Leitsatz (amtlich)

1. Die dem Subunternehmer im Tiefbau obliegende Verkehrssicherungspflicht endet nicht mit der Beendigung seiner Tätigkeit und dem Abzug von der Baustelle. Er muss die von ihm geschaffene Gefahrenquelle sichern, entweder indem er selbst für eine dauerhafte Absicherung während seiner Abwesenheit sorgt oder die Verantwortung jemand anderem überträgt.

2. Ein Schmerzensgeld von 2.000 Euro ist angemessen für den durch den Sturz vom Fahrrad verursachten Bruch des linken Ellenbogens mit notwendiger Resektion des Radiusköpfchens mit einer fünf Monate andauernden Bewegungseinschränkung.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 19.05.2004; Aktenzeichen 19 O 13829/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG München I v. 19.5.2004 aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.796,75 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1.12.2000 zu bezahlen.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus Anlass des Unfalles v. 14.8.2000 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergehen.

IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

V. Die Kosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben. Die Beklagte zahlt die Hälfte der für beide Instanzen der Nebenintervenientin entstandenen Kosten. Im Übrigen trägt die Nebenintervenientin ihre Kosten selbst.

I. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Der Vorsitzende erläutert die wesentlichen Gesichtspunkte der Entscheidung wie folgt:

Die Berufung hat zu einem Teil Erfolg.

Die Beklagte hat die von ihr verlegten Schlauchleitungen unzureichend gesichert: Wie aus den beigezogenen Ermittlungsakten ersichtlich ist und sich auch aus der heutigen Beweisaufnahme ergeben hat, fehlten Warnhinweise und eine Beleuchtung. Die angebrachten Matten waren ferner gegen Verrutschen nicht gesichert. Die Beklagte hat damit die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, was auch das LG zunächst nicht verkennt. Zu Unrecht nimmt das erstinstanzliche Gericht jedoch an, die Verkehrssicherungspflicht sei durch Abziehen von der Baustelle beendet gewesen. Die Beklagte hätte vielmehr die von ihr geschaffene Gefahrenquelle sichern müssen, entweder indem sie selbst für eine dauerhafte Absicherung während ihrer Abwesenheit sorgte oder die Verantwortung jemand anderem übertrug.

Der Höhe nach sind für die unmittelbaren Verletzungsfolgen 166,75 Euro zu ersetzen. Für die unfallbedingt eingetretene Erschwerung der Haushaltsführung kann der Kläger gleichfalls Ersatz verlangen. Dass er tatsächlich keine Haushaltshilfe eingestellt hat, berührt seinen Ersatzanspruch nicht, weil es sich im Verhältnis zur Beklagten um einen überobligationsmäßigen Verzicht handelt, auf den sich diese nicht berufen kann (BGH v. 18.2.1992 - VI ZR 367/90, MDR 1992, 1129 = VersR 1992, 618 ff.). Der Kläger war 32 Tage lang arbeitsunfähig. Der Senat schätzt, dass er weitere 10 Tage spürbar beeinträchtigt war. Als Durchschnittsaufwand für die Zeit von 42 Tagen sind für die Haushaltshilfe 2 Stunden anzunehmen. Die vom Kläger selbst angesetzte Entlohnung einer fiktiven Haushaltshilfe mit 7,50 Euro pro Stunde ergibt rechnerisch einen Schadensersatzbetrag für diesen Posten von 630 Euro, den der Senat nach § 287 ZPO schätzt.

Der Kläger hat auch Anspruch auf Schmerzensgeld (§ 847 BGB), das unter Berücksichtigung der notwendigen Operation und des langwierigen Heilungsprozesses und der darauf beruhenden fortwirkenden Beeinträchtigung mit 2.000 Euro zu bemessen ist. Der dem Kläger insgesamt zu ersetzende Schaden beläuft sich damit auf 2.796,75 Euro.

Wie sich aus der Aussage des Zeugen Dr. Sch. ergibt, besteht die Gefahr, dass sich der Kläger auch weiterer Behandlungen unterziehen muss und auch später Komplikationen im Gelenk auftreten können, weshalb auch der geltend gemachte Feststellungsanspruch begründet ist.

Beide Parteien verzichten auf die schriftliche Begründung des Urteils.

Nach geheimer Beratung des Gerichts verkündet der Vorsitzende folgenden

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.378 Euro festgesetzt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1325093

IBR 2005, 203

MDR 2005, 1050

VRR 2005, 162

BauRB 2005, 195

IWR 2005, 76

OLGR-Süd 2005, 155

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