Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch auf Ersatz von Verteidigerkosten nach den §§ 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4, 7 StrEG im Rahmen einer Durchsuchung und Beschlagnahme lässt sich gem. § 287 ZPO von den allgemeinen Kosten der Verteidigung im Ermittlungsverfahren abgrenzen. Ein untrennbarer Zusammenhang besteht nicht.

Bei der personellen Ausstattung von Spezialabteilungen einer Staatsanwaltschaft kann der unregelmäßige Arbeitsanfall berücksichtigt werden. Ein Rechtssatz, dass jedes Ermittlungsverfahren in Wirtschaftsstrafsachen innerhalb von drei Monaten nach der einleitenden Durchsuchungsaktion abgeschlossen sein muss, besteht nicht.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 21.06.2004; Aktenzeichen 9 O 2796/04)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG München I v. 21.6.2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger macht gegen den Beklagten Ansprüche nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) und wegen Amtspflichtverletzung geltend.

Hinsichtlich des Tatbestandes und des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien nimmt der Senat auf das Urteil des LG München I v. 21.6.2004, in dem dem Kläger ein Teilbetrag zugesprochen wurde, Bezug.

Der Kläger beantragt: Unter Abänderung des Urteils des LG München I vom 21.6.2004 - 9 O 2796/04 - wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 649,60 EUR nebst 5 % Punkten hieraus ab dem 27.9.2003 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird verwiesen auf die Schriftsätze des Klägers vom 31.7.2004 (Bl. 69/95 d.A.), 16.10.2004 (Bl. 121/123 d.A.), 27.10.2004 (Bl. 133/134 d.A.) und 31.10.2004 (Bl. 139/143 d.A.) sowie des Beklagten vom 5.10.2004 (Bl. 102/119 d.A.), 20.10.2004 (Bl. 124/125 d.A.) und 4.11.2004 (Bl. 145/146 d.A.). Von einer näheren Darstellung wird nach den §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

Der Senat hat die Ermittlungsakte 66 Js 19252/03 der Staatsanwaltschaft M. beigezogen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Dem Kläger stehen nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen keine weiter gehenden Ansprüche zu. Eine im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Schaden stehende Amtspflichtverletzung der Staatsanwaltschaft M. ist zu verneinen.

1. Nach den §§ 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4, 7 StrEG steht dem Kläger selbst bei Ansatz der Höchstgebühr von 660 EUR statt der vertretbar vom LG angesetzten 500 EUR gem. § 12 BRAGO rechnerisch ein Anspruch i.H.v. nicht mehr als 180,50 EUR zu. Dies ist weniger als der vom LG errechnete Betrag von 252,88 EUR.

a) Der Ansatz einer Gebühr von 500 EUR nach den §§ 84 Abs. 2, 83 Abs. 1 Nr. 3, 12 BRAGO durch das LG hält sich im Rahmen billigen Ermessens.

Der vom LG angenommene Betrag liegt deutlich über der Mittelgebühr von 355 EUR (der Hälfte von 50 EUR + 660 EUR), die für durchschnittliche Angelegenheiten anzusetzen ist. Der Verteidiger wurde erst relativ spät im Laufe des Verfahrens eingeschaltet. Eine Anwesenheit bei Vernehmungen war nicht erforderlich. Die behaupteten überdurchschnittlichen Vermögensverhältnisse des Klägers werden in der Berufungsbegründung nicht näher dargelegt.

Andererseits handelte es sich um ein umfangreiches Verfahren mit komplizierten Personenzusammenhängen. Auf einen derartigen Verfahrenstypus, der ein langes Aktenstudium und eine sorgfältige Strukturierung erfordert, erscheint der gesetzliche Gebührenrahmen nicht zugeschnitten, weshalb Verteidiger in diesen Fällen Honorarvereinbarungen treffen, die erfahrungsgemäß über der Höchstgebühr liegen. Der angegebene Gesamtzeitaufwand von 20-30 Stunden erscheint plausibel. Es besteht jedoch kein Rechtssatz, dass die gesetzlichen Gebühren stets kostendeckend sein müssen. Jeder Anwalt arbeitet, soweit er nicht allein nach Zeit abrechnet, aufgrund einer Mischkalkulation aus lohnenden und weniger lohnenden Fällen.

Die Bedeutung der Sache für den Kläger, der sich beruflich umorientiert haben soll, ist schwer einzuschätzen. Existenzielle Auswirkungen sind nicht belegt. Doch handelt es sicher nicht um eine Bagatelle. Die Fragebogenaktion hat, worauf der Kläger zu Recht hinweist, zu einer Bloßstellung im Baustoffhandel und bei verschiedenen Schreinern geführt. Andererseits werden konkrete Beeinträchtigungen der Erwerbstätigkeit des Klägers nicht geschildert. Eine Vollzugsstrafe war nicht zu erwarten. Die Durchsuchung erfolgte, wie sich aus der Ermittlungsakte ergibt, sehr diskret.

Dass im Rahmen des billigen Ermessens nach § 12 Abs. 1 S. 1 BRAGO auch Spielraum für eine höhere Gebühr bestanden hätte, liegt nahe. Eine solche Festsetzung durch den Verteidiger ist aber nicht erfolgt. Für ein Gericht besteht keine Verpflichtung, die Obergrenze des Ermessensrahmens auszuschöpfen. Letztlich kommt es darauf aber i.E. nicht an, wie noch darzulegen sein wird (s. u...

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