Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Ausscheiden aus einer Partnerschaftsgesellschaft aufgrund einer Anfechtungs- und Kündigungserklärung gegenüber einzelnen Gesellschaftern

 

Leitsatz (amtlich)

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wonach gegebenenfalls auch die Weiterleitung bzw. Benachrichtigung der anderen Gesellschafter von der an die Gesellschaft gerichteten Kündigung der Gesellschaft für den Zugang der Kündigung im Rahmen der gesetzlichen Regelung des § 723 BGB ausreichen soll, kann nicht zugrunde gelegt werden, wenn eine eindeutige abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag über Form- und Zugangsvoraussetzungen vorhanden ist. Dann genügt eine Kündigung des Gesellschaftsvertrages, die nur an einzelne Gesellschafter gerichtet ist, nicht.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 242, 723

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 27.10.2016; Aktenzeichen 6 O 3637/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 27.10.2016, Az. 6 O 3637/16 dahingehend abgeändert, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

III. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 400.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagten aufgrund ihres Anfechtungs- und Kündigungsschreibens vom 03.08.2015 aus der Partnerschaftsgesellschaft Andrae W. Patentanwälte Partnerschaft ausgeschieden sind.

Die Kläger zu 1) und 2), die Kläger zu 3) und 4) und die Beklagten betrieben ehemals drei verschiedene Partnerschaftsgesellschaften von Patentanwälten; die Kläger zu 1) und 2) sowie die Beklagten in M. und die Kläger zu 3) und 4) in R. . Mit Verschmelzungsvertrag zur Urkunde des Notars Dr. Michael B., M. vom 23.07.2013 (Anlage K 2) verschmolzen sie (im Kern) ihre Partnerschaften auf die zugleich gegründete Andrae W. Patentanwälte Partnerschaft. Auf den Inhalt des Verschmelzungsvertrages und des in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages (ebenfalls Anlage 2) wird Bezug genommen.

Daneben schlossen die Kläger zu 1) und 2) und die Beklagten einerseits und die Kläger zu 3) und 4) andererseits zwei Innengesellschaftsverträge über die Errichtung von sog. Profitcentern am Standort M. einerseits und am Standort R. andererseits, mit denen u.a. die Details über die dortige wirtschaftliche Beteiligung geregelt wurden (Anlagen K 4, K 5).

In der Folgezeit kam es zwischen den Klägern zu 1) und 2) und den Beklagten zu Streit über die Berechtigung von Entnahmen und die Richtigkeit der Angaben der Kläger zu 1) und 2) über die wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer vorherigen Kanzlei bei Abschluss des Verschmelzungsvertrages. Die Beklagten versuchten in diesem Rahmen, eine Änderung des Innengesellschaftsvertrages zum Profit Center M. zu erreichen.

Am 03.08.2015 übersandten die Beklagten an die Kläger zu 1) und 2) ein Anfechtungs- und zugleich vorsorgliches Kündigungsschreiben verbunden mit dem Angebot eines geänderten Vertrages zum Standort M. (Anlage K 6), das sie zuvor im Entwurf auch den Klägern zu 3) und 4) zur Kenntnis zugeleitet hatten (Anlage K 24). Am 19.08.2015 wurde von dem E-Mail-Account der Klägerin zu 2) eine Antwort mit Absenderzeile "Andrea und Michael" (Kläger zu 1) und 2)) übersandt, wonach eine Anfechtung der Gesellschaft nur "ex nunc" wirken würde und "wir" die außerordentliche Kündigung annehmen. Nähere Details sollten in der anstehenden Mediation besprochen werden. Die Beklagten bestätigten mit E-Mail vom 27.08.2015 (Anlage K 9) "die Bestätigung des Eingangs unserer Anfechtung" und äußerten darin die Auffassung, dass die Kläger zu 1) und 2), die den Anfechtungsgrund zu vertreten hätten, aus der Partnerschaft ausgeschieden seien und die Partnerschaft daher zwischen den Klägern zu 3) und 4) und den Beklagten fortgesetzt werde.

Mit Schreiben vom 14.09.2015 an die Beklagten (Anlage K 15) erklärten die Kläger die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens. Hinsichtlich des weiteren Verlaufs dieses Verfahrens wird auf die Darstellung im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Unter dem Geschäftszeichen 10 O 22803/15 hatten die Beklagten zwischenzeitlich eine Klage beim Landgericht München I auf Feststellung dahingehend eingereicht, dass ihr Angebot zur Abänderung des Vertrages zum Profit Center M. angenommen worden sei.

Mit Schreiben vom 28.05.2016 (Anlage B 114) erklärten die Beklagten gegenüber den Klägern und der Partnerschaft eine weitere außerordentliche Kündigung zum 31.05.2016, die die Kläger mit Schreiben vom 08.06.2016 (Anlage B 115) unter Verwahrung gegen das Vorliegen wichtiger Gründe und Hinweis auf die bereits erfolgte Kündigung im August 2015 annahmen.

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