Leitsatz (amtlich)

1. Zur Abgrenzung von Leistungsbeschreibungs- und Leistungsänderungsklauseln und zur Unwirksamkeit einer Leistungsänderungsklausel in AGB eines Bezahlfernsehen-Abonnementvertrags.

2. Zur Kompensation einer unangemessenen Preisänderungsklausel in AGB eines Bezahlfernsehen-Abonnementvertrags durch Einräumung eines Kündigungsrechts des Abonnenten.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 1, 3, § 308 Nrn. 4-5

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 23.02.2006; Aktenzeichen 12 O 17192/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.11.2007; Aktenzeichen III ZR 247/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des LG München I vom 23.2.2006 in Ziff. I.2. der Urteilsformel aufgehoben und die Klage insoweit abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 1/6 und die Beklagte 5/6 zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung in der Hauptsache durch Sicherheitsleistung in Höhe 15.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Jede der Parteien kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beklagte bietet bundesweit Bezahlfernsehen an und verwendet dabei Allgemeine Geschäftsbedingungen, wegen deren Inhalts zunächst auf die Anlage K 2 Bezug genommen wird. Der Kläger, der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände - Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., hat sechs Klauseln der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für unwirksam erachtet und deswegen Klage gem. § 1, § 3 UKlaG erhoben. Mit Urteil vom 23.2.2006 (vgl. AfP 2006, 275 ff.), auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das LG der Beklagten antragsgemäß unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, gegenüber Verbrauchern die nachfolgenden oder diesen inhaltsgleiche Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Verträge über den Bezug von Leistungen des Bezahlfernsehens einzubeziehen sowie auf diese Klauseln bei der Abwicklung derartiger Verträge, soweit sie nach dem 1.4.1977 geschlossen sind, sich zu berufen:

1. (vgl. Ziff. 1.3 der AGB)

Unabhängig davon behält sich [die Beklagte] vor, das Programmangebot, die einzelnen Kanäle, die Nutzung der einzelnen Kanäle sowie die Zusammensetzung der Programmpakete zum Vorteil des Abonnenten zu ergänzen, zu erweitern oder in sonstiger Weise zu verändern.

2. (vgl. Ziff. 3.6 der AGB)

[Die Beklagte] kann die vom Abonnenten monatlich zu zahlenden Beiträge erhöhen, wenn sich die Kosten für die Bereitstellung des Programms erhöhen. ...

Der Abonnent ist berechtigt, den Vertrag auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Erhöhung zu kündigen, wenn die Erhöhung 5 % oder mehr des ursprünglichen Abonnementpreises ausmacht. Die Kündigung muss [der Beklagten] spätestens einen Monat vor Wirksamwerden der Preiserhöhung zugehen

3. (vgl. Ziff. 6.1 der AGB)

Ab der Verlängerung gelten die Tarife für die jeweils verlängerte Laufzeit.

4. (vgl. Ziff. 6.5)

[Die Beklagte] behält sich vor, bei einer Änderung/Umstrukturierung des Programmangebots die Abonnementbeiträge abweichend von Ziff. 3.6 zu ändern.

5. (vgl. Ziff. 6.5)

In diesem Fall ist (...)/[die Beklagte] berechtigt, das Abonnement zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der geplanten Änderung schriftlich zu kündigen.

6. (vgl. Ziff. 6.5)

Stimmt der Abonnent der Leistungsänderung zu, kann [die Beklagte] die Preisstruktur anpassen, ohne dass dies ein Kündigungsrecht des Abonnenten auslöst.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie hält die von ihr verwendeten Klauseln für wirksam und beantragt, das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen

Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll des Termins vom 21.9.2006 Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist lediglich hinsichtlich der Klausel gem. Ziff. I. 2. der Urteilsformel des landgerichtlichen Urteils (Ziff. 3.6 der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen) erfolgreich.

1. Die Klausel gem. Ziff. I. 1. der Urteilsformel des landgerichtlichen Urteils ist der zweite Satz der Ziff. 1.3 der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die - soweit für den Streitfall von Bedeutung - wie folgt lautet:

1.3 [1]Bei der Programmgestaltung ist [die Beklagte] frei, solange der Gesamtcharakter eines Kanals erhalten bleibt. [2]Unabhängig davon behält sich [die Beklagte] vor, das Programmangebot, die einzelnen Kanäle, die Nutzung der einzelnen Kanäle sowie die Zusammensetzung der Programmpakete zum Vorteil des Abonnenten zu ergänzen, zu erweitern oder in sonstiger Weise zu verändern. [3](...)

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