Leitsatz (amtlich)

1. § 54a Abs. 1 UrhG erfasst auch digitale Vervielfältigungsverfahren. PCs sind nach dieser Vorschrift vergütungspflichtige Geräte.

2. Zur Höhe der angemessenen Vergütung gem. § 54a Abs. 1, § 54d Abs. 1 UrhG bei PCs.

 

Normenkette

UrhG § 54a Abs. 1, § 54d Abs. 1, § 54h Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; EG Art. 82; Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.5.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 23.12.2004; Aktenzeichen 7 O 18484/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 03.07.2014; Aktenzeichen I ZR 30/11)

BGH (Urteil vom 02.10.2008; Aktenzeichen I ZR 18/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG München I vom 23.12.2004 in Ziff. III teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für jedes Gerät, über welches gem. Ziff. I. Auskunft zu erteilen ist, einen Betrag i.H.v. 12 EUR zzgl. der gesetzlich geschuldeten Mehrwertsteuer zu bezahlen, und zwar

  • für die von der Beklagten importierten Geräte seit dem Ende des jeweiligen Kalendermonats, für den die Anzahl der Geräte anzugeben ist;
  • für die von der Beklagten hergestellten Geräte seit 24.3.2001.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München I vom 23.12.2004 wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 60 % und die Beklagte 40 % zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung in der Hauptsache abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 50.000 EUR, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Jede der Parteien kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, die Verwertungsgesellschaft Wort, macht gegen die Beklagte, die in Deutschland Personalcomputer (PCs) herstellt und vertreibt sowie von Dritten bezieht, Ansprüche im Zusammenhang mit einer Gerätevergütung (§ 54a Abs. 1 UrhG) für PCs geltend.

Die Klägerin nimmt als einzige Verwertungsgesellschaft in Deutschland die urheberrechtlichen Befugnisse der ihr angeschlossenen Wortautoren und ihrer Verleger wahr. Im Zusammenhang mit der Gerätevergütung gem. § 54a UrhG ist sie auch im Auftrag der Verwertungsgesellschaft für die urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Fotografien, Bildwerken und Grafiken aller Art, der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst tätig.

Die Klägerin hat zusammen mit der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst einen Tarif betreffend PCs aufgestellt, der im Bundesanzeiger Nr. 240 vom 21.12.2000, S. 23 686 bekannt gemacht worden ist. In dieser Bekanntmachung (Anlage K 3) heißt es u.a.:

"Die Vergütung aller Berechtigten nach § 54a Abs. 1 UrhG beträgt für jeden ab 1.1.2001 veräußerten oder sonst in Verkehr gebrachten PC 30 EUR.

PC's im Sinne dieser Bekanntmachung sind universelle Maschinen auf Mikroprozessor- Basis mit eigenem Betriebssystem (Server und Client) und Speichermöglichkeit einschließlich aller Unterkategorien wie Laptops, Notebooks etc.

Nicht unter die Vergütungspflicht fallen

  • Hosts (Geräte, die keiner intelligenten Workstation bedürfen)
  • Workstations, die über kein eigenes Betriebssystem, keinen eigenen Speicher oder keine Möglichkeit des Datenaustausches verfügen."

Dem vorliegenden gerichtlichen Verfahren ist ein Schiedsstellenverfahren nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 16 UrhWG vorangegangen. Die Schiedsstelle nach dem Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten beim Deutschen Patent- und Markenamt (im Folgenden: Schiedsstelle) hat am 31.1.2003 einen Einigungsvorschlag (Anlage K 16; veröffentlicht in Schulze, RzU, SchSt Nr. 9 m. Anm. v. Gass/Schweikert) erlassen, auf den Bezug genommen wird. Der Tenor dieses Einigungsvorschlags lautet auszugsweise wie folgt:

I. ...

II. Soweit die [Beklagte] nach §§ 54a ff. UrhG verpflichtet ist, als Herstellerin, Importeurin oder Händlerin der im Vorschlag zu 1. genannten Geräte nach erteilter Auskunft gem. den Vorschlägen zu 1. und 2. eine Vergütung an die [Klägerin] zu zahlen, beträgt diese Vergütung (einfacher Vergütungssatz) jeweils pro Gerät 12 EUR zzgl. der gesetzlich geschuldeten Mehrwertsteuer.

III. ...

Gegen diesen Einigungsvorschlag haben beide Parteien Widerspruch eingelegt.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wie viele Personal Computer (PC), nämlich sämtliche universelle Maschinen auf Mikroprozessor-Basis mit eigenem Betriebssystem (Server und Client) und Speichermöglichkeiten einschließlich aller Unterkategorien wie z.B. Laptops, Notebooks, aber ausge...

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