Entscheidungsstichwort (Thema)

Generalvertrag mit einem Komponisten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Enthält ein sog. Generalvertrag die Formulierung "... beschließen die Vertragspartner, dass der Verlag die verlegerische Betreuung des Gesamtoeuvres des Komponisten übernimmt", ist bezüglich eines Hauptwerks des Komponisten, für das im Generalvertrag als Sonderregelung vereinbart ist, dass der Komponist Inhaber der Verlagsrechte bleibe und dem Verlag die alleinige Verwaltung seiner Nutzungsrechte für die Dauer des Copyrights für alle Länder übertrage, § 627 Abs. 1 BGB grundsätzlich anwendbar.

2. Einwendungen gegen eine isolierte Kündigung des Verwaltungsvertrages für dieses Hauptwerk können allenfalls auf § 242 BGB gestützt werden, eine entsprechende Anwendung verlagsrechtlicher Regelungen zur Beendigung des Verlagsverhältnisses ist nicht zulässig.

3. Zur Berechtigung eines Verlages hinsichtlich eigener Provisionen und/oder des Abzuges von Provisionen eingeschalteter dritter Unternehmen im Ausland, wenn diese Unternehmen mit dem Verlag wirtschaftlich verbunden sind.

 

Normenkette

VerlG § 1; BGB §§ 242, 620, 627 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 02.08.2006; Aktenzeichen 21 O 18448/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.04.2010; Aktenzeichen I ZR 197/07)

 

Tenor

I. Die beiderseitigen Berufungen der Klägerin und der Beklagten gegen das Endurteil des LG München I vom 2.8.2006, Az. 21 O 18448/05, werden als unbegründet zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin ¼, die Beklagte ¾.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede der Parteien kann die Vollstreckung durch die andere Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision zum BGH wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist die Tochter und alleinige Erbin des spanischen Komponisten R. Dieser komponierte neben zahlreichen anderen Werken ... das "Concierto ...", welches im Gesamtwerk des Komponisten eine herausragende Stellung einnimmt. Am 7.6.1983 schloss R. mit der Beklagten, einem bekannten Musikverlag, einen Generalvertrag (Anlage K 2a; nachfolgend Generalvertrag), der auszugsweise wie folgt lautet:

§ 1

Komponist und Verlag streben hinsichtlich der Nutzung des gesamten musikalischen Werkes des Komponisten eine enge Zusammenarbeit an. Um eine optimale Auswertung des Werkes gewährleisten zu können, beschließen die Vertragspartner, dass der Verlag die verlegerische Betreuung des Gesamtoeuvres des Komponisten übernimmt. ...

§ 2

Der Komponist räumt dem Verlag das ausschließliche Nutzungsrecht an

a) seinen bereits im Selbstverlag verlegten sowie

b) seinen bereits vollendeten, aber noch nicht verlegten Musikmanuskripten ein ...

§ 3

(Sonderregelung für Concierto ...)

Eine Sonderregelung wird für das Werk Concierto ... getroffen. Der Komponist bleibt Inhaber der Verlagsrechte (des Copyrights) an diesem Werk. Er überträgt dem Verlag die alleinige Verwaltung seiner Nutzungsrechte für die Dauer des Copyrights für alle Länder. ...

Der Komponist erhält nach Abzug einer Verwaltungspauschale für den Verlag 85 % der eingehenden Gebühren auf dem Leihsektor. ...

§ 4

Weitere Einzelheiten sind den jeweiligen Verlagsverträgen für die Werke des Komponisten vorbehalten. ...

Der Rechtsstreit. zwischen den Parteien geht darum, ob der Klägerin aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen ihres Vaters mit der Beklagten eine jederzeitige Kündigung bezüglich des Concierto ... möglich war oder ob, falls diese Kündigung unwirksam war, eine später bezüglich des Generalvertrages erklärte Kündigung wirksam war, sowie darum, ob an im Ausland an Subverleger gezahlte Provisionen von der Beklagten auch dann in Abzug gebracht werden dürfen bzw. der Beklagten insoweit noch zusätzliche eigene Provisionen zustehen, wenn es sich bei diesen Subverlegern um mit der Beklagten wirtschaftlich verbundene Unternehmen handelt.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an dem jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten, oder Ordnungshaft, zu unterlassen, das Werk "Concierto ..." vollständig oder in Teilen, wie etwa in Auszügen für einzelne Instrumente, ohne Zustimmung der Klägerin körperlich oder unkörperlich zu verwerten oder Dritte verwerten zu lassen, insb. durch Vervielfältigung, Verbreitung, öffentliche Wiedergabe, insb. durch Vortrag, Aufführung oder Vorführung, öffentliche Zugängigmachung, Sendung und/oder Bearbeitung.

II. Die Beklagte wird verurteilt, ggü. der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) darin einzuwilligen, dass sie bei der GEMA hinsichtlich der unter der GEMA-Werk-Nr. ... registrierten Originalfassung des Werkes "Concierto ..." ... als Beteiligungsberechtigte gestrichen wird und zwa...

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