Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachehelicher Unterhalt: Verhältnis des Unterhalts wegen Krankheit zum Aufstockungsunterhalt bei Zugrundelegung eines fiktiven Einkommens des Berechtigten und Begrenzung des Krankenunterhalts

 

Leitsatz (redaktionell)

Verhältnis des Unterhalts wegen Krankheit nach § 1572 BGB zum Aufstockungsunterhalt bei Annahme eines fiktiven Einkommens des Unterhaltsberechtigten; Begrenzung des Unterhalts bei einer Ehedauer von 14 Jahren

 

Normenkette

BGB §§ 1572, 1573 Abs. 2, § 1578b Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

AG Altötting (Urteil vom 26.06.2008; Aktenzeichen 1 F 9/08)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des AG Altötting vom 26.6.2008 dahin abgeändert, dass der Kläger einen Ehegattenunterhalt an die Beklagte von noch 75 EUR ab 1.7.2010 hinaus schuldet. Im Übrigen werden die Berufung und die Anschlussberufung zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Das soeben verkündete Endurteil wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO wie folgt begründet:

Der Kläger begehrt die Abänderung eines Urteils des AG Altötting vom 2.1.2007 aufgrund dessen er 380 EUR Unterhalt an die Beklagte zu zahlen hat.

Auf das Urteil vom 2.1.2007, das Urteil des AG Altötting vom 10.11.2005 und das Urteil des AG Dorsten vom 19.3.1998, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, wird Bezug genommen.

Hinsichtlich der Anträge im Berufungsverfahren wird auf das obige Protokoll Bezug genommen.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Die zulässige Anschlussberufung des Klägers ist unbegründet.

Im Ergebnis zu Recht hat das AG den Unterhaltsanspruch der Beklagten zum 1.7.2010 befristet, soweit der Unterhaltsanspruch auf § 1572 Nr. 2 BGB beruht. Soweit er jedoch auf § 1573 Abs. 2 BGB beruht, konnte eine Befristung wegen § 323 Abs. 2 ZPO nicht erfolgen.

Das Urteil vom 2.1.2007 differenziert zwar nicht zwischen den beiden Unterhaltsansprüchen. Jedoch aus der Historie der Unterhaltsverfahren der Parteien ergibt sich, dass das Urteil vom 2.1.2007 teilweise auf § 1573 Abs. 2 BGB und teilweise auf § 1572 BG beruht. Dies ergibt sich aus folgender Überlegung:

Im Urteil vom AG Dorsten vom 19.3.1998 ist festgestellt worden, dass das AG damals von einer vollständigen Erwerbsunfähigkeit der Beklagten ausgegangen ist. Im Urteil vom 10.11.2005 des AG Altötting hingegen wird der Beklagten eine teilweise Erwerbsfähigkeit unterstellt und ihr ein fiktives Einkommen zugerechnet. Dieses fiktive Einkommen von 188 EUR wird auch im Urteil vom 2.1.2007 unterstellt. Daraus ergibt sich, dass der Unterhalt teilweise auch auf § 1573 BGB gestützt wurde. Das Verhältnis von Aufstockungsunterhalt zum Krankenunterhalt errechnet sich daraus, wie der Unterhalt ohne ein fiktives Einkommen zu berechnen wäre. In diesem Fall hätte der Beklagten ein Unterhaltsanspruch von 594 EUR zugestanden. Unter Berücksichtigung des fiktiven Einkommens hätte ihr ein Unterhaltsanspruch von 500 EUR zugestanden. Die Differenz zwischen beiden Berechnungen ergibt einen Betrag von 94 EUR. Dieser Anteil beruht auf dem Aufstockungsunterhalt. Da der Beklagten aber auch noch ersparte Aufwendungen zuzurechnen waren i.H.v. 120 EUR, mussten diese im Verhältnis zu dem Unterhalt von 594 EUR gesetzt werden. Dies macht einen Betrag von 20,2 % aus. Dieser Anteil von 20,2 % ist wiederum in Abzug zu bringen von den 94 EUR, die auf dem Aufstockungsunterhalt beruhen, so dass ein Restbetrag von 75 EUR verbleibt.

Dieser Aufstockungsunterhalt von 75 EUR kann nicht gem. §§ 1573, 1578b BGB befristet werden, weil der Kläger insoweit gem. § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert ist. Aufgrund der Entscheidung des BGH vom 12.4.2006 (FamRZ 2006, 1006) stand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, die dem Urt. v. 2.1.2007 vorausgegangen ist, fest, dass § 1573 Abs. 5 BGB alter Fassung eine Befristung des Unterhaltsanspruchs ermöglichte. Der Kläger hätte daher diesen Einwand der Befristung bereits im Verfahren 1 F 432/06 AG Altötting vorbringen müssen. Dies ist unterblieben.

Den Parteien musste keine erneute Schriftsatzfrist eingeräumt werden, weil das Problem der Befristung bereits Gegenstand beider Instanzen war, im heutigen Termin erörtert wurde und die Parteien Gelegenheit hatten, zu dem Rechenergebnis, wie oben dargestellt, Stellung zu nehmen.

Eine Fortdauer des Aufstockungsunterhalts würde voraussetzen, dass die Beklagte arbeitsfähig ist. Dies verneint sie aber, so dass der Unterhaltsanspruch i.H.v. 380 EUR auch nicht aus anderen Gründen aufrechterhalten werden kann.

Das AG hat daher zu Recht den Unterhalt, der auf Krankenunterhalt beruht, zeitlich befristet. Insoweit ist der Kläger nicht präkludiert, weil erst ab 1.1.2008 der Unterhaltsanspruch hinsichtlich der Dauer befristet werden kann. Dass er nach § 1578 BGB alter Fassung der Höhe nach herabgesetzt werden konnte, betrifft eine andere Fallgestaltung.

Das AG hat in nicht zu beanstandender Weise den Krankenunter...

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