Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 04.09.2013; Aktenzeichen 20 O 2987/13)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG München I vom 4.9.2013 - 20 O 2987/13, aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das LG zurückverwiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 11.569,63 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Rückabwicklung eines Pkw-Kaufvertrags.

Mit Datum vom 22.1.2012 schloss die Klägerin mit dem in 27442 Gnarrenburg ansässigen Beklagten ebenda den als Anlage K1 vorgelegten Kaufvertrag über einen gebrauchten Pkw Audi A4 zum Preis von 9.000 EUR. Das Fahrzeug wurde in Gnarrenburg übergeben und von dort nach München, wo die Klägerin ausweislich Anlage K1 ihren Wohnsitz hatte (und weiterhin hat), überführt. Mit einem dem Beklagten am 30.7.2012 zugestellten Schreiben (Anlage K3) erklärte die Klägerin wegen arglistiger Täuschung (über die Gesamtfahrleistung) den Rücktritt und begehrte Rückzahlung des Kaufpreises sowie Erstattung entstandener Aufwendungen Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw.

Dieses Ziel verfolgt die Klägerin mit ihrer zum LG München I erhobenen Klage weiter. Das LG hat seine Zuständigkeit verneint - ein vom Wohnsitz des Beklagten abweichender Leistungsort sei weder vereinbart noch den Umständen zu entnehmen - und die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin.

Sie ist der Auffassung, das LG München I sei als gemeinsames Gericht des Leistungsortes, an dem sich die Kaufsache vertragsgemäß befinde, und an dem die Rückabwicklung des Kaufvertrages vollzogen werde, örtlich zuständig.

Sie beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und

1. den Beklagten kostenfällig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, an die Klägerin 11.569,63 EUR nebst Jahreszinsen hieraus von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 7.8.2012 Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Pkw's Audi A4, Farbe schwarz mit der FIN WAUZZZ8E86A155008 zu bezahlen an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. EUR 837,52 nebst Jahreszinsen hieraus von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

2. Festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Pkw s Audi A4 mit der Identifikationsnummer WAUZZZ8E86A155008 - abgemeldet - in Annahmeverzug befindet.

Der Beklagte beantragt - bei der gebotenen sachgerechten Auslegung des Antrags - Zurückweisung der Berufung, hilfsweise Zurückverweisung an das LG. Er bestreitet eine arglistige Täuschung und rügt die örtliche Zuständigkeit: Leistungsort sei allein der Übergabeort.

Auf das angefochtene Urteil sowie die gewechselten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Mit Beschluss vom 18.10.2013 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter übertragen. Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, wurde der 31.12.2013 bestimmt.

Das LG München I ist örtlich zuständig und die Klage auch im Übrigen zulässig. Ds angefochtene Urteil ist daher aufzuheben. Dies führt hier zur Zurückverweisung der noch nicht zur Entscheidung reifen Sache gem. § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG München I.

Das LG München I ist gem. § 29 Abs. 1 ZPO, der nicht nur für primäre vertragliche Leistungsansprüche sondern zumindest analog auf für hier gegenständliche Ansprüche aus Rückabwicklungsverhältnissen Anwendung findet (vgl. BGHZ 132, 105, 110; BayObLG NJW-RR 2002, 1502, 1503), örtlich zuständig. Streitgegenständlich ist hier der mit einem - untergeordneten - Schadensersatzanspruch verbundene Kaufpreisrückzahlungsanspruch nach erklärtem Rücktritt vom Kauf; letzterer ist für die Gerichtsstandbestimmung maßgeblich (Prütting/Gehrlein, ZPO, 5. Aufl. 2013, § 29 Rz. 14 "Kaufverträge" m.w.N.). Für die Frage der örtlichen Zuständigkeit kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin die zum Rücktritt berechtigenden Tatsachen beweisen kann; doppelrelevante Tatsachen werden erst bei Prüfung der Begründetheit festgestellt, für die Zulässigkeit genügt die schlüssige Behauptung (BGHZ 124, 241 m.w.N.).

§ 29 Abs. 1 ZPO begründet einen besonderen Gerichtsstand an dem Ort, an dem die streitige Pflicht zu erfüllen ist (Erfüllungsort), was sich nach materiellem Recht bestimmt (BGH NJW-RR 2007, 777, 778; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 29 Rz. 24; Patzina in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl. 2013, § 29 Rz. 19), hier mangels gesetzlicher Sonderregelungen maßgeblich nach der Vorschrift des § 269 BGB (vgl. BGHZ 157, 20, 23; BGH NJW-RR 2007, 777, 778). Zwar ist der Erfüllungsort für die Verbindlichkeiten beider Vertragsteile grundsätzlich einzeln und gesondert zu bestimmen, jedoch ist anerkannt, dass (ausnahmsweise) ein einheitlicher Gerichtsstand angenommen werden kann. Für die Klage nach Rückgängigmachung des Kauf...

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