Entscheidungsstichwort (Thema)

Linksabbiegerunfall: Haftungsverteilung

 

Normenkette

StVG § 17 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 22.07.2013; Aktenzeichen 17 O 4617/13)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten vom 10.09.2013 gegen das Endurteil des LG München I vom 22.07.2013 (Az. 17 O 4617/13) wird zurückgewiesen.

2. Das Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

3. Die Beklagten tragen samtverbindlich die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall am 20.10.2012 um 16.30 Uhr auf der Kreuzung B.-Straße/A. straße in M.

Unfallbeteiligt sind der Zeuge M. mit dem klägerischen Pkw VW Golf, amtliches Kennzeichen ... 66 sowie der Beklagte zu 1) mit dem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw Ford Focus, amtliches Kennzeichen ... 87. Zum Unfallzeitpunkt fuhr der klägerische Fahrer auf der mittleren der 3 Fahrspuren der B.-Straße in Richtung Osten. Der klägerische Fahrer wollte die Kreuzung geradeaus überqueren. In der Gegenrichtung fuhr der Beklagte zu 1), der nach links in die A. straße abbiegen wollte.

Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird im Übrigen auf das angefochtene Urteil vom 22.07.2013 (Bl. 36/38 d.A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Mit Endurteil vom 22.07.2013 hat das Landgericht München I der Klage ganz überwiegend stattgegeben. Tragend ist das Erstgericht davon ausgegangen, dass die Beklagten dem Grunde nach für sämtliche unfallbedingten Schäden der Klägerin haften. Zur Überzeugung des Erstgerichts wurde der Verkehrsunfall allein durch den Beklagten zu 1) verursacht, welcher bei Rotlicht links abgebogen sei und dabei dem bevorrechtigten klägerischen Fahrzeug die Vorfahrt genommen habe. Hinsichtlich der weiteren Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses den Beklagten am 26.08.2013 zugestellte Urteil haben diese mit einem beim Oberlandesgericht München am 10.09.2013 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 55/56 d.A.) Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit beim Oberlandesgericht München am 13.11.2013 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 65/82 d.A.) begründet. Im Wesentlichen wiederholten die Beklagten ihre Darstellung, wonach der Beklagte zu 1) Nachzügler im Querverkehr gewesen sei, da er einer geradeaus fahrenden Radfahrerin die Vorfahrt habe belassen müssen. Sie untermauerten dies mit weiteren Argumenten zur gefahrenen Geschwindigkeit und den Schadensbildern.

Die Beklagten beantragen, abändernd die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 06.12.2013 (Bl. 86/87 d.A.) Beweis erhoben durch Einholung eines ergänzenden unfallanalytischen Gutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Christoph M. vom 01.04.2014 (Bl. 91/105 d.A.) sowie die Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 11.04.2014 (Bl. 110/113 d.A.) verwiesen.

Ergänzend wird auf die vorgenannte Berufungsbegründungsschrift, die Berufungserwiderung vom 02.12.2013 (Bl. 83/85 d.A.), die weiteren im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze der Beklagten sowie die Sitzungsniederschrift vom 11.04.2014 (Bl. 110/113 d.A.) Bezug genommen.

B.I. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Auch das eingeholte Ergänzungsgutachten hat nicht zum Nachweis geführt, dass sich der Unfall so wie von der Beklagtenseite behauptet, abgespielt hat.

Wie der dem Senat aus einer Reihe von Verfahren als sorgfältig arbeitender Sachverständiger bekannte Dipl.-Ing. Christoph M. unter Auswertung aller Anknüpfungstatsachen schlüssig dargelegt hat, ist das Schadensbild am Kläger-Pkw nach wie vor der technische Beweis dafür, dass sich das Beklagtenfahrzeug im Kollisionszeitpunkt in Vorwärtsbewegung befunden hat. Die Geschwindigkeit dieser Bewegung hat dabei 15 bis 20 km/h betragen. Damit kann der Beklagte zu 1) technisch ausschließbar auch nicht sog. Nachzügler gewesen sein, da er dann an der Kollisionsstelle nicht die (hohe) Kollisionsgeschwindigkeit hätte aufweisen können.

Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass sich die Annäherungsbewegung des Kläger-Pkw und dessen Ausgangsgeschwindigkeit mangels diesbezüglicher objektiver Anknüpfungspunkte retrospektiv nicht feststellen lässt. Ergänzend hat der Sachverständige im Rahmen seiner mündlichen Anhörung vor dem Senat auch ausgeführt, dass der Unfall für den Fahrer des klägerischen Pkw's bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 60 km/h bei freier Sicht vermeidbar gewesen wäre, weil er einen Anhalteweg von 25,2 m gehabt hätte, d.h. hier wäre er 0,7 m eher stehen geblieben. Dies gilt aber nur bei der Unt...

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