Entscheidungsstichwort (Thema)

Rom I-VO auch im Verhältnis zur Türkei als Drittstaat anwendbar

 

Leitsatz (amtlich)

Die Rom I - VO ist gemäß Art. 2 Rom I - VO räumlich universell und damit auch im Verhältnis zur Türkei als Drittstaat anwendbar. (Rn. 19)

 

Normenkette

EGV 593/2008 Art. 2

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Urteil vom 10.01.2020; Aktenzeichen 55 O 2685/17)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 10. Januar 2020, Az. 55 O 2685/17, abgeändert und - teilweise zur Klarstellung - neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 71.625,39 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 27. Juli 2017 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Verfahren erster Instanz auf EUR 73.378,29, für das Berufungsverfahren auf EUR 75.131,19 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, Warenlieferungen der Klägerin zu bezahlen.

Die Klägerin ist ein Textilunternehmen mit Sitz in der Türkei, die Beklagte betreibt unter den Firmen "D. Fashion" mit Sitz in Griechenland und "E. Fashion" mit Sitz in Deutschland Geschäfte.

Die klageweise geltend gemachte Gesamtforderung stammt aus Warenlieferungen aus den Jahren 2015 und 2016 an die "D. Fashion" in Griechenland. Aus der Geschäftsbeziehung ist ein Betrag von $ 83.356,00 offen (K 1a), den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 20. November 2019 mit EUR 73.378,29 beziffert hat.

Zu dieser offenen Forderung haben die Klägerin und die Beklagte, handelnd durch den Zeugen P., in den Geschäftsräumen der Firma "E. Fashion" in Deutschland und unter Verwendung des Firmenstempels "E. Fashion" am 8. Dezember 2016 (K 2) und am 19. Mai 2017 (K 3) Ratenzahlungsvereinbarungen getroffen. Nach der "Zahlungsvereinbarung zwischen B. & E. Fashion (D.)" vom 8. Dezember 2016 (K 2) sollte die offene Gesamtsumme von $ 83.356,00 in sechs oder sieben Raten bis Juni 2017 vollständig an die Klägerin bezahlt werden. In der Ratenzahlungsvereinbarung vom 19. Mai 2017 einigten sich die Parteien auf eine Rückzahlung der Gesamtsumme in sechs Raten bis Ende November 2017. Die Beklagte hat auf diese Vereinbarungen keine Zahlungen erbracht.

Die Klägerin hat die Bezahlung der offenen Forderung mit Anwaltsschreiben vom 12. Juli 2017 (K 4) - gerichtet an die Beklagte unter der Adresse der deutschen Niederlassung - unter Fristsetzung zum 26. Juli 2017 und vorsorglicher Kündigung der getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung vergeblich angemahnt. Hierauf hat die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 16. August 2017 (K 5) finanzielle Probleme geltend gemacht und die Tilgung der Gesamtschuld durch monatliche Ratenzahlungen in Höhe von $ 10.000,00 in Aussicht gestellt.

Mit Anwaltsschreiben vom 31. August 2017 (K 6) hat die Beklagte erstmals schriftlich Mängel der Lieferungen und Zuviellieferungen eingewandt sowie, dass die Zahlungsvereinbarungen eigenmächtig vom Zeugen P. getroffen worden seien, weshalb sich die Beklagte nicht an sie gebunden fühle. "Gegenüber der in Deutschland ansässigen Fa. E. Fashion" gebe es keine offenen Forderungen der Klägerin.

Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt, die Beklagte zur Zahlung von EUR 73.378,29 nebst gesetzlicher Zinsen seit dem 27.07.2017 zu verurteilen. Sie hat behauptet, dass der für die deutsche "E. Fashion" tätige Zeuge P. die fraglichen Lieferungen bei der Klägerin bestellt habe. Dieser sei der Vertreter der Beklagten gewesen. Er habe die Geschäftsbeziehung zur Klägerin von Deutschland aus eigenständig betreut und sämtliche Gespräche über die Zahlungen im Auftrag und mit Kenntnis und Duldung der Beklagten geführt. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte sich das Handeln des Zeugen P. zurechnen lassen müsse. Alle sonstigen Geschäfte, die über den Zeugen abgeschlossen worden seien, seien von der Beklagten anstandslos bezahlt worden. Die Beklagte habe bis heute nicht näher dargelegt, welche Ware fehlerhaft oder nicht bestellt gewesen sei.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat vorgebracht, dass das Landgericht Landshut unzuständig sei, da die Beklagte ihren Wohnsitz in Griechenland habe. Der Zeuge P. sei zwar Angestellter der Beklagten, habe aber keine Vertretungs- oder Abschlussvollmacht für die beiden Unternehmen der Beklagten gehabt. Er habe keine für die Beklagte verbindlichen Vereinbarungen treffen können. Der Zeuge P. habe eingestanden, dass er die Zahlungsvereinbarung ohne Abstimmung und Zustimmung der Beklagten abgeschlossen habe, weil Hr. E. E. ihn...

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