Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Widerspruchsrecht nachrangiger Insolvenzgläubiger; zur Karenzentschädigung bei Verzicht auf das Wettbewerbsverbot nach Beendigung des Anstellungsvertrags; Höhe der Karenzentschädigung bei Firmenwagen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch wenn das Insolvenzgericht nicht besonders zur Anmeldung nachrangiger Gläubiger aufgefordert hat, kann ein Insolvenzgläubiger, der eine nachrangige Forderung zur Ta-belle angemeldet hat, der Forderung eines anderen, nicht nachrangigen Insolvenzgläu-bigers nach § 178 Abs. 1 InsO widersprechen.

2. Verfolgt ein Insolvenzgläubiger seinen Widerspruch gegen eine Forderung, für die nach § 179 Abs. 2 InsO ein Endurteil vorliegt, im Wege der Berufung gegen das Endurteil weiter, hat der Berufungsbeklagte nicht bloß die Zurückweisung der Berufung zu beantragen, sondern seinen Antrag auf Feststellung der Forderung aus dem Endurteil zur Tabelle um-zustellen.

3. Ist in einem GmbH-Geschäftsführeranstellungsvertrag ein Wettbewerbsverbot gegen Ka-renzentschädigung vereinbart, kann die Gesellschaft, wenn nichts anderes vereinbart ist, auch nach Beendigung des Anstellungsvertrags auf das Wettbewerbsverbot verzichten mit der Folge, dass die Karenzentschädigung entfällt. Allerdings ist in diesem Fall das Dispositionsbedürfnis des ehemaligen Geschäftsführers zu berücksichtigen, der bis zur Ausübung des Verzichts davon ausgehen durfte, er müsse seinen Lebensunterhalt auf einem anderen Geschäftssektor suchen und könne insoweit auf die Karenzentschä-digung zurückgreifen. Die Pflicht zur Zahlung der Karenzentschädigung entfällt daher erst nach Ablauf einer der Kündigungsfrist entsprechenden Dispositionsfrist.

4. Hat eine GmbH ihrem Geschäftsführer nach dem Anstellungsvertrag einen Firmenwagen auch zur privaten Nutzung überlassen und bemisst sich die Höhe der Karenzent-schädigung nach der gesamten monatlichen Brutto-Vergütung, ist der monatliche Wert der privaten Nutzungsmöglichkeit des Firmenwagens nicht mit dem Kostenvorteil nach der ADAC-Autokostenberechnung, sondern mit der steuerlichen Bewertung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG anzusetzen.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 20.10.2010; Aktenzeichen 13 HKO 5122/09)

 

Tenor

I. Unter Abänderung des Endurteils des LG München I vom 20.10.2010 werden die vom Kläger am 8.12.2009 in dem beim AG München unter dem Az. 1500 IN 1646/09 über das Vermögen der Beklagten geführten Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen wie folgt zur Tabelle festgestellt:

70.077,52 EUR Lohnforderung

1.181,77 EUR Zinsen

2.237,55 EUR Kosten

73.496,84 EUR Gesamtforderung

Insoweit wird die Berufung zurückgewiesen. Im Übrigen wird der Widerspruch der Berufungsklägerin vom 14.1.2010 für begründet erklärt.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 2/5, die Berufungsklägerin 3/5. Von den Kosten erster Instanz tragen der Kläger 16/25, die Beklagte 9/25.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, der Berufungsbeklagter ist, und die Berufungsklägerin streiten um die Feststellung einer vom Kläger angemeldeten Forderung zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über die Beklagte.

Der Kläger ist zusammen mit der Berufungsklägerin Gesellschafter der Beklagten und war deren Geschäftsführer. Im Geschäftsführerdienstvertrag vom 27.5.2004 war für die Dauer von zwei Jahren ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot geregelt, während dessen sich die Beklagte zur Zahlung einer Karenzentschädigung verpflichtet hatte.

Am 3.9.2008 kündigte der Kläger den Geschäftsführerdienstvertrag außerordentlich, mit Schreiben vom 18.12.2008 verzichtete die Beklagte auf das im Geschäftsführerdienstvertrag niedergelegte Wettbewerbsverbot.

Der Kläger begehrte von der Beklagten erstinstanzlich sein Geschäftsführergehalt bis zum Zeitpunkt der außerordentlichen Kündigung sowie Schadensersatz, weil er durch vertragswidriges Verhalten der Beklagten und der Berufungsklägerin als Gesellschafterin der Beklagten zur außerordentlichen Kündigung veranlasst worden sei, und Karenzentschädigung.

Das LG hat aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18.8.2009 mit Endurteil vom 20.10.2009 die Beklagte zur Zahlung des anteiligen Septembergehalts 2008 sowie einer monatlichen Karenzentschädigung bis einschließlich 4.9.2010 verurteilt. Soweit der Kläger Schadensersatz begehrte, hat es die Klage abgewiesen, weil es ein vertragswidriges Verhalten der Beklagten, welches den Kläger berechtigt hätte, seinen Geschäftsführerdienstvertrag außerordentlich zu kündigen, verneinte.

Am 8.10.2009 wurde über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger hat seine im Endurteil des LG München I vom 20.10.2010 festgestellte Forderung i.H.v. 124.660,07 EUR sowie seinen Kostenerstattungsanspruch gemäß Kostenfestsetzungsbeschluss des LG München I vom 2.12.2009 i.H.v. 2.184 EUR beim Insolvenzverwalter der Beklagten angemeldet. Die Berufungsklägerin, selbst Gläubigerin der Beklagten, hat die Forderungen des Klägers bestritten. Ihren im Insolvenzverfahren erk...

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