Normenkette

UWG § 12; BGB §§ 305, 339

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Urteil vom 27.05.2014)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Ingolstadt vom 27.5.2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Dieses Urteil und das Urteil des LG sind vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Von einem Tatbestand wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1. In der Sache hat das LG zutreffend festgestellt, dass der Beklagte die Vertragsstrafe in vier Fällen verwirkt hat.

a. Der Beklagte hat sich verpflichtet, es zu unterlassen, in der Widerrufsbelehrung vom Verbraucher unter bestimmten Umständen die Kosten des Rückversands zu fordern, wenn dies nicht vertraglich vereinbart wurde.

Sowohl im Falle einer individualvertraglichen Vereinbarung als auch im Falle des Einbezugs einer Vertragsbedingung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ist Voraussetzung der Wirksamkeit der Regelung, dass die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist (so für AGB ausdrücklich § 305 Abs. 2 BGB).

Entgegen der Unterlassungsverpflichtung des Beklagten fehlt es an einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung über die Kosten des Rückversands. Die Angebote des Beklagten sehen eine Einverständniserklärung seiner Kunden mit der Regelung der Rücknahmekosten weder vor noch rechnet der Kunde an dieser Stelle des Angebots überhaupt mit einer einverständnisbedürftigen Vereinbarung, so dass eine vertragliche Vereinbarung hierüber nicht zustandekommen kann (vgl. hierzu auch OLG Hamm GRUR-RR 2014, 395). Die Regelung der Rücknahmekosten findet sich in den verschiedenen Angeboten des Beklagten jeweils unter der Rubrik "Widerrufsbelehrung" (bzw. "Widerrufs- und Rückgabebelehrung" oder "Rückgabe und Erstattungen"), dort einerseits unter der Überschrift "Widerrufsfolgen", andererseits davon abgesetzt durch die Zeile "Ende der Widerrufsbelehrung" unter der Überschrift "Kosten der Rücksendung im Falle eines Widerrufs". Schon die Platzierung der Bestimmung in der Rubrik "Widerrufs- und Rückgabebelehrung" führt dazu, dass ein Kunde an dieser Stelle gar keine Erklärung vermuten wird, die seines Einverständnisses bedarf und nur dann Vertragsbestandteil werden kann. Entsprechende der Rubrikbezeichnung wird er vielmehr davon ausgehen müssen, dass er hier einseitig über etwas belehrt wird, nicht aber, dass er an dieser Stelle um seine Zustimmung zu einer vertraglichen Regelung gebeten wird. Daran ändert auch die Trennung durch die Zeile "Ende der Widerrufsbelehrung" nichts, denn der Kunde befindet sich immer noch in der Rubrik "Widerrufs- und Rückgabebelehrung" und muss an dieser Stelle generell nicht mit zustimmungsbedürftigen Vertragsbestimmungen rechnen.

b. Die Zuwiderhandlungen erfolgten auch schuldhaft.

Das LG Ingolstadt hat den Beklagten bereits mit Urteil vom 22.1.2013, dem Beklagten zugestellt am 29.012013, wegen entsprechender Verstöße zur Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v. 4.500 EUR verurteilt. Der Beklagte hat es für angängig gehalten, diesem Urteil keine Bedeutung für sein weiteres Verhalten beizumessen. Er hat auch dem Urteil des Senats vom 10.10.2013, mit welchem das Urteil des LG Ingolstadt bestätigt worden war, keine Beachtung geschenkt und jedenfalls noch bis zum 18.10.2013 unbeeindruckt weiter der Vertragsstrafevereinbarung zuwidergehandelt. Der Beklagte hat die Vertragsstrafe nach allem sogar vorsätzlich verwirkt. Der Beklagte durfte - jedenfalls nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 10.10.2013 - nicht mehr annehmen, unter Berufung auf die Rechtsprechung des OLG Hamm die Forderung der Rückversandkosten unverändert lassen zu können. Dem hatte der Senat eine klare Absage erteilt.

c. Es handelt sich auch um vier eigenständige Verstöße gegen die Unterlassungspflicht des Beklagten, für die die Klägerin jeweils eine angemessene Vertragsstrafe festgesetzt hat.

Zwar können grundsätzlich mehrere gleichartige Einzelhandlungen als eine Verletzung anzusehen sein, wenn sie als natürliche Handlungseinheit anzusehen sind Gottwald in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2012, § 339 Rz. 40). Eine natürliche Handlungseinheit zeichnet sich durch einen engen Zusammenhang der Einzelakte und durch eine auch für Dritte äußerlich erkennbare Zugehörigkeit zu einer Einheit aus (Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 12 Rz. 1.149).

Eine natürliche Handlungseinheit scheidet hier aus, da für Dritte die Zugehörigkeit der Einzelakte zu einer Einheit von außen nicht erkennbar ist: Die einzelnen Zuwiderhandlungen finden sich auf vier verschiedenen Handelsplattformen ("eBay", "amazon", Internetseite des Beklagten, Webshop für Smartphones). Selbst wenn man die vier Einzelverstoße als natürliche Handlungseinheit betrachten wollte, wäre die von der Klägerin hierfür angesetzte Vertragsstrafe i.H.v. insgesamt 13.000 EUR angesichts der Schwere des mehrere besonders bedeutsame Handelsplattformen betreffenden Verstoßes angemessen. Dabei ist insbesondere auch die Hartnäc...

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