Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Aktenzeichen 3 O 0292/92)

 

Tatbestand

Der Kläger, der als Sozialhilfeträger nach §§ 68 ff BSHG Sozialhilfeleistungen geleistet hat und voraussichtlich in Zukunft solche noch zu leisten haben wird, fordert nach § 116 SGB X Regreß.

Am 7.11.1990 gegen 23.45 Uhr kam der auf der ... fahrende Beklagte zu 2. mit dem Pkw Mercedes, der bei der Beklagten zu 1. versichert ist und der von seiner Ehefrau, der Beklagten zu 3. gehalten wird, einen Kilometer nach .... in einer Linkskurve von der Straße ab. Das Fahrzeug überschlug sich. Hierbei brach sich seine Beifahrerin K. Günther zwei Wirbel und ist seit dieser Zeit querschnittsgelähmt.

Der Beklagte zu 2. und die Geschädigte waren vor Antritt der Fahrt gemeinsam in dem Lokal in ... gewesen. Dort hatte der Beklagte zu 1. unstreitig alkoholische Getränke zu sich genommen. Bereits vor dem Besuch dieses Lokals hatte der Beklagte zu 2. in der Wohnung der Geschädigten ab 19.30 Uhr Alkohol zu trinken begonnen. Die dem Beklagten zu 2. um 1.03 Uhr abgenommene Blutprobe wies einen BAK-Mittelwert von 1,58 o/oo auf.

Der Kläger hat in der Zeit vom 25.4.1991 bis 29.2.1992 unstreitig 9.366,60 DM der Geschädigten Sozialhilfeleistungen zur Pflege als Schwersthilfebedürftige geleistet. Diese Leistungen stehen unstreitig im Zusammenhang mit der Querschnittslähmung, die die Geschädigte sich bei dem Unfall zugezogen hat. Der Kläger verlangt im Wege des Regresses diesen Betrag von den Beklagten. Im ersten Rechtszug vertrat der Kläger die Rechtsansicht, daß die Beklagten zu 100 Prozent haften. Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt zu erkennen:

1. Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an den Kläger DM 9.366,60 nebst vier Prozent Zinsen aus 883 DM monatlich vom 25.4.1991 bis 30.6.1991 und aus DM 928 monatlich seit 1.7.1992 zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, daß die Beklagten samtverbindlich für den zukünftigen materiellen Schaden der Frau .... aus dem Verkehrsunfall vom 7.11.1990 aufzukommen haben, soweit die Schadensersatzansprüche auf den Kläger übergehen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte, zu 1. hat zur Begründung vorgetragen, sie sei als Haftpflichtversicherung leistungsfrei, weil die Beklagte zu 3. die Erstprämie nicht gezahlt habe, der Beklagte zu 2. ohne Fahrerlaubnis und betrunken gefahren sei und weil die Beklagte zu 3. dem Beklagten zu 2. den Pkw Überlassen habe, obwohl dieser keine Fahrerlaubnis besitze. Im übrigen stünde der Haftpflichtversicherung gegenüber dem Sozialhilfeträger das Quotenvorrecht nach § 116 Abs. 3 S. 3 SGB X zu. Außerdem sei die Haftpflichtversicherung nach § 158 c Abs. 4 VVG leistungsfrei.

Alle Beklagten vertreten darüberhinaus die Rechtsansicht, daß infolge des gravierenden Eigenverschuldens der Geschädigten ihre eigene Haftung, gänzlich zurückträte. Die Geschädigte habe erkennen können und auch erkannt, daß der Beklagte zu 2. stark angetrunken gewesen sei. Trotz dieser Erkenntnis habe sie es unterlassen, sich anzuschnallen. Wäre die Geschädigte angeschnallt gewesen, wäre sie bei, dem Unfall nicht aus dem Fahrzeug geschleudert worden und hätte keine Querschnittslähmung erlitten.

Das Erstgericht hat Beweis erhoben. Es hat den Zeugen ... und die Beklagten zu 2. und zu 3. als Partei einvernommen (Bl. 77/78; 100/105) und ein verkehrstechnisches Gutachten zu der Frage erholt, ob die Geschädigte, bei dem Unfall angeschnallt gewesen sei (Bl. 84/91). Mit Endurteil vom 23.9.1993 hat das Erstgericht der Klage zur Hälfte entsprochen und diese im übrigen abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung haben die Beklagten Berufung eingelegt. Wie im ersten Rechtszug vertreten sie die Auffassung, daß ihre Haftung angesichts einer vorsätzlichen Selbstgefährdung der Geschädigten gänzlich zurücktreten müsse. Die Beklagte zu 2. hält im übrigen daran fest, daß sie nicht zu haften habe, weil nach § 158 c Abs. 4 VVG der Sozialhilfeträger dem Sozialversicherungsträger gleichgestellt werden müsse.

Die Beklagten beantragen daher:

1. Das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 23.9.1993 wird aufgehoben soweit es der Klage stattgegeben hat.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Zurückweisung der Berufung beantragt.

Er hält das Ersturteil für richtig und wiederholt im übrigen seinen Vortrag, wie im ersten Rechtszug.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die von den Parteien in beiden Rechtszügen eingereichten Schriftsätze, die Niederschriften samt Anlagen sowie das Ersturteil Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Zutreffend hat das Erstgericht bejaht, daß alle drei Beklagten dem Kläger aus übergegangenem Recht (§ 116 Abs. 1 SGB X) haften, weil dieser als Sozialhilfeträger unfallbedingte Kosten für Pflegeleistungen gegenüber der durch den Beklagten zu 2. verletzten ... getragen hat.

1) Die Berufung der Beklagten zu 1

a) Einwendungen aus dem Versicherungsverhältnis:

aa) Der Einwand der Beklagten zu 1., ihre Leistungsfreiheit gegenüber der Beklagten zu 3. nach § 12 Abs. 3 VVG bringe auch den Anspruch des Klägers zu Fall, greift nicht ...

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