Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Haftung einer Bank für die vorsätzliche Verletzung einer Aufklärungspflicht im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften:

War dem Mitarbeiter einer Bank, der einem Kunden Fondsanteile empfohlen hat, nicht bewusst, den Anleger darüber aufklären zu müssen, dass und in welcher Höhe die Bank Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält, so haftet die Bank nicht aus vorsätzlicher Aufklärungspflichtverletzung (Anschluss an BGHZ 170, 226). Auch wenn das Unterlassen der Aufklärung auf einem Organisationsverschulden der Bank beruht, lässt dies allein nicht die Feststellung vorsätzlichen Handelns zu.

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 11 HKO 15075/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 12.05.2009; Aktenzeichen XI ZR 586/07)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.

Die Zedentin erwarb nach einem Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15.2.2000 zwischen dem 16.2. und dem 14.6.2000 über die Beklagte für 141.478,21 EUR Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 EUR Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3 % und 5 % enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1 %, in einem Falle von 2,5 %. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert, nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.

Nach erheblichen Kursverlusten und nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 EUR und der Aktien für 54.908,60 EUR hat der Kläger, der der Auffassung ist, die Zedentin sei falsch beraten worden, am 13.8.2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 EUR die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 EUR zzgl. Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt. Zur Begründung machte er insbesondere geltend, die Beklagte habe gegen ihre aus § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG folgende Interessenwahrungspflicht verstoßen, weil sie nur Fonds von konzerneigenen Gesellschaften empfohlen habe. Außerdem habe sie vorsätzlich Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds verschwiegen. Wenn die Zedentin davon Kenntnis gehabt hätte, wäre sie dem Anlagevorschlag der Beklagten, auch was die empfohlenen Aktien angehe, nicht gefolgt.

Die Beklagte hat eine Fehlberatung in Abrede gestellt und die Auffassung vertreten, sie habe über die Rückvergütungen nicht aufklären müssen. Außerdem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.

Das LG hat etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers als verjährt angesehen und die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers wurde durch Urteil des Senats vom 6.10.2004 zurückgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der BGH mit Urteil vom 19.12.2006 das Berufungsurteil vom 6.10.2004 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

In den Entscheidungsgründen bestätigte der BGH die Auffassung der Vorgerichte, dass etwaige Schadensersatzansprüche wegen fahrlässiger Verletzung eines am 15.2.2000 geschlossenen Beratungsvertrages oder fahrlässiger Verletzung einer Informationspflicht aus § 31 WpHG nach § 37a WpHG verjährt seien. Rechtsfehlerhaft seien aber die Ausführungen des Berufungsgerichts, in denen es eine vorsätzliche Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung, die nicht unter die kurze Verjährungsfrist des § 37a WpHG falle, in Bezug auf die Rückvergütungen der empfohlenen Fonds verneint habe. Ein Beratungsfehler sei zwar nicht darin zu sehen, dass die Beklagte, was Fondsanteile angehe, ausschließlich hauseigene Produkte empfohlen habe. Eine Bank, die Fondsanteile empfehle, müsse aber darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhalte. Die Aufklärung über die Rückvergütung sei notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) offenzulegen. Erst durch die Aufklärung werde der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deshalb empfehle, weil sie selbst daran verdiene. Eine Pflichtverletzung der Beklagten scheitere nicht daran, dass der Geschäftsführer der Zedentin nicht aufklärungsbe...

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