Leitsatz (amtlich)

1.) Das für Mahnverfahren eines Insolvenzverwalters (in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes) zuständige Mahngericht wird durch den allgemeinen Gerichtsstand des Insolvenzverwalters nach §§ 689 Abs. 2, 19a ZPO bestimmt.

2.) Der Umstand, dass § 19a ZPO einen allgemeinen Gerichtsstand des Insolvenzverwalters nach herrschender Auffassung nur für Passivprozesse begründet, steht dem wegen der andersartigen Funktion des allgemeinen Gerichtsstands im Mahnverfahren nicht entgegen.

 

Verfahrensgang

LG Memmingen (Aktenzeichen 1 HK O 1347/14)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 27.04.2016, Az. 1 HK O 1347/14, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz gegeneinander aufgehoben werden.

2. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Memmingen ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor

Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

1. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 78.000,00 EUR festgesetzt.

2. Der Streitwertbeschluss des Landgerichts Memmingen vom 14.04.2016 wird dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für die Gerichtsgebühren und die anwaltlichen Verfahrensgebühren in erster Instanz auf 202.463,19 Euro festgesetzt wird und der Streitwert für die anwaltlichen Terminsgebühren auf 78.000,00 Euro.

 

Gründe

I. Der Kläger macht in diesem Verfahren gegen den Beklagten als Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin zuletzt noch in Höhe von 70.787,59 Euro gemäß § 135 Abs. 2 InsO Rückerstattungsansprüche wegen der Befreiung von Sicherheiten aufgrund von Zahlungen auf Konten der Insolvenzschuldnerin bei der Sparkasse N. am 11.01.2010 bzw. 13.01.2010 wenige Tage vor dem Insolvenzantrag in Höhe von insgesamt über 200.000,00 Euro geltend. In einem Vorprozess hatte der Kläger bereits erfolgreich gegen die frühere Geschäftsbank der Insolvenzschuldnerin, die H. Bank, aufgrund einer Insolvenzanfechtung wegen inkongruenter Deckung die Rückerstattung von 150.000,00 Euro wegen der Ablösung eines nicht gekündigten Kontokorrentsaldos der Insolvenzschuldnerin am 11.12.2009 aus deren neuen Krediten bei der Sparkasse N. erstritten (Urteil des OLG Stuttgart vom 02.12.2015, Az. 9 U 52/15, gemäß Anlage B12). Außerdem erlangte der Kläger hinsichtlich der streitgegenständlichen Kredite einen weiteren Titel auf Rückerstattung von 118.018,00 Euro gegen die Sparkasse N. (Endurteil des LG Memmingen vom 27.05.2014, Az. 25 O 1921/13, Anlage K 1 zum Schriftsatz vom 16.9.2014; OLG München, Urteil vom 16.4.2015, Az. 24 U 2515/14, Anlage zum Schriftsatz vom 7.5.2015 = Bl. 45/46 d.A.). Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Prozesserklärungen im hiesigen Verfahren wird auf das angefochtene Endurteil des Landgerichts Memmingen vom 27.04.2016, Az. 1 HK O 1347/14, Bezug genommen. Änderungen haben sich insoweit nicht ergeben. Das Landgericht Memmingen hat den Beklagten in Ziffer I. des Tenors verurteilt, an den Kläger gemäß § 143 Abs. 3 InsO 70.787,59 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.04.2010 zu bezahlen, und die Klage im Übrigen abgewiesen. In Ziffer II. des Tenors wurden dem Kläger 20 % und dem Beklagten 80 % der Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung der zusprechenden Entscheidung wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen von § 135 Abs. 2 InsO gegeben seien. Eine Rechtshandlung, mit der eine Forderung eines Darlehens durch die Insolvenzschuldnerin gegenüber einem Dritten befriedigt worden sei, liege in der Kontokorrentabrede der Insolvenzschuldnerin mit der Sparkasse N. in Verbindung mit der Zahlung der S. Früchte GmbH auf die im Soll befindlichen Konten der Insolvenzschuldnerin bei der Sparkasse in Höhe von mindestens 190.445,02 Euro im Januar 2010. Die Zahlung führe zu einer Gläubigerbenachteiligung, weil der Schuldner mit der Zahlung seine Forderung gegen den Angewiesenen, und damit die Gläubigergesamtheit den Anspruch verloren habe. Dabei sei es unerheblich, ob der Verkauf der Früchte an die S. Früchte GmbH für die Insolvenzschuldnerin ein vorteilhaftes Geschäft gewesen sei. Der Beklagte sei dadurch von seinen Sicherheiten jedenfalls in Höhe von 70.787,59 Euro frei geworden. Es stehe nach Vorlage entsprechender Urkunden (Anlagen K 20 und 21) fest, dass die streitgegenständlichen Kredite, die durch die Zahlung der S. Früchte GmbH getilgt worden seien, durch eine Bürgschaft des Beklagten und seiner Ehefrau in Höhe von 200.000,00 Euro sowie eine Buchgrundschuld über 58.048,41 Euro und eine von der H. Bank abgetretene Buchgrundschuld über 250.000,00 Euro an dem i...

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