Leitsatz (amtlich)

1. Zur mittelbaren verdeckten Sacheinlage im Konzern.

2. Wird die im Rahmen einer Kapitalerhöhung in einer GmbH auf die in bar zu erbringende Stammeinlage geleistete Zahlung absprachegemäß zum Kauf eines Unternehmens verwendet, so liegt kein gewöhnliches Umsatzgeschäft sondern eine verdeckte Sacheinlage vor, wenn alle Beteiligten (Gesellschaft, Einleger, sowie der Unternehmensverkäufer) einem Unternehmensverbund angehören, bei dem die gemeinsame Muttergesellschaft jeweils unmittelbar oder mittelbar sämtliche Anteile hält.

 

Normenkette

GmbHG § 19 Abs. 5, § 56 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Urteil vom 21.02.2005; Aktenzeichen 2 HKO 2929/04)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 12.02.2007; Aktenzeichen II ZR 272/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG Traunstein vom 21.2.2005 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 4.550.497,74 EUR nebst 4 % Zinsen hieraus seit 18.8.1992 zu bezahlen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der am 25.2.1992 als E. GmbH gegründeten Gesellschaft Zahlung einer Einlage aufgrund einer am 13.8.1992 beschlossenen Kapitalerhöhung von zuerst 100.000 DM auf 9 Mio. DM (Anlage K 4). Alleinige Gesellschafterin der Schuldnerin war zu dieser Zeit die Firma F. GmbH, deren Rechtsnachfolgerin durch Verschmelzung die Beklagte geworden ist. Die Firma F. GmbH war ihrerseits eine 100 %-ige Tochter der F. Beteiligungs-GmbH, deren Alleingesellschafterin als Konzernmutter die Beklagte war.

Der Betrag der Kapitalerhöhung von 8.900.000 DM wurde am 17.8.1992 auf ein Konto der Schuldnerin überwiesen. Am 18.8.1992 überwies die Schuldnerin diesen Betrag weiter an die Firma L. AG, ebenfalls eine 100 %-ige Tochter der Beklagten. Diese Zahlung sollte die in bar zu zahlende Kaufpreisforderung der L. AG für den Erwerb eines Gießereibetriebs in W. erfüllen. Hierüber wurde zwischen der L. AG und der Schuldnerin am 23.3.1992 ein privatschriftlicher Vertrag geschlossen (Anlage K 11), der in seiner Vorbemerkung Bezug nimmt auf eine "Neuordnung der Guss-Aktivitäten der F. AG". Die Betriebsgrundstücke der Gießerei wurden der Schuldnerin mit notariellem Vertrag vom 24.8.1992 (Anlage K 12) verkauft. Darin wurde in der Vorbemerkung u.a. festgehalten:

"d) Alleinige Inhaberin der Aktien der Firma L. AG ist zwischenzeitlich die F. AG in B. Diese hat nun im Rahmen einer internen Umstrukturierung für die Gießerei in W. eine rechtlich selbständige Tochter ... gegründet."

Weiter wurde ausgeführt, dass die Grundstücke verkauft würden, "um die rechtlichen Verhältnisse dieser Umgliederung anzupassen".

Der Kläger macht geltend, dass die Einlage zur Kapitalerhöhung nicht wirksam geleistet worden sei. Die Weiterleitung an ein verbundenes Unternehmen zur Kaufpreiszahlung habe eine verdeckte Sacheinlage dargestellt.

Wegen der Einzelheiten der Feststellungen in erster Instanz wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das Urteil des LG Traunstein vom 21.2.2005 Bezug genommen. Das LG hat mit diesem Urteil die auf Zahlung von 4.550.497,74 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 18.8.1992 gerichtete Klage abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seinen in erster Instanz gestellten Klageantrag weiterverfolgt.

Die Beklagte verteidigt das Urteil des LG und wiederholt ihre Auffassung, dass der Kauf der Gießerei ein gewöhnliches Umsatzgeschäft gewesen sei. Zu berücksichtigen sei dabei, dass der Vorstand der L. AG Weisungen der Beklagten nicht unterworfen gewesen sei. Es habe auch keine Abrede zwischen der Schuldnerin, ihrer damaligen Alleingesellschafterin und der L. AG über die Einbringung der Gießerei anstatt der geschuldeten Bareinlage gegeben.

Gegen den Zinsanspruch wendet die Beklagte ein, dass dieser vor dem 28.2.2004 nicht fällig geworden sei.

Ergänzend wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Beklagte schuldet als Rechtsnachfolgerin der seinerzeitigen Alleingesellschafterin der Gemeinschuldnerin die aufgrund der Kapitalerhöhung vom 13.8.1992 zu erbringende Bareinlage, da die Zahlung vom 17.8.1992 nach den gegebenen Umständen wegen Umgehung der Sacheinlagevorschriften (§§ 56 Abs. 2, 19 Abs. 5 GmbHG) keine wirksame Erfüllung der Einlageverpflichtung dargestellt hat.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus § 20 GmbHG.

1. Der Senat beurteilt die Zahlung der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die dem Erwerb der Gießerei durch die Schuldnerin dienen sollte, bei der vorliegenden Konstellation als verdeckte Sacheinlage, weil sich diese Transaktionen offenkundig absprachegemäß inn...

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