Leitsatz (amtlich)

1. Auf die Vereinbarung über die gemeinschaftliche Haltung eines Deckhengstes sind die §§ 705 ff. BGB anzuwenden.

2. Gegenüber dem Anspruch auf Ausstellung einer Deckbescheinigung für ein Fohlen kann ein Zurückbehaltungsrecht wegen Aufwendungen für die Tierhaltung nicht geltend gemacht werden.

3. Der durch die Nichtausstellung der Deckbescheinigung verursachte Schaden besteht in der Differenz des Verkehrswertes des Fohlens mit und ohne Abstammungsnachweis durch die Deckbescheinigung.

 

Verfahrensgang

LG Memmingen (Urteil vom 28.04.1999; Aktenzeichen 3 O 942/98)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des LG Memmingen v. 28.4.1999 dahin abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 4.550,50 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 4 % seit 16.3.1998 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des erstinstanziellen Verfahrens trägt die Klägerin 93/100 und der Beklagte 7/100. Von den Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 92/100 und der Beklagte 8/100.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Wert der Beschwer der Klägerin im Berufungsverfahren übersteigt 20.000 Euro. Der Wert der Beschwer des Beklagten im Berufungsverfahren übersteigt 20.000 Euro nicht.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen zu geringen Erlöses bei der Zwangsversteigerung von zwei Pferden aufgrund nicht rechtzeitiger Herausgabe von Deckscheinen.

Die Parteien gründeten im Jahr 1986 eine Deckgemeinschaft zur Züchtung von Araberpferden und pachteten zu diesem Zweck den Hengst "Aut" für die Decksaison 1986. Beide Parteien waren berechtigt, Stuten von diesem Hengst decken zu lassen. Dementsprechend deckte der Hengst die der Klägerin gehörenden Stuten "Ramalla" und "Rahiba", worauf im Jahre 1987 "Ramalla" das Fohlen "Asmar" und "Rahiba" das Fohlen "Rabba" bekamen. Da sich die Parteien die Kosten für den Zuchthengst "Aut" geteilt hatten, musste für einen Deckvorgang nichts mehr bezahlt werden. Der Beklagte erstellte die zum Abstammungsnachweis der Pferde erforderlichen Deckscheine, händigte diese jedoch der Klägerin nicht aus.

Die Klägerin geriet Anfang 1990 in Zahlungsschwierigkeiten, worauf "Asmar" und "Rabba" sowie weitere vier Pferde am 6.7.1990 von dem Gerichtsvollzieher beim AG L. gepfändet und "Rabba" und "Asmar" am 1.9.1990 zwangsversteigert wurden, wobei für "Rabba" ein Erlös von 3.000 DM und für "Asmar" ein Erlös von 3.100 DM erzielt worden ist. Auf Veranlassung der Klägerin hatte das AG L. mit Beschluss v. 30.8.1990 angeordnet, dass im Versteigerungstermin der Sachverständige Dr. K. zur Schätzung der gepfändeten Pferde hinzu zu ziehen sei.

Die Klägerin hatte mit Anwaltsschreiben v. 20.6.1990 den Beklagten aufgefordert, die Deckscheine für die Stuten "Rahiba" und "Ramalla" bis spätestens 2.7.1990 zu übersenden. Mit Urteil des AG G. v. 14.2.1991 (Az. C 881/90) wurde der Beklagte u.a. verurteilt, an die Klägerin die Deckscheine für die Stuten "Rahiba" und "Ramalla" für das Deckjahr 1986 bezüglich der Deckvorgänge des Hengstes "Aut" herauszugeben.

Der Ersteigerer verkaufte das Pferdes "Rabba" an Margret Kl. für 6.000 DM. Dieser veräußerte im Sommer 1992 an den Kaufmann W. ein von "Rabba" abstammendes Hengstfohlen für 30.000 DM und im August 1992 die trächtige Stute "Rabba" für 55.000 DM, wobei vereinbart wurde, dass der Verkäufer das neue Fohlen erhält.

Der Beklagte berief sich wegen der Nichtherausgabe der Deckscheine auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen Unterbringungskosten, welche die Klägerin für ihre Pferde dem Beklagten angeblich nicht bezahlt hatte.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Wert der Pferde "Asmar" und "Rabba" habe zur Zeit der Pfändung und der Versteigerung 135.000 DM betragen. Der geringe Versteigerungserlös für beide Tiere beruhe darauf, dass der Gerichtsvollzieher sie nicht als Zuchttiere taxiert habe, weil der Beklagte die Deckscheine für diese Pferde trotz mehrfacher Aufforderung nicht an die Klägerin herausgegeben habe. Sie selbst sei außer Stande gewesen, für ihre Pferde Deckscheine auszustellen, weil nicht sie, sondern der Beklagte im Besitz der erforderlichen Blankoformulare und der Hengst "Aut" beim Beklagten untergestellt gewesen sei. Ausschließlich der Beklagte habe den Deckakt in die Deckliste eintragen und dann auch den entsprechenden Deckschein ausstellen können. Die Klägerin habe vom Beklagten auch keine Einsicht in die Deckliste für die in den jeweiligen Deckschein einzutragenden genauen Daten erhalten.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 135.000 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 16.3.1998 zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

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