Leitsatz (amtlich)

Verletzen einzelne Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die ihnen aus dem Gesellschaftsvertrag obliegende Treuepflicht gegenüber den übrigen Gesellschaftern und gründen sie zur Durchführung ihres Vorhabens ihrerseits eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, so können die Gesellschafter der "Alt-GbR" einer Inanspruchnahme durch die "Neu-GbR" den Treuepflichtverstoß ihrer Mitgesellschafter unmittelbar einredeweise entgegenhalten. Dem steht die rechtliche Selbständigkeit der "Neu-GbR" nicht entgegen.

 

Normenkette

HGB § 129 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 19.04.2011; Aktenzeichen 12 O 13215/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG München I vom 19.4.2011 - 12 O 13215/09, abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 18.567,07 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 8.1.2009 zu zahlen Zug um Zug gegen Aushändigung einer Kopie der Urkunde vom 21.08./27.9.2007 über die Abtretung der Darlehensforderung von der E ... AG an die Klägerin, überschrieben mit "Forderungskaufvertrag".

Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Mehrkosten, die infolge der Anrufung des LG Berlin entstanden sind und von der Klägerin zu tragen sind, tragen die Klägerin 51 % und der Beklagte 49 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 37.750,22 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt aus abgetretenem Recht als Gesellschaftsgläubigerin den Beklagten als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf Haftung für eine Gesellschaftsschuld in Anspruch.

Im Jahr 1990 wurde der geschlossene "Immobilien-Fonds ... Z. 16" in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet zu dem Zweck, das Grundstück in ..., Z. 16 zu erwerben und mit einem Wohnhaus und einer Tiefgarage zu bebauen sowie Wohnungen und Stellplätze zu vermieten (§ 2 des Gesellschaftsvertrages, Anlage K 1). Das Gesellschaftskapital ist rechnerisch in 164 Anteile aufgeteilt. Der Beklagte zeichnete bei seinem Beitritt drei Anteile und ist mit einer Quote von 1,8293 % an der Gesellschaft beteiligt. Konzeptionsgemäß nahm die GbR mit Vertrag vom 08.10./15.10.1990 bei der ... bank zur Objektfinanzierung ein grundschuldgesichertes Darlehen über 2.666.700 DM, umgerechnet 1.363.462,06 EUR, zu einem Zinssatz von 6,45 % p.a. bei einer Tilgung von 1 % p.a. und einer Auszahlung von 90 % auf (Anlage K 2). Für den Beklagten hat - wie für die übrigen geworbenen Gesellschafter - der Kaufmann Dr. D. als vollmachtloser Vertreter für den Rechtsanwalt W. S. zu notarieller Urkunde vom 11.11.1992 die persönliche Haftung für die Zahlung eines Geldbetrages erklärt, der dem quotalen Anteil an der Grundschuldhauptsache (2.670.000 DM) entspricht, hier mithin: 48.781,11 DM, umgerechnet 24.941,39 EUR, zzgl. 15 % Zinsen p.a. Zugleich erklärte er für die Gesellschafter die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung wegen des übernommenen Betrages. Rechtsanwalt S. hat die Erklärung am 26.11.1992 namens der Gesellschafter genehmigt (Anlage K 4).

Der Gesellschaftsvertrag enthält betreffend die Gesellschafterpflichten und die Gesellschafterhaftung (u.a.) folgende Bestimmungen:

§ 2:

"4)... Die der Gesellschaft beitretenden Gesellschafter treten neben den Gründungsgesellschaftern in mit der Gesellschaft bereits abgeschlossene Verträge als Mitschuldner und als Mitberechtigte ein. Dabei wird eine persönliche Mithaftung der beitretenden Gesellschafter nur teilschuldnerisch entsprechend ihrer Beteiligungsquote begründet ...

5) Zu Nachschüssen sind die Gesellschafter verpflichtet, insbesondere wenn sich die Herstellungs- und Finanzierungskosten des Bauvorhabens ... über die kalkulierten Beträge hinaus erhöhen ...

7) Die Gesellschafter sind untereinander verpflichtet, alles für die Durchführung des Gesellschaftszwecks Erforderliche zu tun und alles zu unterlassen, was die Realisierung des Gesellschaftszweckes beeinträchtigten könnte."

§ 3:

"1) Die Gesellschafter haften gegenüber Gläubigern der Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen als Gesamtschuldner und mit ihrem sonstigen Vermögen nur teilschuldnerisch entsprechend ihrer Beteiligung ...

2) Der geschäftsführende Gesellschafter und ... sind verpflichtet, bei allen Rechtshandlungen ... die einzelnen Gesellschafter schuldrechtlich nur als Teilschuldner entsprechend ihrer Beteiligung zu verpflichten ..."

Seit 1998 war die Gesellschaft nicht mehr in der Lage, die geschuldeten Annuitätenzahlungen vertragsgemäß zu leisten. Aus diesem Grunde geführte Sanierungsverhandlungen zwischen der Gesellschaft, diese vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B. ...

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