Leitsatz (amtlich)

Zur kartellrechtlichen Beurteilung des Einsatzes von SIM-Karten eines Mobilfunknetzbetreibers, die dessen Vertragspartner, ein Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen in GSM-Wandlern (GSM-Gateways) zu dem Zweck einsetzt, Gespräche, die aus dem Festnetz herrühren, an Mobilfunkendkunden in dem betreffenden Mobilfunknetz zu terminieren.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 28.11.2003; Aktenzeichen 17HK O 19399/03)

 

Tenor

I. Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des LG München I v. 28.11.2003 - 17HK O 19399/03 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, eine Anbieterin von Telekommunikationsdienstleistungen, verlangt mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, der Antragsgegnerin aufzugeben, die Sperrung von Mobilfunkkarten (so genannte SIM-Karten) aufzuheben, die für die Antragstellerin aktiviert waren und die diese in sog. GSM-Wandlern (GSM-Gateways) eingesetzt hat, mit deren Hilfe Gespräche aus dem Festnetz an Zielteilnehmer in dem von der Antragsgegnerin betriebenen Mobilfunknetz terminiert werden. Die Antragstellerin ist keine Netzbetreiberin.

Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Urteil vom 28.11.2003 abgewiesen. Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Antragstellerin. Sie macht geltend, die tatsächlichen Feststellungen des LG seien unvollständig und teilweise unrichtig.

Sowohl Herr H. von der Firma Ph. & C. K. Vertriebs GmbH als auch die Mitarbeiterin der Antragsgegnerin C. hätten von Anfang an Kenntnis von dem geplanten Einsatzzweck der der Antragstellerin überlassenen Mobilfunkkarten gehabt. Die Antragstellerin sei in der Lage, Anfragen der Strafverfolgungsbehörden jederzeit und nicht nur in einzelnen Fällen vollständig zu beantworten. Eine Gefährdung der Netzintegrität sei infolge der Tätigkeit der Antragstellerin nicht eingetreten.

Die Entscheidung des LG beruhe auf der Verletzung materiellen Rechts. Das LG habe zu Unrecht keinen Anspruch der Antragstellerin auf Freischaltung der Mobilfunkkarten nach Nr. 6.1 und Nr. 7.1 der AGB der Antragsgegnerin angenommen.

Das LG habe dadurch gegen § 305b BGB und § 166 Abs. 1 BGB analog verstoßen. Die streitgegenständliche Nutzung der Mobilfunkkarten sei Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien gewesen. Sowohl Herr H. als auch Frau C. seien bei Erteilung der Aufträge über die Mobilfunkkarten bzw. bei Gegenzeichnung des Rahmenvertrags in vollem Umfang über den geplanten Einsatz der Mobilfunkkarten informiert gewesen. Weiter habe das LG gegen § 305c Abs. 2 BGB verstoßen. Das LG habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass die AGB der Antragsgegnerin ein Verbot der streitgegenständlichen Nutzung von Mobilfunkkarten enthielten. Das LG habe zudem gegen § 242 BGB verstoßen. Der Antragsgegnerin sei jedenfalls eine Sperrung bzw. eine Kündigung deshalb verwehrt gewesen, weil sie die streitgegenständliche Nutzung von Mobilfunkkarten über mehr als ein Jahr hinweg geduldet habe. Darüber hinaus habe das LG unter Verstoß gegen Art. 82 EG, §§ 19, 20 GWB und § 1 UWG die Sperrung der Mobilfunkkarten und der zugrunde liegenden Verträge als gerechtfertigt gesehen. Schließlich werde vorsorglich darauf hingewiesen, dass eine Abweisung des Antrags, gestützt auf eine arglistige Täuschung, gegen § 123 BGB verstoßen würde. Eine Täuschung der Antragsgegnerin sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt.

Die Antragstellerin beantragt:

Unter Aufhebung des am 28.11.2003 verkündeten Urteils des LG München I - 17 HK O 19399/03, wird es der Antragsgegnerin bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel aufgegeben,

I. die von ihr der Antragstellerin überlassenen und am 15.10.2003 gegen 9.30 Uhr gesperrten 118 ... Mobilfunkkarten, die im Laufe des 17.10.2003 gesperrten 24 ... Mobilfunkkarten, sowie die am 29.10.2003 gegen 16.45 Uhr gesperrten weiteren 10 ... Mobilfunkarten, deren Seriennummern und Rufnummern sich aus den Anlagen AS 9 und AS 14 ergeben, bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim LG München I eingeleiteten Hauptsacheverfahrens wieder zu aktivieren und der Antragstellerin auf diese Art und Weise die Nutzung der ihr überlassenen Mobilfunkkarten zu ermöglichen;

II. es zu unterlassen, weitere von ihr der Antragstellerin überlassene ... Mobilfunkkarten deshalb zu sperren (d.h. zu deaktivieren) und die Herstellung von Mobilfunkverbindungen zu anderen Mobiltelefonkunden der Antragsgegnerin deshalb zu verweigern, weil die Antragstellerin die SIM-Karten im Zusammenhang mit einem GSM Gateway dazu nutzt, anderen Unternehmen die Terminierung von Telekommunikationsverbindungen im Mobilfunknetz (d.h. bei einem Mobiltelefonendkunden) der Antragsgegnerin zu ermöglichen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin macht geltend, die Berufung der Antragstellerin sei von Haus aus unbegründet, soweit die Antragstelle...

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