Leitsatz (amtlich)

Das AGBG oder § 242 BGB verbieten nicht die Vereinbarung einer Erfüllungsbürgschaft i.H.v. 10 % in der Sicherungsabrede zu einem Bauvertrag.

 

Normenkette

AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Nr. 2; BGB §§ 138, 242

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 20.12.2008; Aktenzeichen 24 O 2016/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.12.2010; Aktenzeichen VII ZR 7/10)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG München I vom 30.12.2008 aufgehoben und die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, aus der Bürgschaft vom 24.7.2001 an die Klägerin Zahlung zu leisten.

Wegen der Anspruchshöhe wird das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das LG München I zurückverwiesen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 418.193,91 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte mit dem Höchstbetrag aus der "Vertragserfüllungsbürgschaft" vom 24.7.2001 (Anlage K 45) in Anspruch. Die Bürgschaft hatte die inzwischen insolvente K. GmbH (künftig: Auftragnehmerin) auf Grund des "Nachunternehmervertrags" vom 11.6.2001 (Anlage K 1) über raumlufttechnische Anlagen beim Bauvorhaben Universitätsklinik H. gestellt. Die Beklagte verweigert die Zahlung. Sie hält die Sicherungsabrede wegen eines unbilligen Liquiditätsentzugs zum Nachteil der Auftragnehmerin für unwirksam.

Den Nachunternehmervertrag schloss als Auftraggeberin die ARGE Medizinische Klinik H., deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist (künftig: Klägerin). Der Nachunternehmervertrag legt einen Pauschalpreis von netto 3.573.930,25 EUR fest, erklärt die VOB/B und VOB/C zum Vertragsbestandteil und sieht einen Fertigstellungstermin im März 2003 vor. In der ergänzenden Vereinbarung vom 20.11.2002 (Anlage K 7) legten die Vertragsparteien den 31.1.2003 als Termin zur Fertigstellung der Gesamtleistung fest. Der Nachunternehmervertrag enthält u.a. wörtlich folgende Bestimmungen:

"2.2 Verzug des AN, Vertragsstrafen

2.2.1 Bei vom Auftragnehmer verschuldeter Nichteinhaltung des Endtermins schuldet er je Arbeitstag der Verspätung 0,3 %, maximal jedoch 10 % der Bruttoauftragssumme.

3 Rechnungsstellung und Zahlung

Abschlagszahlungen werden gem. ZVB 16.1, 16.2 i.H.v. 90 % geleistet.

5 Sicherheitsleistung

Der AN übergibt kostenlos dem AG Sicherheiten gem. ZVB 17 in folgender Höhe:

Vertragserfüllungsbürgschaft: 10 % EUR 414.575,91

Gewährleistungsbürgschaft: 5 % der Bruttoabrechnungssumme"

Die "zusätzlichen Vertragsbedingungen für Nachunternehmer (ZVB)" (Anlage K 2) gab die Klägerin vor. Ziff. 17.5 ZVB verlangte die Stellung der Bürgschaften "gemäß den beigefügten Mustern des AG".

Die Vertragserfüllungsbürgschaft enthält in Übereinstimmung damit u.a. wörtlich folgende Bestimmungen:

"Gemäß Nachunternehmervertrag hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Vertragserfüllungsbürgschaft i.H.v. 10 % der Auftragssumme zzgl. Mehrwertsteuer für die vertragsgemäße und fristgerechte Ausführung der dem Auftragnehmer übertragenen Leistungen, für Schadensersatz, für die Zahlung einer Vertragsstrafe, für die Erstattung von Überzahlungen zu stellen. In Höhe von 2 % der Abrechnungssumme zzgl. Mehrwertsteuer sichert diese Bürgschaft zugleich auch Ansprüche des Auftraggebers gegen den Auftragnehmer auf Freistellung von der Haftung des Auftraggebers nach § 1a AEntG.

Dies vorausgeschickt, übernehmen wir hiermit für den Auftragnehmer die selbstschuldnerische Bürgschaft bis zu einem Höchstbetrag von 414.575,91 EUR"

Mit Schreiben vom 16.1.2004 teilte die Auftragnehmerin der Klägerin mit, ab sofort ihre Aktivitäten an der Baustelle einzustellen, weil die Klägerin offensichtlich nicht bereit sei, berechtigten Forderungen der Auftragnehmerin nachzukommen (Anlage K 8). Die Klägerin erstellte zwei Listen, in denen sie die von ihr behaupteten und bereits gerügten Mängel der Leistung der Auftragnehmerin mit Stand 22.1.2004 erfasste (Anlage K 5). Sie übersandte mit Anwaltsschreiben vom 22.1.2004 (Anlage K 6) die Listen an die Auftragnehmerin und drohte letztmals und unter Fristsetzung auf den 26.1.2004 wegen der Mängel, wegen Terminüberschreitungen und wegen erheblichen Verzugs mit der Fertigstellung der geschuldeten Leistungen die Kündigung des Vertrags an. Mit Schreiben vom 29.1.2004 kündigte die Klägerin (Anlage K 11). Zu einer Abnahme der Leistungen der Auftragnehmerin durch die Klägerin kam es nicht.

Die Klägerin behauptet, ihr seien folgende Kosten entstanden: 589.440,71 EUR für Mängelbeseitigung, 127.334,66 EUR für Fertigstellung, 183.745,38 EUR für diverse weitere Ersatzvornahmekosten, zusammen 900.520,75 EUR. Ferner behauptet die Klägerin, die Auftragnehmerin habe Vertragsstrafe i.H.v. 427.045,91 EUR für Verzug und i.H.v. 85.409,18 EUR gem. Ziff. 18.8 ZVB wegen Nichtvorlage der Checklisten verwirkt. Hierfür hafte die Beklagte als Bürgin.

Demgegenüber behauptet die Beklagte, der Auftragnehmerin stünden auf Grund der Schlussrechnung vom 16.6.2004/30.1.2004 (Anlage B 1, dort Anl...

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