Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Schadensersatz aufgrund der Beteiligung an GmbH

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Mittelverwendungskontrolleurin und Treuhandkommanditistin haftet als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages für fehlerhafte Angaben im Prospekt. Es kommt weder darauf an, ob sie Gründungskommanditistin war, noch darauf, ob sie eigene Anteile gehalten hat. Unerheblich ist auch, dass sie weder den Vermittler noch die mit dem Vertrieb betraute Gesellschaft selbst beauftragt hat.

2. Die Treuhandkommanditistin hat die Pflicht, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind. Ihre Aufklärungspflicht als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages ist nicht auf regelwidrige Auffälligkeiten beschränkt.

3. Neben der eigenen Haftung ist der Treuhandkommanditistin das Verschulden des Verhandlungsgehilfen nach § 278 S. 1 BGB zuzurechnen. Denn hierfür reicht es aus, dass der spätere Vertragspartner die Vertragsverhandlungen nicht selbst führt und dabei auch nicht selbst die etwaigen Aufklärungspflichten erfüllt, sondern sich dazu der Hilfe eines anderen bedient. Der Verhandlungsgehilfe muss keine Abschlussvollmacht haben. Entscheidend ist allein, dass er nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Wissen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als dessen Hilfsperson tätig wird. Das Verschulden von Untervermittlern ist schon dann zuzurechnen, wenn mit ihrem Einsatz gerechnet werden musste.

4. Es ist grundsätzlich legitim und begründet im Regelfall keinen Rechtsmissbrauch, wenn ein Antragsteller eine Gütestelle ausschließlich zum Zwecke der Verjährungshemmung anruft.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 18.08.2016; Aktenzeichen 29 O 6142/16)

 

Tenor

I.

Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 18. August 2016, Az. 29 O 6142/16, wie folgt abgeändert:

II.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 25.780,76 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2016 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Verpflichtungen und steuerlichen Nachteilen freizustellen, die diesem durch die Zeichnung seiner Kommanditbeteiligungen an der E. P. M. GmbH & Co. KG IV vom 13.09./19.09.2005 und vom 9.11./11.11.2005 entstanden sind und noch entstehen werden.

IV.

Die Verurteilung zu den Ziffern II. und III. erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung des Anspruchs des Klägers auf Auszahlung seines Auseinandersetzungsguthabens im Zusammenhang mit dessen Beteiligung an der E. P. M. GmbH & Co. KG IV vom 13.09./19.09.2005 und vom 9.11./11.11.2005.

V.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in Ziffer IV. genannten Beteiligung in Annahmeverzug befindet.

VI.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

VII.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

VIII.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Der Kläger verlangt Schadensersatz im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der E. P. M. GmbH & Co. KG IV. Er hat sich mit Beitrittserklärungen vom 13. September 2005 und vom 9. November 2005 über die damals als T. Treuberatungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft GmbH firmierende Beklagte als Treuhänderin mittelbar als Kommanditist mit einer Einlage von jeweils 20.000 EUR zuzüglich 3% Agio beteiligt. Er hat die Einlage in Höhe von jeweils 10.000 EUR auf das Konto der Fondsgesellschaft einbezahlt und über den restlichen Betrag entsprechend dem vorgesehenen Konzept eine Inhaberschuldverschreibung begeben. 2012 hat er die beiden Inhaberschuldverschreibungen gegen Zahlung von jeweils 388,88 EUR abgelöst (K 12, K 13). Auf die Beitrittserklärung (Anlage K 1), die Inhaberschuldverschreibung nebst Begebungs- und Rahmenvertrag zur teilweisen Fremdfinanzierung und den Emissionsprospekt vom 11. März 2005 (Anlage K 6) wird Bezug genommen.

Die Beklagte ist am 2. November 2005 als Kommanditistin in das Handelsregister eingetragen worden. Sie war bis 1. August 2011 Mittelverwendungskontrolleurin und Treuhandkommanditistin.

Mit Schreiben vom 3. September 2015 hat der Kläger Güteantrag gestellt (K 23), die Beklagte unter dem 12. Oktober 2015 (K 25) den Beitritt zum Güteverfahren abgelehnt. Die Gütestelle hat mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 (K 26) die Erfolglosigkeit des Güteverfahrens bescheinigt.

Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2016 hat die Beklagte einen Musterverfahrensantrag gemäß § 2 Abs. 1 KapMuG auf Feststellung, dass die Antragstellerin weder Gründungsgesellschafterin noch Treuhandgesellschafterin mit eigenen Anteilen sei, sondern in bloßer Verwaltungstreuhandschaft gehandelt habe, gestellt.

Der Kläger ist der Auffas...

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