Leitsatz (amtlich)

1. Das der Treuhandkommanditistin bekannte aufsichtsrechtliche Tätigwerden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) gegen die Kommanditgesellschaft stellt eine regelwidrige Auffälligkeit dar, über die die Treuhandkommanditistin vor Vertragsschluss mit beitrittswilligen Treugebern aufzuklären hat.

2. Trägt der gesetzliche Vertreter der Treuhandkommanditistin nicht dafür Sorge, dass die Treugeber rechtzeitig unterrichtet werden, obgleich ihm die Bedeutsamkeit der Information für die Anlegerentscheidung bewusst ist, so haftet er persönlich wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung auf Schadensersatz.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 12.03.2008; Aktenzeichen 29 O 17577/07)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG München I vom 12.3.2008 aufgehoben und der Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 21.101,10 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit 6.8.2007 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der M ...& Co. KG ... (Treuhandregister-Nr ...), insbesondere gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche, die dem Kläger gegen den Insolvenzverwalter über das Vermögen der G ... GmbH und die M ... & Co. KG, Herrn Rechtsanwalt ..., wegen Forderungsanmeldungen aus dem Treuhandvertrag Nr ... zustehen.

Ferner wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Annahme der Abtretung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der M. & Co. KG (Treuhandregister-Nr. ...) insbesondere mit der Annahme der Abtretung sämtlicher Ansprüche, die dem Kläger gegen den Insolvenzverwalter über das Vermögen der G. GmbH und die M. & Co. KG, Herrn Rechtsanwalt ..., wegen Forderungsanmeldungen aus dem Treuhandvertrag Nr. ... zustehen, in Annahmeverzug befindet.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge mit Ausnahme der Mehrkosten, die durch Anrufung des LG Kempten entstanden sind; diese fallen dem Kläger zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

V. Der Streitwert wird für die I. Instanz wird auf 21.630 EUR und für die II. Instanz auf 21.101,10 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger beteiligte sich gemäß Zeichnungsschein vom 8.11.2004 (Anlage K 2) über die G. GmbH (nachfolgend G. GmbH) als Treuhandkommanditistin an der M. & Co. KG (nachfolgend M.. KG) mit einer Einlage von 32.000 EUR zzgl. 5 % Agio. Über das Vermögen der M.. KG ist am 12.9.2005, über das der G. GmbH am 10.11.2005 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Kläger nimmt jetzt den Beklagten als alleinigen Geschäftsführer der G. GmbH auf Ersatz seines Schadens aus seiner Beteiligung in Anspruch. Der Beklagte habe es in sittenwidriger Weise vorsätzlich unterlassen, ihn, den Kläger, vor dem Beitritt zur Fondsgesellschaft auf deren drohende Abwicklung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hinzuweisen.

Nach dem Anlagekonzept der M.. KG war vorgesehen, dass die M.. KG in eigenem Namen das für Investitionen zur Verfügung stehende Kommanditkapital in vier sog. Portfolios investiert, nämlich in Immobilien, Private Equity, Wertpapiere und alternative Investments, um auf diese Weise einen möglichst hohen Wertzuwachs des investierten Kapitals zu erreichen. An den Ergebnissen dieser Investitionen sollten die Anleger nicht direkt, sondern durch Ausschüttungen und über die Wertzuwächse bzw. Wertverluste ihrer Beteiligung teilnehmen.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat in dem Entgegennehmen von Anlegergeldern durch die Fondsgesellschaft zur Investition in die verschiedenen Portfolios das Betreiben des erlaubnispflichtigen Finanzkommissionsgeschäftes gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG durch die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung gesehen (vgl. Untersagungsbescheid vom 15.6.2005, S. 33 - Anlage K 3). Sie richtete daher unter dem 26.10.2004 nicht nur ein entsprechendes Schreiben an die M. KG (vgl. Untersagungsbescheid vom 15.6.2005, S. 16 - Anlage K 3), sondern auch ein ausdrücklich auf § 44c Abs. 1 und 6 KWG gestütztes schriftliches Auskunftsersuchen (Anlage K 7) an die G. GmbH in deren Funktion als Treuhandkommanditistin der M.. KG und führt hierin einleitend aus: "Es ist die Annahme gerechtfertigt, dass das Beteiligungsangebot der M. KG das unerlaubte Betreiben des Finanzkommissionsgeschäfts gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) beinhaltet. Sie wären als Treuhandkommanditistin gem. § 37 Abs. 1 KWG in die Abwicklung der unerlaubten Bankgeschäfte mit einbezogen." Der Beklagte antwortete hierauf für die G. GmbH, die das Auskunftsersuchen erst nach der ordentlichen Gesellschafterversammlung der Fondsgesellschaft vom 27.10.2004 erreic...

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