Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflicht zur Offenbarung der Verkäuferidentität beim Vertrieb von Veranstaltungstickets über eine Internet-Plattform

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 5a Abs. 3 Nr. 2 Hs. 2 UWG verpflichtet den Unternehmer dazu, "gegebenenfalls die Identität und Anschrift des Unternehmers, für den er handelt", anzugeben. Von einem Handeln für einen anderen Unternehmer ist nicht nur bei einem Handeln im Namen eines anderen (offene Stellvertretung) auszugehen. Erfasst wird vielmehr auch ein Handeln zugunsten eines anderen Unternehmers. (Rn. 47)

2. Bei dem Erwerb von Veranstaltungstickets über eine Plattform besteht bei dem Verbraucher u.U. das Bedürfnis, vor Abschluss des Kaufvertrages Erkundigungen über den Verkäufer einzuholen, um sicher zu gehen, dass er die ins Auge gefasste Veranstaltung auch tatsächlich besuchen kann und dem keine Umstände entgegenstehen, die in der Person des Verkäufers liegen, oder ob der Verkäufer etwa der Veranstalter selbst ist. Hierfür benötigt er Informationen über den Verkäufer. (Rn. 54)

 

Normenkette

DSGVO Art. 6 Abs. 1; TMG § 13 Nr. 6, § 17; UWG § 5a Abs. 2, 3 Nr. 3, § 11 Abs. 1

 

Tenor

I. f die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 04.06.2019 (Az. 33 O 6588/17) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I. e Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von Euro 5 bis Euro 250.000, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Vorstandsmitgliedern, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern

1. auf der Internetseite www.v. .de den Verkauf von Eintrittskarten zu ermöglichen, ohne dass ein Käufer über die Identität und Anschrift des Verkäufers informiert wird und zwar bei unternehmerisch handelnden Verkäufern rechtzeitig vor Abgabe der Vertragserklärung des Käufers und wenn dies wie aus Anlage K2 sichtlich geschieht,

((Abbildungen))

2. und/oder

a) den Verkauf von Eintrittskarten wie aus Anlage K 11 und K 12 ersichtlich (und dort mit einem Pfeil gekennzeichnet) blickfangmäßig hervorgehoben mit einer Garantie zu bewerben, sofern nicht in unmittelbarer Nähe der Garantie die Garantiebedingungen wiedergegeben werden, und/oder

b) auf der Internetseite www.v. .de den Verkauf von Eintrittskarten damit zu bewerben, dass die Lieferung "gültiger Tickets" garantiert werde, wenn die beworbene Eintrittskarte kein Recht zum Besuch der jeweiligen Veranstaltung verschafft, wenn dies geschieht, wie aus Anlage K 11 und K 12 ersichtlich und dort jeweils mit Pfeil gekennzeichnet,

((Abbildungen))

II. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Kläger und Beklagte haben je 1/2 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

II. Im übrigen wird die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 04.06.2019 (Az. 33 O 6588/17) zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 2/5 und die Beklagte 3/5.

IV. Dieses Urteil und das Endurteil des Landgerichts München I vom 04.06.2019 (Az. 33 O 6588/17) in obiger Fassung sind vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I. Der Kläger und Berufungsbeklagte (kurz: Kläger) macht gegen die Beklagte und Berufungsklägerin (kurz: Beklagte) lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend.

Der Kläger ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen des Bundesverwaltungsamts unter lfd. Nr. 62 eingetragen, die Beklagte betreibt die Website www.v. .de, über die Interessierte Eintrittskarten u.a. für Sportveranstaltungen und Konzerte erwerben können. Die Beklagte selbst verkauft diese Tickets nicht, sondern stellt nur eine Online-Plattform zur Verfügung, auf der Dritte Tickets für Veranstaltungen anbieten können. Das Geschäftsmodell der Beklagten ist es, eine Plattform für den Ticket-Zweitmarkt zu bieten. Die Plattform nutzen zumindest auch private Anbieter, um Tickets zu bewerben und zu verkaufen. Die Beklagte hält spezifische Leitlinien für "Frequent Seller" bereit und gibt ein sog. "Frequent-Seller-Handbuch" (Anlage K 13) heraus. Die Preise für die auf der Plattform der Beklagten angebotenen Veranstaltungstickets werden stets von den Anbietern bestimmt.

Die auf der Internetseite der Beklagten abrufbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) bestimmen u.a. Folgendes:

3.4 Haftung. Sie erklären sich damit einverstanden, v., den Zahlungsdienstleister und ggf. alle Mutter- und Tochtergesellschaften, assoziierten Unternehmen, Führungskräfte, Direktoren, Rechtsanwälte, Vermittler und Mitarbeiter von v. oder dem Zahlungsdienstleister zu entschädigen und von jeglicher Haftung, allen Kosten und Ausgaben (einschließlich angemessener Anwaltsgebühren) freizustellen, die v., dem Zahlungsdienstleister und ggf. den Mutter- und Tochtergesellschaften, assoziierten Unternehmen, Führungskräfte, Direktoren, Vermittlern, Rechtsanwälten und Mitarbeitern von v. oder dem Zahlungsdienstleister durch eine von Ihnen zu vertretende schuldhafte Pflichtverletzung entstehen und die von Dritten gelten...

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