Leitsatz (amtlich)

Ein Prozessfinanzierungsvertrag stellt eine unzulässige Umgehung des Verbots von Erfolgshonoraren nach § 49b Abs. 2 BRAO dar, wenn die mit der Führung des Prozesses mandatierten Rechtsanwälte mit der prozessfinanzierenden GmbH eine stille Gesellschaft gegründet haben und die Erfolgsbeteiligung ohne Auskehrung an die prozessfinanzierende GmbH unmittelbar unter den Rechtsanwälten als stillen Gesellschaftern aufgeteilt wird.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 04.11.2011; Aktenzeichen 23 O 7295/11)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG München I vom 4.11.2011 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesen Urteilen jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil wird begründet wie folgt.

 

Gründe

I. Die Klägerin fordert von der Beklagten Zahlung aus abgetretenem Recht im Zusammenhang mit einer Prozessfinanzierungsvereinbarung.

Das LG, auf dessen tatsächliche Feststellungen nach § 540 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen, da es die Abtretung der Forderung an die Klägerin insgesamt als sittenwidrig ansieht. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Nach ihrer Ansicht ist die Abtretung nicht sittenwidrig, da die Klägerin jedenfalls in Höhe der Hälfte der abgetretenen Forderung ihrerseits einen Anspruch gegen die a. GmbH habe. Auch könne die Abtretung als Verfügungsgeschäft nicht sittenwidrig sein. Zudem fehle es an einer Pflichtverletzung der a. GmbH bzw. ihres Geschäftsführers, da der stille Gesellschaftsvertrag wegen Verstoßes gegen § 49b Abs. 2 BRAO nichtig sei. Jedenfalls müsse die sittenwidrige Abtretung in eine Einziehungsermächtigung umgedeutet werden.

Die Klägerin beantragt daher, das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 44.871,46 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 1.3.2011 zu zahlen.

sowie hilfsweise das Urteil des LG München I vom 4.11.2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die a. Prozessfinanzierungsgesellschaft mbH, H., 44.871,46 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1.3.2011 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil. Ein Verstoß gegen § 49b Abs. 2 BRAO liege nicht vor, da mit der stillen Gesellschaft gerade eine Organisationsstruktur gewählt worden sei, die einen unmittelbaren Einfluss der Geschäftsführer der Beklagten auf die a. GmbH ausschließe.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die Berufung ist zulässig aber unbegründet.

1. Der Hauptantrag auf Zahlung von 44.871,46 EUR an die Klägerin hat keinen Erfolg, da bereits der Prozessfinanzierungsvertrag der a. GmbH mit Herrn G. nach § 134 BGB unwirksam ist und daher der Anspruch von Herrn G. nicht wirksam an die a. GmbH abgetreten wurde (dazu unten 1.1.). Darüber hinaus wäre auch die Abtretung des Anspruchs der a. GmbH an die Klägerin nach § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig (dazu unten 1.2).

1.1. Der Prozessfinanzierungsvertrag vom 18./21.2.2006 stellt eine unzulässige Umgehung des Verbots von Erfolgshonoraren nach § 49b Abs. 2 BRAO dar und ist daher nach § 134 BGB nichtig:

1.1.1. Ein Verstoß gegen § 49b Abs. 2 BRAO läge jedenfalls dann vor, wenn die Geschäftsführer der Beklagten den Prozessfinanzierungsvertrag persönlich mit Herrn G. abgeschlossen hätten.

Nach § 49b Abs. 2 BRAO a.F. sind jegliche Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird oder nach denen der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrags als Honorar erhält (quota litis), unzulässig. Dagegen verstößt die Regelung in Ziff. 5 und Ziff. 7 des Finanzierungsvertrags. Nach Ziff. 5 erhält die a. GmbH an der erstrittenen Summe (nach Abzug der Anwaltskosten) einen Anteil von 50 %. Gemäß Ziff. 7 haben Herr und Frau G. ihren eigenen künftigen Anspruch gegen die Beklagte auf Auskehrung des Erlöses nach §§ 675, 667 BGB i.H.v. 50 % bereits vorab an die a. GmbH abgetreten, wie das LG im Urteil (Entscheidungsgründe Seite 4) als unstreitig festgestellt hat. Ein Abschluss dieser Vereinbarung mit einer Erfolgsbeteiligung i.H.v. 50 % durch die Geschäftsführer der Beklagten persönlich wäre nach § 49b Abs. 2 BRAO a.F. unzulässig gewesen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich auch bei Anwendung des § 49b Abs. 2 BRAO i.V.m. § 4a RVG in der aktuellen, den Anforderungen des BVerfG (NJW 2007, 979 ff.) Rechnung tragenden gültigen Fassung nichts anderes: Auch danach ist die Vereinbarung eines E...

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