Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls

 

Normenkette

StVO § 5 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG München II (Urteil vom 01.03.2018; Aktenzeichen 14 O 3325/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin vom 01.08.2018 wird das Endurteil des LG München II vom 01.03.2018 (Az. 14 O 3325/16) in Nr. 1. und 2. abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1.1. Die Beklagten werden verurteilt, samtverbindlich an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 07.08.2016 zu bezahlen

1.2 Es wird festgestellt, dass die Beklagten samtverbindlich verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren unfallbedingten Schäden zu 50% zu ersetzen, die ihr auf Grund des Verkehrsunfalles vom 27.06.2016 gegen 07.20 Uhr auf der G.Straße in M.S. noch entstehen werden, soweit diese nicht auf Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

1.3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 77%, die Beklagten samtverbindlich 23%.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 77%, die Beklagten samtverbindlich 23%.

III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO).

B. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.

I. Das Landgericht hat zu Unrecht einen Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz verneint.

1. Auf Grund der vom Senat ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere den Angaben der Zeugin K.-W. und den Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. R., dessen hervorragende Sachkunde dem Senat aus einer Vielzahl erholter Gutachten und Anhörungen vor dem Senat bekannt ist und denen der Senat folgt, war die Klägerin für die Beklagte zu 1) beim Einfahren in die Vorfahrtstraße sichtbar und der Unfall für sie bei entsprechender Blickzuwendung vermeidbar. Bei Einfahrbeginn der Beklagten zu 1) 1 Sek. - 1,41 Sek. vor der Kollision war die Klägerin 14 m - 20 m entfernt, es liegt daher ein Vorfahrtverstoß der Beklagten zu 1) vor. Die Kollisionsgeschwindigkeit des Pkw der Beklagten zu 1) betrug etwa 10 km/h. Die Klägerin ihrerseits fuhr unter Missachtung der durchgehenden Linie und einer Sperrfläche über diese hinweg teilweise auf der Fahrbahnhälfte des Gegenverkehrs mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h an der stehenden Kolonne vorbei in den Kreuzungs- bzw. Einmündungsbereich ein. Ein teilweises Überfahren der Sperrfläche und der durchgehenden Linie muss nach den Feststellungen des Sachverständigen auch dann erfolgt sein, wenn - wovon der Senat auf Grund der Angaben der Zeugin K.-W. ausgeht - die wartenden Fahrzeuge ganz rechts eingeordnet waren. Die Zeugin erinnerte sich weiter, dass sich der Verkehr zum Unfallzeitpunkt wie üblich staute und ein Pkw vor ihr und sie selbst bereits längere Zeit in der G. Straße standen, als die Klägerin ihrem Eindruck nach sehr schnell und mit Vollgas die Kolonne links überholte. Dass bei dieser Verkehrslage im Berufsverkehr mit aus der P. Straße ausfahrende Fahrzeugen zu rechnen war, drängte sich auch aus Sicht der Klägerin auf. Der Senat glaubt auch den Angaben der Beklagten zu 1), wonach der Lkw zunächst so im Einmündungsbereich stand wie aus der Anlage A 1 zum Sachverständigengutachten ersichtlich und anrollte, als sie sich an der Haltlinie befand. Deshalb und weil die hinter dem Sattelschlepper wartenden Fahrzeuge ganz rechts eingeordnet waren, hätte ein Zweiradfahrer auf Grund der Straßenbreite im Moment der Anfahrt der Beklagten zu 1) unter Einhaltung des Sicherheitsabstandes die Kolonne überholen können, ohne die durchgehende Linie und die Sperrfläche zu überfahren. Die ergänzende Beweisaufnahme ergab nicht, dass die Beklagte zu 1) trotz Wahrnehmung der Klägerin reaktionslos weiterfuhr. Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte zu 1) zuletzt vor der Anfahrt nicht nochmals nach links blickte, sondern nach rechts in Richtung des auf der Linksabbiegerspur in der G. Straße befindlichen Pkw's. Die Kollision wäre nach den Feststellungen des Sachverständigen auch vermieden worden, wenn die Klägerin nicht schneller als 30 km/h gefahren wäre.

2. Das Vorfahrtrecht der Klägerin erstreckt sich über die gesamte Fahrbahnbreite und entfällt auch nicht durch deren verkehrswidriges Überholen.

a) Ein Vorfahrtverstoß der Beklagten zu 1) liegt vor, da die Klägerin bei Einfahrt in die bevorrechtigte Straße für die Beklagte zu 1) als Bevorrechtigte erkennbar war.

b) Vorliegend ist zu bedenken, dass sämtliche zunächst für die Beklagte zu 1) sichtbaren vorfahrtberechtigten Fahrzeuge wegen eines Rückstaus in der P. Straße nicht in diese abbiegen konnten. Die Kreuzung war dergestalt durch abbiegewillig...

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