Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesellschafterversammlung, Kaufpreis, Frist, Berufung, Anstellungsvertrag, Genehmigung, Zahlung, Abmahnung, Gesellschafterbeschluss, Pflichtverletzung, Wirksamkeit, Gesellschafter, Gesellschaft, Zustimmung, wichtiger Grund, Aufgabe zur Post, ohne Rechtsgrund

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 12.01.2022; Aktenzeichen 15 O 11883/20)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Teilend- und Grundurteil des Landgerichts München I vom 12.01.2022, Az. 15 O 11883/20, in Ziffer 1 dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 4.193,55 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.06.2020 zu zahlen.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Teilend- und Grundurteil des Landgerichts München I vom 12.01.2022, Az. 15 O 11883/20, in Ziffer 2 aufgehoben und die Widerklage abgewiesen.

3. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen und wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 39%, die Beklagte 61%.

Von den Kosten der Nebenintervention trägt der Kläger 97%. Im Übrigen trägt die Nebenintervenientin ihre Kosten selbst.

5. Dieses Urteil und das in Ziffer 1 bezeichnete Teilend- und Grundurteil, soweit es noch Bestand hat, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten bzw. der Nebenintervenientin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. die Nebenintervenientin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

6. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages durch die Beklagte vom 26.05.2020 und Ansprüche der Beklagten auf Rückzahlung an den Kläger gezahlter Geschäftsführervergütungen.

Die Beklagte ist eine GmbH mit einem Stammkapital von 100.000,00 DM, das voll einbezahlt ist. Mit Urkunde vom 17.08.2016 (URNr. ...06/2016) des Notars Dr. Sch teilte der Kläger seinen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 100.000,00 DM in die vier Geschäftsanteile Nrn. 1, 2, 3 und 4 zu je 25.000,00 DM. Mit gleicher Urkunde verkaufte der Kläger den Geschäftsanteil Nr. 4 zum Preis von 15.000,00 EUR an Frau S. K. (nunmehr P.), die Nebenintervenientin, und übertrug gleichzeitig den Geschäftsanteil Nr. 4 an sie. Der Kaufpreis wurde zehn Bankarbeitstage nach der Genehmigung der Urkunde durch die Nebenintervenientin zur Zahlung fällig. Die Nebenintervenientin erteilte die Genehmigung am 16.09.2016. Der Kaufpreis wurde in der Folge nicht bezahlt.

Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten in der Fassung der Urkunde des Notars Dr. Sch vom 17.08.2016 (URNr. ...25/2016) lautete auszugsweise wie folgt:

"§ 10 Gesellschafterversammlungen

1. Die Gesellschafterversammlungen werden durch die Geschäftsführer einberufen. Jeder Geschäftsführer ist alleine einberufungsberechtigt."

2. Die Einberufung erfolgt durch eingeschriebenen Brief an jeden Gesellschafter unter Angabe von Ort, Tag, Zeit und Tagesordnung mit einer Frist von vier Wochen bei ordentlichen Gesellschafterversammlungen und von mindestens zwei Wochen bei außerordentlichen Gesellschafterversammlungen. Der Lauf der Frist beginnt mit dem der Aufgabe zur Post folgenden Tag. Der Tag der Versammlung wird bei Berechnung der Frist nicht mitgezählt.

3. Eine Gesellschafterversammlung ist nur beschlussfähig, wenn mindestens 50% des Stammkapitals vertreten sind (...).

§ 11 Gesellschafterbeschlüsse

(...)

3. Gesellschafterbeschlüsse werden mit 80% der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht ein Gesetz oder Gesellschaftsvertrag eine größere Mehrheit vorgesehen [sic]. Je DM 100,00 eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme.

(...)"

Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 21.12.2018 (URNr ...63/2018 des Notars Dr. Sch) verkaufte der Kläger auch den Geschäftsanteil Nr. 3 an die Nebenintervenientin zum Preis von 15.000,00 EUR und trat gleichzeitig den Geschäftsanteil Nr. 3 an sie ab. Der Kaufpreis wurde zehn Bankarbeitstage nach Vertragsschluss fällig. Der Kaufpreis wurde in der Folge ebenfalls nicht bezahlt.

Am 23.07.2019 bestellte die Gesellschafterversammlung der Beklagten Frau A. R. als weitere alleinvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführerin und erließ die "Geschäftsordnung für die Geschäftsführung der G. P.O. GmbH" laut Anl. B 20, die wie folgt lautete:

"Frau A. R. ist als weitere Geschäftsführerin neben dem bisherigen Geschäftsführer S. G. bestellt worden. Beide Geschäftsführer sind allein vertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Unbeschadet ihrer uneingeschränkt...

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