Entscheidungsstichwort (Thema)

Internationale Zuständigkeit für Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach Art. 5 Nr. 1b) bzw. 23 EuGVVO

 

Normenkette

EGV 44/2001 Art. 5 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 22.12.2009)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.02.2012; Aktenzeichen XI ZR 9/11)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des LG München I vom 22.12.2009 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird aus den in den Gründen ersichtlichem Umfang zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, eine Bank mit Sitz in München, verlangt von dem Beklagten, einem Rechtsanwalt in Paris, die Rückzahlung von drei Darlehen, die auf Konten der H., H. & Partner GbR, deren internationaler Partner der Kläger war, in München ausbezahlt und nach dem Ausbleiben von Ratenzahlungen durch die Klägerin gekündigt wurden. Ergänzend zu den Feststellungen im Ersturteil sind folgenden Tatsachen festzuhalten:

Gegenstand des Rechtstreits sind:

Bankdarlehen von 18.02./30.4.2002 über 51.988 EUR, Anl. K 5,

Bankdarlehen vom 12.1.2005 über 394.410,56, Anl. K 1 und

Bankdarlehen vom 27./28.6.2005 über 80.784,12 EUR, Anl. K 4.

Während das erste Darlehen als Verwendungszweck nur die Gesellschaftereinlage in die H., H. & Partner GbR ausweist, heißt es in den beiden Nachfolgenden auch: "Das Darlehen dient privaten Verwendungszwecken." Das erste Darlehen sah keine Regelung hinsichtlich des anwendbaren Rechts, des Gerichtsstands oder des Erfüllungsortes vor. Die beiden nachfolgenden Verträge bestimmen hingegen, dass die Pflichten und Rechte aus dem Vertrag deutschem Recht unterliegen, als Erfüllungsort wird München festgelegt und dass Rechtsstreitigkeiten, die sich aus dem Vertrag ergeben, vor die zuständigen Gerichte in München gebracht werden können. Alle drei Darlehensverträge sind von der Klägerin in München und von dem Beklagten in Paris unterzeichnet worden.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Vertragstexte in Anl. K1, 4 und 5 Bezug genommen.

Das LG München I hat gegen den Beklagten zunächst antragsgemäß ein Versäumnisurteil erlassen und dieses nach Einspruch mit Endurteil vom 22.12.2009 aufrechterhalten. Es hat insbesondere seine internationale Zuständigkeit angenommen, weil die Darlehensaufnahmen der beruflichen Tätigkeit des Beklagten zuzuordnen seien.

Hiergegen wendet sich der Beklagte und rügt weiterhin die fehlende internationale Zuständigkeit. Er hat keine Geschäftsführungsbefugnisse in der GbR gehabt. Seine Einlagen seien als Vermögensanlagen zu bewerten. Materiell-rechtlich macht er auf der Grundlage französischen Sachrechts die Nichtigkeit der Darlehensverträge geltend.

Er beantragt, unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie weist hin auf die fehlenden Verbrauchereigenschaft des Beklagten und den schon aus den tatsächlichen Umständen abzuleitenden Erfüllungsort in München.

Auf die umfangreichen rechtlichen Ausführungen der Parteien zur Frage der internationalen Zuständigkeit wird Bezug genommen. Der Senat hat ohne Beweisaufnahme entschieden.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das angefochtene Urteil weist keine Rechtsfehler auf. Das LG München I hat insbesondere seine internationale Zuständigkeit für die Rückzahlungsansprüche aus allen drei streitgegenständlichen Darlehen zutreffend angenommen. Diese ergibt sich aus Art. 5 Nr. 1b) bzw. 23 EuGVVO, deren Anwendung nicht durch Art. 16 Abs. 2 bzw. 17 EuGVVO ausgeschlossen ist, weil die Rückzahlungsansprüche aus diesen Darlehen keine Verbrauchersachen i.S.d. Art. 15 Abs. 1 EuGVVO sind.

Im Einzelnen:

1. Die internationale Zuständigkeit ist trotz des Wortlauts des § 513 Abs. 2 ZPO vom Berufungsgericht zu prüfen. Diese ergibt sich aus der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 deren Anwendungsbereich räumlich, sachlich, personell und zeitlich gem. Art. 1 Abs. 1 S. 1, 66 Abs. 1, 76 EuGVVO eröffnet ist.

2. Die internationale Zuständigkeit des LG München I für den Rückzahlungsanspruch aufgrund des Darlehens vom 18.02./30.4.2002 (K 5) beruht auf Art. 5 Nr. 1b) EuGVVO. Die Klägerin kann sich auf den besonderen Vertragsgerichtsstand berufen.

a) Die Dienstleistungen aus dem Darlehensvertrag waren in München zu erbringen. Dort befand sich der einheitliche Erfüllungsort gem. Art. 5 Nr. 1b) EuGVVO. In München war das Darlehen auszuzahlen, dort wurde das Kreditkonto geführt und die Kreditraten waren von dort geführten Konten einzuziehen, vgl. Anl. K 5 S. 3. Anders als bei Art. 5 Nr. 1a) EuGVVO ist der Erfüllungsort unabhängig von dem auf den streitgegenständlichen Anspruch anwendbaren Recht zu bestimmen.

b) Die Klägerin erbringt als Darlehensgeberin Dienstleistungen gem. Art. 5 Nr. 1b) EuGVVO, so Baumbach/Lauterbach/...

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