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 12.08.2010; Aktenzeichen 19 O 19214/06)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Berufung der Klägerin vom 17.09.2010 wird das Endurteil des LG München I vom 12.08.2010 (Az. 19 O 19214/06), soweit die Klage abgewiesen wurde, aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG München I zurückverwiesen.

  • 2.

    Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem LG München I vorbehalten. Gerichtsgebühren für die Berufungsinstanz sowie gerichtliche Gebühren und Auslagen, die durch das aufgehobene Urteil verursacht worden sind, werden nicht erhoben.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  • 4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Verdienstausfallschaden für die Zeit bis April 2009, weiteres Schmerzensgeld sowie Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden aus einem Verkehrsunfall vom 05.06.1994 geltend, bei welchem die damals 16-jährige Klägerin als Mitfahrerin im Wohnmobil ihres Vaters schwer verletzt wurde. Die alleinige Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherung dem Grunde nach steht außer Streit. Die Klägerin erlitt u.a. eine Milzruptur mit späterer Milzentfernung, eine Commotio und eine Lungenkontusion. Streitig ist zwischen den Parteien, ob eine Anorexie mit Zwangssymptomatik unfallursächlich ist und inwieweit die Klägerin dadurch erwerbsunfähig ist und ihr Verdienstausfall entstand.

Die Klägerin absolvierte eine Ausbildung zur Arzthelferin im Juli 2002. Im Schwerbehindertenausweis vom 30.07.2010 ist ein Grad der Behinderung von 70 eingetragen. Seit Oktober 2010 bezieht die Klägerin Erwerbsunfähigkeitsrente.

Die Klägerin trägt vor, sie habe wegen ihrer unfallbedingten psychischen Erkrankungen in der Folgezeit nach Beendigung ihrer Ausbildung eine Anstellung nicht finden können. Sie hätte als zahnmedizinische Fachangestellte im 8. Berufsjahr monatlich 2086 EUR verdient. Da die Tätigkeit im Großraum München ausgeübt worden wäre, sei ein Zuschlag von 20% angemessen. Ein weiterer Zuschlag von 30% sei erforderlich, da die Klägerin ohne den Unfall auf Grund ihrer Gymnasialausbildung einen höherwertigen Beruf erlernt und ausgeübt hätte.

Hierzu trägt die Klägerin zuletzt vor, sie habe schon als Kind vor dem Unfall gedacht, später im medizinischen/pflegerischen Bereich zu arbeiten und hänge sehr an ihrem Beruf. Die Berechnung des Verdienstausfalles im vorliegenden Verfahren sei in Abweichung vom schriftsätzlichen Vortrag im erlernten Beruf und der darin gegebenen Aufstiegsmöglichkeiten, etwa zur MTA, vorzunehmen.

Die Beklagten bestreiten die Unfallursächlichkeit der Anorexie und Zwangsymptomatik sowie eine darauf basierende Erwerbsunfähigkeit wie auch die Schadenshöhe.

Hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird im Übrigen auf das angefochtene Urteil vom 12.08.2010 (Bl. 154/171 d.A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat nach Beweisaufnahme die Beklagte zur Zahlung von Verdienstausfall in Höhe von 114.960,75 EUR nebst Zinsen sowie zur Zahlung von weiterem Schmerzensgeld in Höhe 17.896 EUR verurteilt, die Ersatzpflicht der Beklagten für künftige Schäden aus dem Unfallereignis festgestellt und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses der Klägerin am 18.08.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem beim Oberlandesgericht München am 17.09.2010 eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt (Bl. 182/183 d.A.) und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem beim Oberlandesgericht München am 20.05.2011 eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten (Bl. 200/202 d.A.) begründet. Die Beklagten haben eine beim Oberlandesgericht am 24.09.2010 eingegangene Berufung (Bl. 184/185 d.A.) mit einem beim Oberlandesgericht München am 08.10.2010 eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten (Bl. 198 d.A.) zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem Antrag erster Instanz zu erkennen,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht München I zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht München I zurückzuverweisen

Ergänzend wird auf die vorgenannte Berufungsbegründungsschrift, die Berufungserwiderung vom 30.09.2011 (Bl. 221/222 d.A.), den Schriftsatz der Klagepartei vom 21.09.2011 (Bl. 397/398 d.A.), die Verfügung vom 24.08.2011 (Bl. 204/210 d.A.) und die Sitzungsniederschrift vom 07.10.2011 (Bl. 223/225 d.A.) Bezug genommen.

B.

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache jedenfalls vorläufig Erfolg.

I. Das Landgericht hat nach derzeitigem Verfahrensstand zu Unrecht einen Anspruch der Klägerin auf weiteren Verdienstau...

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