Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine persönliche Haftung des Bezirkskaminkehrermeisters

 

Leitsatz (amtlich)

Der Bezirkskaminkehrermeister haftet bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in Bayern nicht als Gebührenbeamter persönlich. Vielmehr tritt für ihn nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG der Freistaat Bayern ein.

Das preußische "Gesetz über die Haftung des Staates und anderer Verbände für Amtspflichtverletzungen von Beamten bei Ausübung der öffentlichen Gewalt" vom 1.8.1909 (PrBHaftG) und damit dessen § 1 Abs. 3 über die persönliche Haftung des Gebührenbeamten, auf den sich die Entscheidung BGHZ 62, 372 bezieht, gilt in Bayern nicht.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 05.08.2003; Aktenzeichen 28 O 21313/02)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München I vom 5.8.2003 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls der Beklagte nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten, einen Bezirkskaminkehrermeister, Schadenersatzansprüche wegen der behaupteten Verletzung einer werkvertraglichen Hinweispflicht geltend.

Die Klägerin und ihr Ehemann erwarben 1990 das Anwesen ...-Straße 11 in ... Das Haus besaß zwei Kamine. An einen von ihnen war eine ältere Ölfeuerungsanlage im Keller angeschlossen. Dieser Kamin war zum Zeitpunkt des Hauskaufs mit einer Betonsteinplatte vollflächig abgedeckt. Unstreitig ist die Abdeckung nur bei einem Ersteigen des Dachs erkennbar. Die Klägerin beheizte das Haus über einen Kachelofen im Erdgeschoss, dessen Rauch über den zweiten Kamin abzog.

Der Beklagte übernahm den Kehrbezirk ebenfalls im Jahr 1990, aber nach dem Erwerb des Hauses durch die Klägerin und ihren Ehemann, von seinem Vorgängern ... .

Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Klägerin bzw. ihr Ehemann dem Beklagten sagten, die Ölfeuerungsanlage werde nicht betrieben (so die Klägerin) oder sei und bleibe stillgelegt (so der Beklagte).

In einer Rechnung vom 9.12.2000 machte der Beklagte ggü. dem Ehemann der Klägerin "nach der Kehrordnung (KÜO) vom 18.12.1997 sowie der Gebührenordnung (KÜGebO) vom 9.12.1999 u.a. die Position "Rauchkamin kehren; Zentrale Feuerstätten für flüssige Brennstoffe" einen Betrag von 9,84 DM netto geltend. Außerdem ist von "Rückstände wegschaffen" die Rede.

Die Klägerin und ihre Familie fuhren am 1.1.2001 in den Skiurlaub.

Während ihrer Abwesenheit schaltete sich der Brenner der Ölfeuerungsanlage ein.

Im Kaminzug für die Ölfeuerungsanlage ereignete sich, weil der Rauch aufgrund der Betonplatte nicht abziehen konnte, eine Rauchgasexplosion, durch die Ruß über die Belüftungsschächte in die Zimmer des Anwesens gedrückt wurde. Dabei entstand erheblicher Sachschaden.

Dies wurde am 5.1.2001 festgestellt. Am 6.1.2001 kehrte die klägerische Familie aus dem Skiurlaub zurück.

Die Hausratversicherung erstattete der Klägerin und ihrem Ehemann einen Betrag von 130.680 DM. Den Neuwert des zerstörten Hausrats bezifferte der Sachverständige der Versicherung mit 177.965 DM, die Kosten für Entsorgung und auswärtige Unterbringung der klägerischen Familie mit 19.790 DM. Die Differenz der Summe zum Auszahlungsbetrag von 67.075 DM stellt die Klageforderung dar.

Die Klägerin hat behauptet, sie und ihr Ehemann hätten von der Abdeckung des Kamins nichts gewusst.

Aufgrund der Abkühlung des Hauses habe der Raumthermostat im Esszimmer Wärme angefordert und damit das Anlaufen des betriebsbereiten Brenners ausgelöst.

Der Vater ihres Ehemanns, ..., habe, als er das Haus am 5.1.2001 betreten habe, den Schaden bereits vorgefunden.

Die Neuwertbestimmung des Hausrats durch den Versicherungssachverständigen sei zutreffend.

Der Anspruch ergebe sich aus dem Quotenvorrecht ggü. dem Hausratversicherer.

Die Klägerin hat beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 34.294,80 Euro zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.11.2001 zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Er hat vorgebracht, die Beklagte sei nicht passiv legitimiert, da die Feuerstättenschau gem. § 3 Schornsteinfegergesetz hoheitlich geregelt sei.

Der Vater des Ehemannes der Klägerin habe, statt den Kachelofen anzuheizen, die Ölfeuerungsanlage angestellt. Es sei technisch nicht vorstellbar, dass sich die Heizung nach zwölf Jahren selbständig eingeschaltet habe. Die elektrische Leitung zum Thermostat sei nicht über zwölf Jahre eingeschaltet geblieben.

Das LG München wies die Klage mit Endurteil vom 5.8.2003 ab. Nach der Auffassung des LG durfte sich der Beklagte auf die Zusicherung der Klägerin und ihres Ehemanns verlassen, dass die Ölheizung nicht in Betrieb genommen werde.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Die Klägerin bringt vor, die Ölfeuerungsanlage sei nach dem Hauserwerb niemals benutzt ...

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